Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
nicht auch neu anfangen, Elizabeth? Auf der Nordinsel? Als meine Frau?«
Lizzie war berauscht vom Whiskey und vom Wein. Aber nicht einmal das konnte ihre Trauer wirklich lindern. Die Musik peitschte ihre Ohren, der Rhythmus des haka mochte auf die Tänzer belebend wirken, für Lizzie war das alles nur schmerzhaft. Sie wollte nicht auf Kahus Frage antworten. Aber sie wollte auch nicht allein sein.
»Lass uns weggehen«, sagte sie müde.
Kahu half ihr auf und nahm die Weinflasche mit. Er führte sie fort vom Festplatz an den Fluss, der im Sternenlicht schimmerte wie ein silbernes Band. Die Nacht war tatsächlich klar, unglaublich klar, sicher würde es Frost geben. Und Lizzies Schlafstatt würde kalt sein, würde kalt bleiben. Wenn sie nicht …
Lizzie erlaubte, dass Kahu sie küsste. Er musste das bei den pakeha gelernt haben, er konnte es gut … Kahu sprach von einem Kuss wie Wein auf ihren Lippen. Er verstand sich auf schöneWorte … Fast so gut wie Michael … Lizzie schloss die Augen und schmiegte sich in Kahus Arme. Wenn sie nur ihre Gedanken hätte ausschalten können … Michael und Claudia – wie die blonde Hure sich damals mit ihrem Stammfreier gebrüstet hatte. Nun, so gesehen war Michael treu … Lizzie wollte lachen, aber sie konnte es nicht. Und sie hatte nicht mal den Wunsch, Michael wehzutun. Wenn sie jetzt in Kahus Armen lag, so war es nicht, weil sie sich rächen oder schadlos halten wollte. Sie wollte nur nicht allein sein, nicht so gnadenlos allein. Und sie wollte keine Hure sein! Verrückt, sie dachte daran, sich jemandem hinzugeben, den sie vielleicht nicht wirklich liebte – oder doch? Lizzie lachte trocken auf.
»Was ist, Elizabeth?«
Elizabeth, eine Königin. Das war sie, das wollte sie sein. Michael würde … er würde sich wundern, was aus der kleinen Lizzie geworden war, keine Heilige, nein, keine Mary Kathleen, aber auch keine Claudia! Nein, mana , sie hatte mana …
Um Lizzie drehte sich alles, die Sterne, der Mond, der Wald und der Fluss. Aber Kahu hielt sie, fest und sicher. Er wollte sie, er war extra von der Nordinsel hergekommen.
»Gehst du mit mir, Elizabeth?«, fragte er.
Lizzie nickte. Aber sie wehrte sich, als er sie zum Versammlunghaus führte.
»Nicht … nicht vor allen anderen … nicht in der ersten Nacht.«
»Aber Elizabeth! Es soll unsere Hochzeitsnacht werden.«
Lizzie lachte bitter. »Ich bin längst keine Jungfrau mehr, Kahu, das erwartest du hoffentlich nicht. Ich hab viele Männer gehabt, mehr als mir lieb waren – du weißt das doch. Aber ich habe keinen gehabt im Angesicht von dreißig anderen. Das ist zu viel, das kann ich nicht!«
»Aber das musst du, wenn wir …«
»Die Mädchen haben mir gesagt, man muss es nicht vor allen tun«, gab Lizzie zurück. »Man muss nur das Lager teilen. Das reicht.«
Kahu zog sie an sich. »Dann machen wir das doch einfach, Elizabeth. Ich kann warten, ich will …«
Lizzie stieß ihn von sich. Sie empfand auf einmal Zorn.
»Du willst mich gar nicht wirklich, oder?«, fragte sie. Es klang schrill, und sie hasste sich für ihre Hysterie. »Du willst nur … was willst du, Kahu Heke?«
Kahu strich beschwichtigend über Lizzies Haar. »Nichts, nichts … beruhige dich, Elizabeth. Natürlich will ich dich. Nur dich, ich wollte … ich wollte es nur richtig machen.«
»Dann mach es richtig!«, rief Lizzie und riss sich von ihm los. »Da drüben ist mein Zelt. Oder nimm mich unter den Sternen wie … wie … Mach, dass ich Michael vergesse, Kahu Heke! Lass mich ihn endlich vergessen!«
Es war nicht der richtige Grund, einen anderen zu lieben, und sie wusste es. Es war Kahu gegenüber nicht richtig – und Lizzie wunderte sich, dass er nicht protestierte. Sie war betrunken, sie nahm ihn als Ersatz für einen anderen … das alles sollte Kahu verletzen, er sollte sie zurückstoßen, sie gehen lassen, er sollte …
Aber Kahu führte sie zu ihrem Zelt, als wären die Worte nicht gefallen. Und er hätte sie auch ins wharenui geführt.
Mit ihrem letzten Funken klaren Denkens zweifelte Lizzie noch einmal, fragte sich erneut, welche Absichten wirklich dahintersteckten, wenn der zukünftige Maori-Häuptling sie wie ein pakeha -Bräutigam über die Schwelle ihres Zeltes trug. Dann versank sie im Taumel seiner Berührungen und seiner Wärme.
»Du lässt mich nie allein, Kahu, ja?«, fragte sie schwach. »Du versprichst mir das?«
Kahu küsste sie, auch er im Rausch von Whiskey und Wein, Erregung und Enttäuschung. Er
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