Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
und Michael tanzt? Da habe ich andere Vorstellungen von Gemeinsamkeit!« Er begann, seine Sachen zusammenzupacken.
Lizzies Geduld war langsam aufgebraucht. Wenn er unbedingt streiten wollte … »Na, so schlecht waren meine Ideen wohl nicht«, bemerkte sie mit schneidender Stimme. »Wenn du jetzt zum Nestbauen immerhin sechs Pfund reines Gold zur Verfügung hast!«
»Ich wusste, dass du mir das irgendwann unter die Nase reiben würdest!« Michael stopfte ungestüm Kleidung in seine Satteltaschen. »Aber jetzt bin ich dran, Lizzie! Der Schaffarmer, Lizzie, bin ich! Ich finde unser Haus und unser Land, ich kaufe die Tiere ein, ich …«
»Na hoffentlich verstehst du von Wolle mehr als von Gold!«, schleuderte ihm Lizzie entgegen. »Ich hab nämlich keine Lust, den Mist von den Schafen wegzumachen. Reicht schon, dass ich mich dauernd mit deinem Mist herumschlage! Von irgendwelchen verrückten Plänen zur Flucht aus Australien per Ruderboot bis zu all dem Getue um Mary Kathleen!«
Michael blitzte sie wütend an. »Das kannst du immer noch nicht vergessen, Lizzie, ja? Dass ich die Frechheit hatte, vor dir schon malein Mädchen anzugucken! Und obendrein noch eins, das dir voraus war. Ein sanftes, schönes, tugendhaftes Mädchen!«
Lizzie richtete sich auf. Bislang hatte sie dem Streit noch nicht allzu viel Bedeutung beigemessen. Aber jetzt begannen ihre sanften blauen Augen Funken zu sprühen.
»Dann kaufst du am besten gar kein Haus, Michael! Dann nimmst du lieber das Geld und stiftest eine Kirche. Für den Geist der wunderbaren Mary Kathleen! Vielleicht lässt du sie noch heilig sprechen! Aber das ist bestimmt teurer als sechs Pfund Gold. Also wirst du wohl noch ein paar Schafe scheren oder Wale ausnehmen oder sonst was tun müssen, mit dem du ja ohne mich mühelos hättest reich werden können! Scher dich zum Teufel, Michael Drury! Und komm erst zurück, wenn du deine Geister endlich da hast, wo sie hingehören!«
Michael biss sich auf die Lippen. Sie hatte natürlich Recht, er war zu weit gegangen. Er hätte sie niemals mit Kathleen vergleichen dürfen. Nicht mehr …
»Lizzie … Lizzie, es tut mir leid. Ich liebe dich doch.« Er wollte sie in den Arm nehmen, aber Lizzie schüttelte ihn ab.
»Das glaub ich dir nicht, Michael!«, sagte sie ruhig. »Du denkst es, aber im Grunde … ich war immer nur ein Lückenbüßer. Und mit einem Geist kann ich nicht konkurrieren. Also hau ab, Michael! Such ein Haus, bau ein Nest oder eine Kirche oder einen Schafstall – du kannst das ganze Geld nehmen, außer dem Anteil von Ann natürlich. Ich kann ja noch ein bisschen schürfen, und dann …«
»Lizzie, geh nicht weg!«, flehte Michael. »So war es nicht gemeint, ich wollte dich nicht verlieren, ich … ich wollte nur selbst etwas schaffen, ich …«
Lizzie spürte die Weisheit der alten Hainga in sich. Sie konnte nicht anders, als Michael noch ein letztes Wort mit auf den Weg zu geben. »So geh und mehre dein mana , Michael«, seufzte sie. »Wenn es das ist, was du tun musst. Vielleicht mehrst du es ja im Dienst der Geister, wer weiß? Ich werde noch etwas beim Stamm bleiben. Hainga hat mich darum gebeten, also tue ich ihr den Gefallen. Vielleicht kann ich ja noch etwas lernen. Aber nicht mehr als ein paar Monate, Michael! Vielleicht bis zum Winter. Wenn du bis dahin nicht wieder hier bist – frei von Mary Kathleens Geist! –, dann suche ich mir etwas anderes.«
Lizzie erlaubte ihm nicht, sie zum Abschied zu küssen. Sie blieb wortlos still sitzen, bis er seine Habseligkeiten zusammengesucht und den Schimmel gesattelt hatte. Erst als sie ihn wegreiten hörte, stand sie auf und bereitete sich auf den Aufstieg zum Dorf vor. Sie dachte darüber nach, wie die Geister sie leiteten. Bei den Maori zu leben – das hätte sie auch schon vor über zehn Jahren haben können. Sie dachte an Kahu Heke, für den sie eine Königin gewesen war. Er musste längst Häuptling sein. Und immer noch herrschte kein offener Krieg zwischen den Maori und den pakeha .
K APITEL 3
Kahu Heke war noch nicht zum Häuptling gewählt worden. Das lag einmal daran, dass sein Onkel Kuti Haoka den Ngati Pau noch in bestem Gesundheitszustand vorstand. Vor allem jedoch hatte Kahu Heke wechselvolle Jahre hinter sich, die ihn nur selten zu seinem Stamm führten und dort nie zur Ruhe kommen ließen. Der Abschied von Lizzie hatte ihn aufgewühlt. Noch lange nach der Flucht im Häuptlingskanu stand ihm ihr Bild vor Augen – ihr weiches, flirrendes langes
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