Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Sohn. Wie sie vorausgesehen hatte, erwies sich Colin als schwierig. Er wollte keinesfalls mit seiner Mutter nach Dunedin zurückkehren, sondern auf eigene Faust weiter Gold schürfen und das Geschäft seines Vaters führen. Allerdings war er erst vierzehn Jahre alt – es war ausgeschlossen, ihn einfach sich selbst zu überlassen.
Kathleen verkaufte also das Gold und Ians Planwagen und übergab den Erlös Peter Burton als Spende für das Begräbnis ihres Mannes und die Pflege der alten Pferde, die sich im Umfeld des Pfarrhauses vielleicht noch nützlich machen konnten. Ihren widerstrebenden Sohn nahm sie nach der Trauerfeier mit nach Dunedin. Peter Burton ließ es sich nicht nehmen, sie zu fahren, aber es war eine traurige Reise. Colin schwieg verstockt, was immer man ihn auch fragte, und Kathleen hing ihren eigenen Gedanken nach.
Zu allem Überfluss bedachte Colin Peter mit einem bösen Seitenblick, als er Kathleen schließlich zum Abschied küsste. Der Junge hatte zweifellos ein feines Gespür für Gefühle und Zusammenhänge, er vermutete mehr hinter dem keuschen Kuss auf die Wange, als Kathleen ihn wissen lassen wollte. Peter Burton machte sich Sorgen, als er sein Pferd zurück nach Tuapeka lenkte. Kathleen war frei von Ian Coltrane, aber Colin lauerte nur darauf, dessen Platz einzunehmen. Nicht in ihrem Herzen, aber da, wo ihre Angst saß.
Nun erwies sich das als nicht so einfach – auch deshalb, weil Sean keineswegs gewillt war, seinem wiedergefundenen Bruder irgendwelche Frechheiten durchgehen zu lassen. Er spielte klar den Mann im Haus, was Kathleen und Claire einerseits belustigte, das Zusammenleben mit Colin aber nicht unbedingt einfacher machte. Colin hatte sich in den letzten Jahren daran gewöhnt, mehr oder weniger zu tun, was ihm passte. Das geregelte Familienleben bei Kathleen und Claire, die höflichen Umgangsformen, zu denen die Kinder angehalten wurden, und vor allem der regelmäßige Schulbesuch behagten ihm nicht. Sehr bald hörte Kathleen Klagen der Lehrer: Colin störe, benehme sich anmaßend oder schwänze die Schule gleich ganz.
Sean brachte die Verweise seines Bruders nach Hause und musste sich die Klagen über ihn natürlich ebenfalls anhören. Die Lehrer betonten zwar stets, dass sie ihn selbstverständlich nicht beträfen, aber lästig war es doch. Sean konnte die Bemerkung »Vielleicht kannst du ja mal auf deinen Bruder einwirken?« bald nicht mehr hören, zumal seine diesbezüglichen Versuche nur wilde Prügeleien zur Folge hatten. Colin gewann sie mühelos – er war weitaus geübter im Faustkampf als der Streber Sean.
Auch Peter Burton, der so oft wie möglich vorbeikam und zu Colin ein ebenso vertrautes Verhältnis suchte wie zu Sean und Heather, richtete nichts aus. Colin Coltrane mochte sich nicht unterordnen: nicht den Lehrern, weder dem anglikanischen Reverend noch dem katholischen Priester und erst recht nicht Mutter und Bruder. Schließlich sah Kathleen ein, dass Colin in der Schule nicht zu halten war.
»Versuchen wir’s also mit einer Lehrstelle«, seufzte Kathleen und wandte sich mithilfe des Pfarrers an Donny Sullivan, den irischen Mietstallbesitzer.
Auf Pferde verstand Colin sich, Kathleen hoffte, dass ihrem Sohn die Arbeit mit den Tieren behagte. Der kleine dicke Sullivan – vormals eifriger Kirchgänger bei Peter Burton, aber jetzt natürlich Mitglied der neu gegründeten katholischen Gemeinde, warauch willig, den Jungen aufzunehmen. Er konnte im Stall schlafen, ihm bei den Pferden zur Hand gehen und vor allem täglich reiten. Viele Einsteller bei Sullivan hatten Geschäfte in der Stadt und kamen nicht dazu, ihre Pferde regelmäßig zu bewegen. Ein junger geschickter Bereiter war ihnen durchaus willkommen.
Kathleen war zuerst zwar skeptisch, da auch Sullivan nebenbei mit Pferden handelte, aber sowohl Peter als auch Father Parrish, der katholische Priester, beruhigten sie. Donny Sullivan war so ehrlich, wie man es in seinem Gewerbe nur eben sein konnte. Natürlich nahm auch er einem reichen Stadtfrack ohne Pferdeverstand einen höheren Preis ab, als das erworbene Tier wert war, oder er zog zwei Jahre ab, wenn er das Alter eines Maultiers angab. Aber er betrieb keine Rosstäuscherei, und er schwatzte auch niemandem ein zu kleines oder großes, zu feuriges oder zu faules Pferd auf. Sullivan hatte weitestgehend zufriedene Kunden und war stolz darauf.
So lange, bis er Colin Coltrane einstellte. Nach drei Monaten erschien der Mietstallbesitzer in Kathleens Wohnung
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