Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Gefängnisdirektor streng. »Aber da sich das Mädchen bislang gut geführt hat …«
Lizzie wusste kaum, was mit ihr geschah, aber schon eine Stunde später saß sie neben Mrs. Smithers in einer schmucken kleinen Chaise und reiste Richtung Launceston.
K APITEL 6
Kathleen Coltrane schleppte sich den Berg hinauf. Das Wetter war wunderschön an diesem Frühlingstag, und weit hinter den Hügeln, die Port Cooper umgaben, waren die majestätischen Gipfel der Südalpen zu sehen. Dazwischen sollte flaches Grasland liegen – ein Anblick, von dem Kathleen oft träumte. Besonders, wenn sie wieder einmal zu Fuß und mit zwei Kindern über die steinigen Straßen Port Coopers zu ihrem Haus hinaufsteigen musste.
Fast alle Häuser in der aufstrebenden Hafenstadt, die neuerdings auch Port Victoria genannt wurde, lagen in den Hügeln. Auch das kleine, blau gestrichene Cottage, das Ian zwei Tage nach ihrer Ankunft erworben hatte. Kathleen dachte an den Tag, an dem sie das erste Mal den Aufstieg bewältigen musste. Sie wäre beinahe zusammengebrochen.
Drei Tage nach der Geburt ihres Sohnes und so kurz nach der langen Seereise schien sich ein dunkler Abgrund vor ihr aufzutun, als sie aufstand und zu gehen versuchte. Aber Ian kannte kein Pardon. Er hatte ein Haus erworben, und er wollte es mit seiner jungen Frau beziehen. Dabei hatten sie kaum ein Möbelstück gehabt. Der Vorbesitzer – er war in die Canterbury Plains gezogen – hatte nur das Mobiliar hinterlassen, das er in seinem neuen Haus nicht brauchte. Beim Betreten der kalten, unwirtlichen Wohnung war Kathleen in Tränen ausgebrochen.
»Wo soll ich denn mit dem Kind hin? Wo sollen wir schlafen?«
Ian zuckte darüber nur mit den Schultern. »Wir werden ein Bett kaufen. Von mir aus auch eine Wiege, die werden wir ja noch öfter brauchen. Du kannst dich darum kümmern, ich gebe dir Geld. Undvorerst … Nun tu mal nicht so, Kathleen, als habe man in deiner Familie nicht auf dem Boden des Cottages geschlafen.«
Das stimmte natürlich, aber man hatte Matten gehabt, und immer hatte ein Feuer gebrannt. Kathleen war nicht so krank und erschöpft gewesen. Ian hatte auch noch keine Lebensmittel besorgt, vor allem keine Milch. Nur ein Sack Mehl lag auf dem dreibeinigen Tisch. Kathleen hätte daraus Brot backen können, wenn es ihr nicht so schlecht gegangen wäre.
»Wie gesagt, Kathleen, kümmere dich!«, befahl Ian. »Ich muss in den Stall, wahrscheinlich krieg ich nachher schon das erste Pferd herein. Die Mähre vom Müller, er sagt, sie sei schwierig, sie wär ihm mit dem Brotwagen durchgegangen. Nun, das werde ich schon richten. Aber der Haushalt ist wirklich deine Sache!«
Kathleen warf einen hoffnungslosen Blick auf den Ofen in der Küche – der nicht nur nicht brannte, sondern für den obendrein kein Holz vorhanden war. Bestimmt gab es draußen welches. Aber sie konnte sich nicht aufraffen, noch einmal hinauszugehen. Nicht, solange der Boden unter ihr zu schwanken schien.
Sie legte Sean auf eine Decke und inspizierte das Haus. Zum Glück schlief das Kind – und sie hatte auch Milch, um es zu nähren. Zumindest bisher – Pere hatte sie mit Suppe und seltsamen, Süßkartoffeln genannten Früchten ausreichend versorgt. Aber jetzt – Kathleen wusste nicht, ob sie die Kraft aufbringen würde, irgendetwas zuzubereiten.
Dabei war das Haus als solches sehr schön. Einfach, aber zweckmäßig konstruiert – ein Wohnraum, ein Schlafzimmer, ein weiteres Zimmer, in dem Sean schlafen konnte, und eine recht große Küche. Für irische Verhältnisse war dies ein hochherrschaftliches Heim, niemand in Kathleens Heimatdorf hatte vergleichbar viel Platz, selbst Trevallions Cottage war kleiner. Es gab sicher auch Ställe und Weiden, Ian dachte schließlich immer zuerst an seine vierbeinige Ware.
Kathleen musste widerstrebend zugeben, dass ihr Mann nicht schlecht gekauft hatte. Die Fenster der Küche öffneten sich zumHafen, Kathleen würde immer etwas zu sehen haben, wenn sie hier werkelte. Und schon der erste Blick nach draußen enthüllte ihr eine freudige Überraschung. Eben kam Pere mit einem Korb im Arm den Weg herauf, und zu ihr gesellte sich eine andere, jüngere Frau.
»Bringen Geschenke zu Einzug!«, rief die Maori-Frau ihr entgegen. Stolz überreichte sie ihrer neuen Freundin einen Korb voller Süßkartoffeln und Saatgut.
Ihre Begleiterin lächelte Kathleen an. »Ich bin Linda Holt, mein Mann ist der Müller hier«, stellte sie sich vor. »Und gerade hat er mir erzählt,
Weitere Kostenlose Bücher