Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Hainga nickte und ein paar Worte in Richtung des Reverends sprach.
»Sie hat nichts dagegen, dass ich für Sie übersetze«, meinte das Mädchen. »Sie kennen das Land beim Wasserfall und den fünf Speeren.«
»Sie meint die nadelartigen Felsen«, warf Lizzie ein. »Und eigentlich meint sie nicht das Land, sondern das Goldfeld.«
Peter nickte.
»Es ist so«, begann Haikina zu erklären, während Hainga Lizzie wohl das Gleiche in ihrer Sprache vortrug. »Dass der Stamm äußerst beunruhigt ist. Die Goldfelder am Tuapeka River scheinen zu versiegen, und es kommen immer mehr Männer höher hinauf, um neue Claims auszumachen. Unsere Krieger haben schon dreimal welche auf unserem Land gesehen. Männer, die Proben nehmen, die mit ihren Goldpfannen in den Bächen herumsuchen. Bislang haben sie den Wasserfall noch nicht gefunden. Aber wenn es so weit ist …«
»Wenn sie auf Gold stoßen, werden sie euer Land überrennen«, meinte Peter.
Haikina nickte. »Dem möchten wir zuvorkommen«, bemerkte sie, »indem wir Elizabeth Portland anbieten, ihr das Land zu schenken.«
»Wie viel Land?«, fragte Lizzie verblüfft. »Doch nicht das ganze Land des Stammes!«
Der Häuptlingssohn gestikulierte heftig.
»Wir dachten an das Land zwischen dem Wasserfall und dem alten Drury-Timlock-Claim«, präzisierte Haikina.
»Aber das sind … das sind bestimmt fünfzig Hektar!« Lizzie verschluckte sich fast an ihrem Tee. »Ich wusste auch gar nicht … ich wusste nicht, dass unser Claim dem Stamm gehört. Ihr habt nie etwas davon gesagt.«
Haikina zuckte die Schultern. Die Ngai Tahu waren traditionell großzügig. Wenn kein tapu auf dem Land lag und wenn man es nicht in eine Wüste verwandelte wie Gabriel’s Gully, so hinderten sie niemanden daran, dort ein Zelt aufzubauen.
»Warum wollen Sie Ihr Land denn überhaupt verschenken?«, fragte der Reverend. »Wenn es doch eindeutig dem Stamm gehört?«
Haikina machte eine resignierende Handbewegung. »Solange es nur Land ist, gehört es eindeutig uns. Die pakeha wollen ja keinen Ärger, sie sehen wohl ein, dass jemand für das Land bezahlen muss, auf dem er siedeln will. Aber die Goldfelder? Die gelten doch als Niemandsland, man würde unseren Anspruch anfechten.«
»Und Lizzies nicht?«, fragte Peter.
Haikina warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Sie hielt ihn offensichtlich für naiv.
»Reverend«, sagte sie geduldig. »Wenn Lizzie Portland Grenzsteine setzt und jedem ein Gewehr vor die Nase hält, der auch nur einen Fuß auf ihr Land setzt, so verteidigt sie ihr Eigentum, und jeder klatscht ihr Beifall. Wenn wir das Gleiche tun, ist das ein Maori-Aufstand, und sie schicken das Militär.«
Peter biss sich auf die Lippen. »Tut mir leid«, sagte er.
Haikina zuckte die Schultern. »Ist nicht Ihre Schuld. Und was Lizzie angeht: Hainga hat sie ohnehin ungern gehen sehen. Also sind die Ältesten übereingekommen, ihr genug Land für eine Farm zu geben. Das war schließlich ihr Plan. Michael wollte Schafe züchten. Wie es jetzt aussieht …«
Lizzie wirkte völlig erschlagen von diesem großzügigen Angebot. »Ich … ich nehme natürlich gern an«, murmelte sie. »Zumindest pro forma, damit das Land einen pakeha -Besitzer hat.«
»Es wäre sicherer, du würdest auch dort wohnen«, meinte Haikina.
Lizzie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Ich weiß nicht … allein?«
»Wenn Sie Ihr Haus unten bauen, Lizzie, wo jetzt die Blockhütte steht, dann sind Sie nur drei Meilen entfernt von Lawrence«, meinte Peter. Lawrence war der neue und jetzt wohl bleibende Name des wachsenden Goldgräberstädtchens rund um die Poststation Tuapeka. »Noch zentraler wohnen Sie nur in der Stadt.«
Hainga erhob die Stimme. »Du nicht allein«, sagte sie in gebrochenem Englisch. »Kind bei dir, Kind willkommen in Stamm.«
Lizzie starrte die alte Frau fassungslos an. Der Reverend und Haikina schauten nicht minder verdutzt.
»Woher … woher weiß sie von dem Kind?«, brach es aus Lizzie an Haikina gewandt heraus. Sie hatte versucht, durch weite Kleidung zu kaschieren, dass sie schwanger war. Bis jetzt war es ihr meist gelungen, aber die weise tohunga … »Ich hab’s bisher nur Michael erzählt!«, fügte sie hinzu.
Haikina zuckte die Schultern. »Es sind wohl die Geister«, meinte sie. »Oder der Blick der geübten Hebamme …«
Hainga sah Lizzie an. »Es entstand unter dem Leuchten von Matariki«, sagte sie auf Maori. »Ein von Rangi gesegnetes Kind.«
Lizzie spürte, wie sie errötete.
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