Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Vaters, auf dich hat er längst nicht mehr gehört. Und Sean wäre womöglich genauso geworden! Schon um zu überleben – er bekam doch bei Ian kein Bein auf die Erde. Und Heather? Sollte die sich weiterhin anschauen, wie ihr Vater ihre Mutter verprügelt und vergewaltigt? Was wäre aus den dreien geworden, hätte er dich letztlich totgeschlagen?«
Kathleen konnte nichts dagegen sagen, aber sie nahm es auch nicht an, sondern weinte nur stumm in sich hinein. Für ihre Kinder war das eine große Belastung. Sean, der froh war, Colin los zu sein, brachte zum ersten Mal in seinem Leben kein Verständnis für seine Mutter auf. Er rebellierte, indem er sich weigerte, auch nur eine weitere Totenmesse für Ian Coltrane zu besuchen. Father Parrish konnte er ohnehin nicht leiden, er war mit Peter Burtons verständnisvoller Religiosität aufgewachsen, die auch die Galgenvögel und Freudenmädchen aus Gabriel’s Gully willkommen hieß. Father Parrishs düstere Visionen der Hölle und seine drakonischen Bußauflagen, wenn man ihm auch nur die kleinste Sünde beichtete, gefielen ihm nicht. Sean drückte sich also um den Kirchenbesuch, sooft es eben ging, und Father Parrish schalt Kathleen dafür aus.
Heather, inzwischen fast vierzehn Jahre alt und ein außerordentlich hübsches und lebensfrohes Mädchen, schien sich vor dem zu fürchten, was aus ihrer Mutter geworden war. Sie besuchte Freundinnen, wann immer es ging, und schloss sich noch enger an Claire und Chloé an. Am liebsten entfloh sie zu den Pferden. Die Mädchen waren dank Claire hervorragende Reiterinnen, auch Heather wünschte sich ein eigenes Reitpferd. Sie haderte wie ihr Bruder endgültig mit der irisch-katholischen Kirche, als Kathleen ihr diesen Wunsch abschlug. Nach Father Parrishs Meinung gehörten Mädchen nicht in den Sattel, sondern an den Herd.
»Warum versuchst du nicht lieber, deine weiblichen Tugenden wiederzubeleben?«, fragte Claire Kathleen sarkastisch, nachdem Heather sich wieder mal bitter über den Priester und seinen Einfluss auf ihre Mutter beklagt hatte. »Ich denke da an die Beschäftigung mit Nadel und Faden. Es wird Zeit für die neue Frühjahrskollektion, Mary Kathleen! Dringend! Die Modehefte aus England und Frankreich sind seit zwei Wochen da, aber du hast noch keinen Blick hineingeworfen.«
»Die Hoffart ist eine Sünde«, sagte Kathleen teilnahmslos.
Claire verdrehte die Augen. Sie hätte ihre Freundin am liebsten geschüttelt. Was war nur aus der Frau geworden, die umsichtig über Jahre hinweg einen Fluchtplan gehegt hatte? Die alle guten und schlechten Jahre ihres gemeinsamen Geschäfts mit Mut und Durchhaltewillen gemeistert hatte? Mit Coltranes Tod und dem Debakel mit Colin schien alle Kraft von Kathleen gewichen zu sein. Sie war nur noch Wachs in den Händen des bigotten Father Parrish.
»Und wenn du mal selbst mit dem Mann sprichst?«, fragte Claire Peter Burton verzweifelt, als Kathleen weiterhin keine Anstalten machte, ihre Arbeit wiederaufzunehmen. Neuerdings war der Reverend ihr immer vertrauter, sie hatten sich zu oft gegenseitig ihr Leid geklagt. »Von Pfarrer zu Pfarrer? Der sollte doch größtes Interesse daran haben, dass Kathie Geld verdient. Schließlich geht alles in seine Kollekte! Und so langsam wird es wirklich ernst, Peter,wir brauchen die neuen Entwürfe, sonst werden die Sachen bis zum Frühjahr nicht fertig.«
Claire und Kathleen hatten sich zur Gewohnheit gemacht, je eines der Kleider in einer gängigen Größe im Voraus nähen zu lassen und in ihrem Laden auszustellen. Die Kundinnen sahen es dann vor sich und konnten sich das Modell anschließend in dem Stoff und der Qualität ihrer Wahl auf den Leib schneidern lassen.
Peter Burton lachte bitter. »Wie stellst du dir das vor, Claire? Soll ich Father Parrish sozusagen um ihre Hand bitten? Der merkt doch, wie viel mir an ihr liegt, sobald ich nur anfange. Wenn sie ihre furchtbaren Verfehlungen im Umgang mit mir nicht sowieso schon gebeichtet hat! Dann bin ich natürlich Luzifer persönlich!«
»Aber irgendwas muss passieren!«, seufzte Claire.
Der Reverend hob die Brauen. »Wenn du mich fragst, hast du da noch die besten Karten. Prügele energisch auf sie ein, halte ihr vor Augen, dass sie bald das Schulgeld für die Kinder nicht mehr bezahlen kann – erpress sie mit diesem Geheimnis, das ihr immer noch keinem verraten habt.«
Claire hob die Brauen. »Mit welchem Geheimnis?«, fragte sie.
Peter zuckte die Schultern. Dann grinste er. »Wenn ich das
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