Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
mit Trevallion durch den Ort gezogen waren.
»Er ist nicht mein Galan!«, erwiderte Kathleen verärgert. »Und wenn du nicht mit ihm gesehen werden willst – ich will es erst recht nicht!«
Auch Trevallions Geschenke beachtete Kathleen nicht – ihre Mutter hingegen schätzte den Verwalter gerade deshalb. Die O’Donnells hatten nun stets genug Mehl, um Brot zu backen, und jeden Sonntag etwas Fleisch im Topf.
Michael Drury beobachtete das Geschehen mit hilfloser Wut. Es gab nichts, was er tun konnte. Er musste zusehen, wie Trevallion Kathleen den Arm bot, wie er neben sie trat, wenn der Priester die Gemeinde nach der Messe verabschiedete, wie er sie stolz durch die Menge führte, die ihm mürrisch Platz machte. Doch am Nachmittag und an den langen Spätsommerabenden nach der Arbeit erhob Michael seine Ansprüche in den Feldern am Fluss. Er wartete meist schon auf Kathleen und sehnte sich nach dem Ruf des Kuckucks, mit dem Jonny sie eifrig ankündigte. Sie kam zu ihm, wann immer sie konnte. Mitunter brachte Kathleen Brot oder Obst mit. Michael nahm es gern an, wenn sie es im großen Haus stibitzt hatte – aber nicht, wenn es aus den Händen Trevallions kam. An seinen Geschenken, so ließ er Kathleen wissen, würde er ersticken.
Kathleen zuckte die Achseln und aß das Brot selbst. Sie war in der letzten Zeit ständig hungrig – auf Nahrung ebenso wie auf Zärtlichkeiten. Sie wusste, dass sie mit Michael sündigte, und schämte sich auch dafür, allerdings immer erst hinterher, wenn der Rausch verebbte. Während Michael sie liebte, und auch wenn sie bei der Arbeit oder nachts auf ihrer Schlafmatte an ihn dachte, fühlte sie sich nicht schuldig, sondern gesegnet. Etwas so Wundervolles, so Beglückendes konnte keine Sünde sein – zumal Gott esja durchaus erlaubte, wenn man nur vorher in die Kirche ging und einander Eide schwor. Wozu Kathleen und Michael jederzeit bereit gewesen wären.
Einmal stibitzte das Mädchen sogar eine Kerze aus dem Herrenhaus, und die beiden sprachen sich feierlich die Trauformel vor. Aber sie wussten natürlich, dass dies nicht galt. Sie waren nur wie Kinder, die Heiraten spielten. Wenn es gelten sollte, so brauchten sie die Erlaubnis der Eltern, des Landlords – und den Segen Father O’Briens, und all das würden sie nie bekommen.
»Wir heiraten in Amerika!«, tröstete Michael Kathleen, als diese sich deswegen wieder einmal grämte. »Oder in Kingstown oder Galway vor der Überfahrt.«
Kathleen protestierte inzwischen nicht mehr, wenn er von ihrem wundervollen, gemeinsamen Leben am anderen Ende des Wassers schwärmte. Sie hatte sich für ihn entschieden, sie wollte mit ihm leben, wo auch immer. Und Amerika war besser als das Kloster – in Irland die einzige Möglichkeit, einer Heirat zu entfliehen.
Der Sommer näherte sich seinem Ende, und es wurde kalt und regnerisch. Selbst unter den dicksten Decken, die Michael irgendwo aufgetrieben hatte, blieb es feucht und ungemütlich in ihrem Liebesnest am Fluss. Aber auch die Spaziergänge nach der Kirche wurden kürzer. Man verkroch sich in den Häusern und Cottages, zumal den meisten Menschen auch einfach die Kraft fehlte, irgendetwas anderes zu tun. Nachdem es seit Wochen immer weniger zu essen gab, verloren selbst die Jungen langsam die Lust, um Mädchen zu werben, und die Mädchen, mit einem jungen Mann zu kokettieren.
Der Hunger hielt die Pächter Lord Wetherbys in eisernem Griff, der Lord selbst bekam davon allerdings nicht viel mit. Er saß längst mit seiner Lady in seinem Landhaus in England, trank Tee vor dem Kamin und freute sich über die reiche Ernte auf seinen irischen Besitztümern. Womöglich war ihm nicht einmal klar, dass den Pächtern und Tagelöhnern keine solche Segnung zuteil geworden war. Das Korn war gesund, was sollte Wetherby sich da über Kartoffeln Gedanken machen?
Die wenigen Kartoffeln, die nicht verfault waren, waren längst verzehrt. Man hatte nichts einlagern können, nicht einmal Saatkartoffeln für das nächste Jahr. Die würde man kaufen müssen, und Gott allein wusste, von welchem Geld! Um den Winter zu überstehen, sammelten die Kinder Eicheln im Wald, die ihre Eltern dann schroteten. Die Glücklichen, wie Kathleens Familie, streckten damit Roggen- oder Weizenmehl, die anderen backten ihr Brot aus dem gehaltlosen Eichelschrot. Die Ärmsten, die kaum die Kraft aufbrachten, in den Wald zu gehen und Eicheln zu sammeln oder Wurzeln auszugraben, kochten Suppe aus dem dürftigen Gras, das am Wegrand
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