Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
werden – und Kahu sah die Schiffe in ihren Häfen und die sich ausdehnenden Städte –, so würden sie eines Tages die Hand darauflegen. Kahu hätte sein Volk dafür gern gewappnet, aber niemand hörte ihm zu.
Immerhin erfuhr Kahu gelegentlich etwas von Lizzie. Seine selbst erwählte Aufgabe, Mittler zwischen den Stämmen und Aufklärer über die Machenschaften der pakeha zu sein, ließ ihn auch Kontakt mit den Ngai Tahu halten, und so wusste er von Lizzies Pub und Michaels Whiskeybrennerei in Kaikoura. Kahu lachte in sich hinein – Lizzies Anpassungsfähigkeit entzückte ihn. Wenn es schon kein Wein war, so brannte sie eben Whiskey – oder hielt ihren Mann dazu an. Die Maori behaupteten allerdings, es wäre nichts zwischen Lizzie und dem irischen Schafscherer und Whiskeybrenner. Kahu fragte sich, ob das stimmte.
Schließlich erfuhr er, dass beide am Tuapeka River aufgetaucht waren. Aber inzwischen hatte er Lizzies Bild längst nicht mehr sodeutlich vor Augen. Er begann, sich mit dem Verzicht auf sie abzufinden – zumal sich ihm andere Ziele auftaten. Kuti Haoka wurde alt. Er würde seine Häuptlingswürde sehr bald abgeben müssen, und dies war Kahus einzige Chance, mehr Einfluss in seinem Volk zu gewinnen. Kahu kehrte folglich zurück zu seinem Stamm, jagte, fischte, beriet die Menschen und erzählte Geschichten. Er mehrte sein mana , und sein Herz schlug heftiger, als der Häuptling ihn schließlich zu sich befahl.
»Mein Sohn«, sagte Kuti Haoka. Er hatte seinen Neffen auf eine Ebene oberhalb des marae geführt und stand dort hoch aufgerichtet, die Insignien des Häuptlings zu seinen Füßen, verbunden mit dem Land. Kahu hielt sich fern von ihm – der Häuptling der Ngati Pau war tapu , nicht einmal sein Schatten durfte auf einen seiner Untertanen fallen. »Ich kenne dich seit deiner Geburt, aber ich weiß nach wie vor nicht, was ich von dir halten soll. Du scheinst dich nicht entscheiden zu können, ob du bei uns oder bei den pakeha leben willst, aber die Priester sagen, das sei dein Schicksal, du seiest bestimmt zum Wanderer zwischen den Welten. Nun wird es Zeit, dass du sesshaft wirst. Ich bin alt, ich werde bald nach Hawaiki zurückkehren. Jemand muss nach mir den Stamm führen, und die Reihe wäre an dir. Was ist also mit dir? Und was ist mit der Frau, die du erwählt hast? Die Götter begrüßen deine Wahl, die Priester haben sie mehrmals gefragt. Euer Schicksal liegt im Dunkeln, aber die Verbindung ist gesegnet. Also wo ist sie? Wann bringst du sie her? Wann wirst du mein Amt übernehmen?«
Kahu Heke hatte mit etwas Ähnlichem gerechnet und es auch erhofft – nur die Fragen bezüglich der Frau, die er erwählt haben sollte, irritierten ihn.
Er biss sich auf die Lippen. » Ariki , welche Frau?«, fragte er. Kahu kam sich dumm und anmaßend vor.
Der Häuptling hob die Brauen. »Die pakeha wahine , wer sonst? Du hast dir viel Zeit gelassen – und ihr. Bald wird sie keine Kinder mehr gebären können.«
Kahu wusste nicht, was er sagen sollte. » Ariki «, murmelte erschließlich. »Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen. Sie denkt nicht an mich, und sie will mich nicht. Wenn ich Häuptling werde, nehme ich mir ein Mädchen aus dem Stamm.«
Kuti Haoka schüttelte sein würdiges Haupt mit dem langen, zum Kriegerknoten gewundenen Haar. »Das ist nicht im Sinne der Geister. Du hättest meine Tochter nehmen sollen, aber die Götter schenkten mir keine Tochter. Als ich ein Mädchen an Kindesstatt annahm, schickten sie ihr den Tod. Meinem Bruder Hone Heke gewährten sie ebenfalls keine Tochter, also ist es dir auch nicht bestimmt, deine Schwester zur Frau zu nehmen wie in alter Zeit. Dir ist die pakeha wahine bestimmt. Also sieh zu, dass du sie findest, wenn du mein Amt willst. Wenn nicht … es wird sich jemand anders finden. Kia tu tika ai te whare tapu o Ngati Pau. «
Der Häuptling beendete seine Rede mit den traditionellen Worten: Möge das heilige Haus der Ngati Pau für immer bestehen. Er wandte sich dann um und ging davon, sehr langsam, vorsichtig, immer wachsam. Sein Schatten durfte auf kein Feld fallen, kein Ast eines Baumes durfte sein Haar berühren. Ein ariki führte ein einsames Leben.
Aber Kahu dachte darüber nicht nach. Es war seine Pflicht, das Amt des Häuptlings anzustreben. Nicht nur seinem Stamm, sondern seinem ganzen Volk gegenüber. Auf den ariki der Ngati Pau würde man hören. In den Dörfern der Maori und in den Städten der pakeha . Wieder blitzte der Gedanke in ihm auf,
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