Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
hätte sie in dieser Nacht nicht nehmen sollen. Sie brauchte Zeit, um nachzudenken. Aber wenn sie zu viel nachdachte, wenn sie zu viel fragte … es wurde Zeit, zu seinem Stamm zurückzukehren! Die Männer aus Kaikoura hatten am Tag zuvor vom Tod des Häuptlings Kuti Haoka berichtet. Die Ngati Pau würden nicht ewig warten, bevor sie einen anderen wählten. In dieser Nacht ließ er Elizabeth noch ihren Willen, aber am kommenden Tag musste die Ehe offiziell geschlossen werden, und dann konnte er sich auf den Weg machen. Mit der pakeha wahine , wie die Priester vorhergesehen hatten.
»Ich lasse dich nie allein«, versprach er und wusste im selben Augenblick, dass er log.
Sie würde darüber hinwegkommen. Sie war ein Spielball der Geister.
Kahu Heke hatte das Zelt bereits verlassen, als Lizzie am Morgen erwachte. Sie hatte Kopfschmerzen und erinnerte sich nur dunkel an das, was in der Nacht zuvor geschehen war. Lizzie schämte sich, aber dann entschied sie, dass dafür kein Grund bestand. Eine Maori-Frau nahm einen Mann, wenn es ihr passte, und Michael hatte ihr erst recht nichts vorzuwerfen.
Lizzie zog sich an, kämmte ihr Haar und ging hinaus zu den Frauen, die Brotfladen backten und Süßkartoffeln rösteten. Wie erwartet neckte und beglückwünschte man sie. Ihre Nacht mit Kahu war zweifellos das Thema aller Frauen. Unerwartet war, dass Hainga sie an sich zog und einen hongi mit ihr tauschte.
»Ich wünsche dir, Tochter, dass du dein Schicksal mit Würde trägst!«, sagte die alte tohunga . »Mögest du dem ariki von Ngati Pau Kinder schenken, so zahlreich wie die Sterne, worunter ihr den Bund geschlossen habt …«
»Bund?«, fragte Lizzie und rieb sich die Stirn.
Hainga lächelte. »Natürlich müsst ihr noch eine Nacht im wharenui verbringen – und sie werden mannigfaltige Zeremonien durchführen, wenn ihr erst bei seinem Stamm seid. Bei uns ist das alles einfacher, Mann und Frau lieben sich unter Zeugen, dann sind sie Mann und Frau. Aber da drüben … nun, du wirst es sehen.«
Die anderen Frauen lachten und sprachen über Kleider und Hochzeitstänze, über Geschenke und Bräuche bei verschiedenen Stämmen.
Nur Haikina hielt sich abseits. Lizzie, der das Gerede unangenehm war, schob sich neben sie und nahm sich Wasser und einen Fladen. Er schmeckte wie Pappe. Lizzie versuchte, sich genauer daran zu erinnern, was am Abend zuvor geschehen war. Langsam kehrte ihre Erinnerung zurück. Kahu hatte von einem Eheversprechen geredet, aber das konnte er doch nicht ernst genommen haben. Sie war schließlich vollkommen betrunken gewesen! Andererseits bedrängte er sie schon länger. Und in der Neujahrsnacht sollte etwas Neues beginnen …
Lizzie war bereit, über die Sache nachzudenken. Kahu war zärtlich gewesen, ein wunderbarer Liebhaber. Aber gleich die Ehe schließen …?
Sie erschrak, als Haikina sie plötzlich anstieß. »Lizzie?«, fragte Haingas Tochter leise, aber entschlossen. Sie war die Einzige, die Lizzie noch mit ihrem pakeha -Namen rief. »Lizzie, ich weiß, es geht mich nichts an. Aber … ich würde gern mit dir reden.«
Die junge Frau sprach Englisch, was Lizzie wunderte. Aber dann bemerkte sie ihr wachsames, besorgtes Gesicht. Offensichtlich wollte Haikina nicht, dass Hainga und die anderen Frauen mitbekamen, was sie mit Lizzie zu besprechen hatte. Auch Kahu, der eben zu ihnen herüberkam, schien das Mädchen einzuschüchtern. Sie senkte den Kopf und ließ ihr langes schwarzes Haar in ihr Gesicht fallen, als er sich neben Lizzie setzte. Lizzie glaubte zu erkennen, dass ihrer Freundin das Blut ins Gesicht schoss. Ob Haikina in Kahu verliebt war? Vielleicht fühlte sie sich verletzt, weil der vorgesehene Häuptling der Ngati Pau eine Weiße zur Frau wollte und keine Prinzessin der Ngai Tahu.
Kahu schenkte Lizzie ein strahlendes Lächeln. »Elizabeth!«, sagte er mit einer Stimme, so sanft wie ein Streicheln. »Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Du hast nicht gefroren in meinen Armen.«
Lizzie nickte. Er hatte sie warmgehalten. Sie schaffte es, ihm zuzulächeln.
»Und du siehst, alle hier freuen sich mit uns! Heute Abend wird es ein Fest geben, uns zu Ehren! Dir zu Ehren, Elizabeth! Ich bin unendlich glücklich, Elizabeth!«
Er küsste sie nicht, sondern legte nur nach Maori-Art seine Nase und seine Stirn gegen ihre. Lizzie erwiderte die Zärtlichkeit. Sie erinnerte sich jetzt an sein Versprechen. Ich lasse dich nie allein. Vielleicht war es dumm zu zögern.
Und dennoch – Lizzie musste
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