Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
sein, wenn er sie ernähren kann. Bei Mr. Trevallion bist du da auf der sicheren Seite. Ob wir ihn nun mögen oder nicht.«
»Aber ich will mich nicht verkaufen!« Kathleen warf zornig ihre blonden Locken zurück und wich vorsichtshalber einer weiteren Ohrfeige aus. »Wenn ich Kinder bekomme, dann nur von einem Mann, den ich liebe! Sonst … sonst geh ich ins Kloster!«
Obwohl ihr beim Duft der Bratkartoffeln mit Speck das Wasser im Mund zusammenlief, wandte Kathleen sich auf dem Absatz um und lief hinaus. Nein, sie wollte nichts von dem Essen, mit dem Trevallion sich ihre Begleitung beim Kirchgang erkauft hatte! Was sie wollte, war Michael! Sie musste ihm davon erzählen!
In ihrem Zorn und ihrer Verwirrung gab sie sich dem Wunschtraum hin, dass er sofort ins Haus des Verwalters laufen und ihn zum Zweikampf fordern würde. Wie es damals im alten Irland gewesen war, in den Sagen und Märchen von Rittern und Helden, die Father O’Brien manchmal erzählte, wenn er ein bisschen zu sehr dem Whiskey zugesprochen hatte, den die Leprechauns mitunter an der Schwelle zum Pfarrhaus deponierten.
Mary Kathleen lächelte beim Gedanken an den alten Priester, der es sicher nicht billigte, dass Trevallion Ansprüche auf sie erhob. Aber andererseits billigte Father O’Brien auch die Begleitung durch Michael nicht. Vielleicht, dachte das Mädchen, sollte ich ihm die Idee mit dem Kloster vortragen und behaupten, dass ich mich berufen fühle. Womöglich schirmt er mich dann gegen weitere Bewerber ab – oder er nimmt mich gleich in der nächsten Woche mit in die Abtei nach Wicklow.
Kathleen wanderte ziellos über die Felder am Fluss. Sie waren noch nicht abgeerntet, und sie lief Gefahr, Trevallion auf einem Patrouilleritt in die Arme zu laufen. Andererseits waren Michael und seine Freunde sicher bei einer heimlichen Ernte im Schutz der Steinwälle und der Weiden am Wasser. Tatsächlich erklang der Ruf einer Lärche, als Kathleen den Weg zu den abgelegensten Feldern betrat. Eine Lärche im Stimmbruch!
Kathleen schaute sich mit hochgezogenen Brauen um und entdeckte Jonny, Michaels jüngeren Bruder, in der Krone einer Eiche. Er grinste ihr verschwörerisch zu.
»Ich bin der Wächter, Kathleen!«, strahlte er.
Kathleen verdrehte die Augen. »Du bist im Blattwerk tatsächlich kaum auszumachen, besonders in diesem leuchtend roten Hemd«, bemerkte sie. »Und dieser Vogelruf … täuschend ähnlich. Mach bloß, dass du runterkommst, Jonny Drury! Trevallion lässt dich auspeitschen, wenn er dich erwischt.«
Jonny ließ sich die Laune nicht verderben. Mit gespielt ernstem Gesichtsausdruck und brav gesenktem Blick verbeugte er sich in Kathleens Richtung und wäre dabei fast vom Baum gefallen.
»Is’ nich’ verboten, Mr. Trevallion, dass ’n Junge am Sonntagnachmittag im Baum sitzt und ’n Vogel nachmacht!«, jaulte er mit unnatürlich hoher Stimme. »Schau’n Sie, Mr. Trevallion, hier habich ’ne Schleuder. Ich ruf nach ’nem Weibchen, und wenn’s kommt – ein Stein und wir haben Fleisch im Topf!«
Kathleen musste lachen. »Das erzähl ihm bloß nicht! Garantiert legt er’s als Verstoß gegen die Jagdverordnung aus, und du wirst gehängt. Wo ist Michael, Jonny? Unten am Fluss? Mit den anderen Jungs?«
»Glaub ich nicht«, sagte Jonny. »Die anderen sind schon zurück ins Dorf. Mit ein paar gefundenen Ähren …« Der Junge zwinkerte wichtig. »Brian hat ’ne ganze Garbe geschnitten! Das gibt feines Mehl, Kathleen!«
Brian gehörte ebenfalls zur Familie Drury, aber die Geschichte von der ganzen Garbe Weizen glaubte Kathleen nicht. Niemals hätten es die Jungen gewagt, am helllichten Tag so viel Korn zur Seite zu bringen – nicht einmal mit einem so fähigen Wächter wie dem kleinen Jonny. Die sonntäglichen Raubzüge auf den Feldern retteten keine Familie vor dem Verhungern. Es war mehr ein Spiel – den halbwüchsigen Jungen gefiel es, Trevallion an der Nase herumzuführen.
»Aber Michael hat nichts geschnitten«, verriet Jonny. »Der war böse! Hat nur auf das Korn eingeschlagen, als wollt er das ganze Feld umhauen … Kann’s sein, dass er böse auf dich war, Kathie?«
Kathleen schüttelte den Kopf. »Ich hab keinen Streit mit deinem Bruder«, antwortete sie.
Jonny grinste. »Du bist gut Freund mit ihm, ja?« Er kicherte vielsagend und schaukelte auf seinem Ast hin und her. »Wenn du mir auch mal so’n Teeküchlein mitbringst, wie neulich Michael, dann verrat ich dir auch, wo er ist. Und ich bleib hier und halte
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