Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
über den Kopf zieht.«
Kathleen besaß also eine Pistole, und am Wochenende hatte Dunloe mit ihr schießen geübt. Sie ließ die Waffe in einer ihrer Rocktaschen verschwinden, als sie die Tür einen Spalt weit öffnete und durch die drei Ketten eines Police Officers ansichtig wurde. Kathleen kam sich dumm vor, erschrak aber erneut, als sie überlegte, was der Mann wohl von ihr wollte.
»Hat … hat mein Sohn …?«
Der junge Sergeant blickte in ihr kreidebleiches verängstigtes Gesicht und verbeugte sich erst mal höflich.
»Guten Morgen, Madam. Es tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Sie sind es sicher nicht gewohnt, dass die Polizei …«
»Ist etwas mit meinem Sohn?«, schrie Kathleen panisch.
Der Sergeant schüttelte den Kopf. »Meines Wissens nicht, Madam. Mrs. Kathleen Coltrane?«
Kathleen schalt sich ihrer Panik und öffnete dem Mann erst mal die Tür. »Entschuldigen Sie. Ich … ich …«
»Ich bin Sergeant Jim Potter von der Dunedin Police, und ich muss Sie bitten, mich oder einen Kollegen heute oder spätestens morgen nach Tuapeka zu begleiten.«
Kathleen taumelte. Konnte Ian sie von der Polizei zurückholen lassen?
»Es geht um die Identifizierung eines Toten«, führte Potter aus.
Kathleen suchte Halt am Türrahmen. »Der … der Reverend? Peter … Peter Burton?«
Sergeant Potter schüttelte den Kopf. »Nein … nein, es geht um einen Goldgräber. Es … bitte, setzen Sie sich doch, Mrs. Coltrane, Sie wirken sehr angegriffen. Und die Nachricht, die ich für Sie habe, wird Sie noch mehr erschüttern. Es könnte sein … ja, es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass es sich bei dem Toten um Ihren Gatten handelt.«
Kathleen verfuhr wie in Trance, als sie den Officer bat, zu warten, bis sie Claire verständigt und sich für die Reise umgezogen hatte. Sie würde vielleicht ein paar Tage in Tuapeka bleiben, beschied sie ihre Freundin. Sean könne hinaufkommen, wenn er wolle, aber es sei ihr eigentlich lieber, wenn er in Dunedin bliebe und sich um seine Schwester kümmere. Kathie packte umsichtig ein paar dunkle Kleider in ihre Reisetasche, dachte auch an Geld und alle Papiere, die sie besaß, und wirkte fast gelassen, als sie Sergeant Potter schließlich folgte.
Claire hätte ihre Freundin am liebsten begleitet. Ihre plötzlicheRuhe war ihr genauso unheimlich wie die vorhergehende Hysterie. Aber dann sagte sie sich, dass Peter Burton schließlich da sein würde. Und der Reverend war verlässlich. Bevor er erlaubte, dass man Kathleen zur Identifizierung nach Tuapeka beorderte, hatte er sich zweifellos zehnmal davon überzeugt, dass der Tote wirklich Ian Coltrane war.
Ein paar Stunden später stand Kathleen dann vor dem Kühlhaus der Metzgerei von Tuapeka, in dem man ihren Mann vorläufig für sie aufgebahrt hatte. Natürlich stand seine Identität fest, aber Peter Burton hatte darauf bestanden, dass sich auch seine Gattin von seinem Ableben überzeugte. Kathleen musste zweifelsfrei als Witwe anerkannt werden – und zudem sagte ihm sein Gefühl, dass sie die Leiche sehen musste, um wirklich an ihre Freiheit zu glauben.
»Sind Sie bereit, Mrs. Coltrane?«, fragte Sergeant Potter mitfühlend.
Kathleen nickte und folgte dem Officer ins Innere des Blockhauses. Der Sarg mit dem Toten wirkte seltsam deplatziert zwischen all den Rinderhälften und Schweinefüßen, die hier aufbewahrt wurden. Kathleen fröstelte, aber sie betrachtete die Leiche eingehend. Der Mann sei eine Klippe hinuntergefallen, hatte man ihr gesagt. Sie registrierte Hautabschürfungen, die anscheinend kaum geblutet hatten, eine einzige, wirklich ernsthafte Verletzung befand sich an der Schläfe. Es sah eigentlich nicht aus, als sei Ian zu Tode gestürzt, eher, als habe man ihm mit einem extrem harten Gegenstand den Kopf eingeschlagen. Kathleen musste wieder an Sean denken. Aber das war unmöglich, der Junge hatte sich nie länger als sechs Schulstunden von ihrer Wohnung entfernt.
»Da muss er draufgefallen sein«, meinte Sergeant Potter naiv. »Auf einen Felsen vielleicht. Tut mir leid, Mrs. Coltrane, kein schöner Anblick. Ist es nun …?«
Sie nickte. »Es ist Ian Patrick Coltrane«, sagte sie ruhig. »Mein angetrauter Gatte. Und ich … ich würde jetzt gern den Reverend sprechen, bevor ich … bevor ich mich meines Sohnes annehme.«
Peter Burton schloss die Tür seines Büros hinter Kathleen, alsPotter sie zu ihm brachte. Es war eine der Annehmlichkeiten der eben eröffneten neuen Kirche, dass man Türen öffnen und
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