Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Maultierstute. Zuerst wohl routinemäßig, dann deutlich interessiert.
»Nettes Tier haben Sie da«, bemerkte der Mann. »Wo ist die her?«
Peter Burton wunderte sich. Wenn der Mann Pferdehändler war, musste er doch wissen, wo man Maultiere kaufte. Er beschloss, auf der Hut zu sein.
»Hab ich irgendwo bei Christchurch gekauft«, behauptete er. »Aber ich überlege, ob ich sie abgebe. Sie geht manchmal lahm.«
Der große Mann grinste. »Hab ich gleich gesehen. Ja, da hat Sie einer angeschmiert, Mr. … oh … Father …« Er bemerkte den Priesterkragen und verbeugte sich.
»Reverend«, verbesserte Peter. »Reverend Peter Burton.«
Der Mann lachte jovial. »Na, da kann man doch mal sehen … da vermutet man hier Sodom und Gomorrha, und tatsächlich kommt man als Erstes mit der Kirche ins Geschäft! Freut mich, Sie kennen zu lernen, Reverend. Und wird mir eine Ehre sein, Ihnen das beste Maultier zu verkaufen, das Sie kriegen zwischen Invercargill und Auckland!« Er hielt Peter die Hand hin. »Wenn ich mich dann auch mal vorstellen darf: Ian Coltrane.«
Kathleens Flucht aus ihrer Ehe hatte Ian schwer getroffen. Zwar vermisste er seine Frau nicht sonderlich, umso mehr aber ihre Arbeitskraft. Ian Coltranes mobiler Viehhandel benötigte die Farm als Stützpunkt. Jemand musste da sein und die Tiere versorgen, die Ian gerade nicht über Land führte. Nach Kathleens Weggang war das nicht mehr gegeben. Colin versprach zwar das Blaue vom Himmel und wäre zweifellos bereit gewesen, alles für seinen vergötterten Vater zu tun, aber er war ein Kind. Selbst Ian sah ein, dass man einen gerade Neunjährigen nicht mit der Verwaltung einer Farm betrauen, ja ihn dort nicht einmal allein lassen konnte. Insofern ging zumindest Colins größter Wunsch in Erfüllung. Ian schickte ihn nicht mehr zur Schule, sondern nahm ihn mit auf seine Verkaufsfahrten.
Anfänglich versuchte Colins Vater, die Fahrten kurz zu halten, aber jetzt rächten sich seine jahrelangen Rosstäuschereien: In Christchurch und Umgebung war Coltranes Ruf ruiniert, man nahm lieber weite Fahrten in Kauf, um seine Tiere anderswo zu erstehen. Ian versuchte es also mit einem Teilhaber, der die Farm bewirtschaftete, während er herumfuhr. Allerdings ließen sich auch hier nur windige Kerle auf die Zusammenarbeit mit ihm ein. Der erste trieb eine Herde Schafe weg und verkaufte sie auf eigene Rechnung, als Ian unterwegs war, den zweiten fand er nach seiner Rückkehr stets volltrunken im Stall. Der dritte ging im Streit, als Ian ihn um seinen Anteil an einem Pferdeverkauf betrügen wollte. Mit dem vierten lief es eine Zeitlang mehr schlecht als recht, aber der Mann machte sich gleich aus dem Staub, als in Otago der Goldrausch einsetzte. Ian musste seine Fahrten also wieder einschränken – dabei hätte er sie eigentlich eher ausweiten müssen, denn sehr bald hatten es auch die kleinsten Farmer in Canterbury nicht mehr nötig, sich von ihm übers Ohr hauen zu lassen. Der Goldrausch machte sie nicht reich, aber doch vermögend genug, um ihren Bestand an Schafen bei großen Züchtern aufzustocken und damit die eigene Zucht zu verbessern. Viele Schafbarone züchteten zum eigenen Vergnügen Pferde oder Maultiere zur Arbeit. Auch damit halfen sie ihren kleineren Nachbarn aus, wenn die annehmbar zahlten.
»Warum bearbeitest du denn nicht einfach deine Farm?«, fragte Ron Meyers, der neue Besitzer der Edmunds-Farm, im Pub, als Ian seinen Trinkkumpanen sein Leid klagte. »Meine läuft wie geschmiert!«
Meyers züchtete Rinder.
»Warum gehen wir nicht auch Gold suchen?«, fragte Colin seinen Vater.
Ian erwog beide Möglichkeiten – und entschied sich dann für letztere.
Er verkaufte zunächst die Pferde und dann die Farm an Ron Meyers, der ihm ein recht gutes Angebot machte. Danach begab ersich mit Colin und einem Gespann von zwei Maultieren auf den Weg zu den Goldfeldern.
Ian Coltrane.
Peter Burton holte tief Luft. Das also war das Geheimnis – kein Wunder, dass Kathleen so entsetzt gewesen war! Ob sie ihren Mann tatsächlich für tot gehalten hatte? Aber das war unwahrscheinlich, ihr Verhalten in den letzten Jahren sprach eher für eine Flucht. Peter hatte oft vermutet, dass ihr Mann noch lebte. Und dieser Junge … Der Reverend musterte ihn unauffällig. Eigentlich hätte ihm die Ähnlichkeit gleich auffallen müssen: Der Knabe war eindeutig Kathleens Sohn, er sah ihr ähnlicher als Sean.
»Und mein Junge Colin«, stellte Coltrane vor. »Colin, zeig dem Reverend
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