Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
sich auf. Sie hatte der Versuchung schon viel zu oft nachgegeben. Weiter würde sie in dieser Nacht nicht gehen.
»Ich muss nach Hause …«, sagte sie leise, in der Hoffnung, dass es nicht zu bedauernd klang.
Aber Michael nickte nur und half ihr, das Kleid zu glätten und das Laub aus ihrem Haar zu zupfen. Dann begleitete er Kathleen ins Dorf – furchtsam, im Schatten der Steinmauern. Die Menschen auf den Feldern sollten sie nicht sehen – weder die Diebe, die ihre Ausbeute des Tages nach Hause trugen, noch die Frauen und Kinder, die nach jedem kleinen Körnchen suchten – und erst recht nicht Ralph Trevallion, der rastlos über die Felder Seiner Lordschaft ritt, um irgendeinen kleinen Sünder zu erwischen.
Jetzt wichen die hellen, mondbeschienenen Weizenfelder des Landlords den Äckern der Pächter. Kleiner, ärmlicher und nicht golden leuchtend. Die Fäule hatte nicht nur die Knollen, sondernauch die Blätter der Kartoffelpflanzen schwarz verfärbt. Die absterbenden Pflanzen warfen im Mondlicht gespenstische Schatten. Kathleen nahm Michaels Hand. Sie meinte, den Tod zu spüren.
Schließlich trennten sie sich an der Weggabelung zwischen ihren Gehöften – dem kleinen Haus der O’Donnells und der winzigen, verfallenden Hütte der Drurys. Es war spät. Die Familienmitglieder hatten sich bereits auf ihre Schlafmatten auf den Boden gelegt – das wussten die beiden jungen Leute. Es gab keine Betten für alle. Kathleen hatte fünf, Michael sieben Geschwister, und selbst wenn sie sich Bettgestelle hätten leisten können, wäre nicht einmal genug Platz gewesen. Im Cottage der O’Donnells brannte immerhin ein Feuer, irgendetwas würde Kathleen vielleicht noch zu essen bekommen. Bei den Drurys war es dunkel.
Aber es war Freitag. Am kommenden Morgen zog Michael mit seiner Fiedel und O’Rearkes Esel in die Stadt. Und irgendwo auf dem Weg nach Wicklow würden sich die Satteltaschen wie durch Geisterhand mit Whiskeyflaschen füllen …
K APITEL 2
»Nein, Vater, ich will nicht! Ich mag ihn nicht! Das kannst du mir nicht antun!«
Kathleen sprach verzweifelt auf ihren Vater ein und schüttelte heftig den Kopf. Manchmal wünschte sie sich, weniger schön zu sein. In Michaels Armen war sie stolz darauf, aber sonst machte es nur Ärger.
»Nun stell dich nicht so an, Kathie, du musst ihn ja nicht gleich heiraten!«, fuhr James O’Donnell sie an.
Es war ihm sichtlich nicht recht, dass seine älteste Tochter hier mit ihm stritt, vor dem Haus und in Anwesenheit der meisten ihrer jüngeren Geschwister. Die Kinder hatten sich schon bei der Ankunft des Besuchers aufgeregt am Feuer versammelt, an dem die Mutter ein paar der wenigen genießbaren Früchte der Kartoffelernte briet.
Wenn eben möglich, kochten die Pächter vor ihren Cottages, um die Stuben so wenig wie möglich zu verräuchern. Besonders bei Wind und Regen zog der Rauchabzug ungenügend. Und nun duftete die Pfanne obendrein nach dem Speck, den der Mann mitgebracht hatte. Die Kinder verstanden nicht, was Kathleen da so verstimmte.
»Mr. Trevallion hat ganz höflich gefragt, ob er dich nach der Kirche nach Hause bringen darf«, fügte die Mutter hinzu. »Warum sollten wir ihm das verwehren?«
»Weil man den Rohling von Rechts wegen nicht einmal in die Kirche hineinlassen sollte!«, wütete Kathleen. »Das Baby der O’Learys ist gestern gestorben – weil Mrs. O’Leary keine Milchmehr hatte. Mit dem da …«, sie wies wütend auf den Rest der Speckseite und das Säckchen Mehl, das ihre Mutter fast ehrfürchtig betrachtete, »… hätt man’s vielleicht retten können. Aber unglücklicherweise mag Mr. Trevallion ja nicht Sarah O’Leary zur Messe begleiten, sondern mich!«
»Zu unserem Glück, mein Kind«, bemerkte der Vater. »Und ich bin gar nicht so böse darüber, dass du den Mann nicht magst. So wirst du ihm zumindest nichts erlauben, was nicht schicklich ist …«
»Zumindest nichts, bis er einen ganzen Schinken vorbeibringt?«, fragte Kathleen frech.
Die Ohrfeige ihres Vaters traf sie so hart und überraschend, dass sie erschreckt zurücktaumelte.
»Du versündigst dich, Mary Kathleen!«, sagte die Mutter. Es klang allerdings nicht sehr überzeugend. Offensichtlich relativierte sich Sünde beim Anblick von Speck. »Aber so ganz Unrecht hast du nicht, wenn du bei der Liebe auch ein bisschen an die Speisekammer denkst. Leidenschaft vergeht, Kathie. Nur deine Kinder liebst du ewig, egal, von wem du sie empfängst. Und du wirst deinem Mann dankbar
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