Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
zeigte sich darüber empört. Es schrie anhaltend, Kathleen wusste nicht, wie sie es ruhig halten sollte, wenn Ian nach Hause kam.
Zum Glück war er häufig nicht da, seine Geschäfte liefen gut an und führten ihn oft für mehrere Tage in die Canterbury Plains. Viehmärkte wie in Irland und England gab es in Neuseeland noch nicht. Ian musste sein Gewerbe als eine Art fahrender Händler ausüben. Er kaufte ein paar Pferde, Schafe oder Rinder, trieb sie weiter über Land und bot sie dem nächsten Farmer zum Kauf an. Mit Pferden, Maultieren und Eseln funktionierte das natürlich besser als mit Weidevieh, dessen Transport Treiber und Hunde verlangte. Das galt verstärkt beim Handel zwischen den Siedlern in Port Cooper und den Farmern in den Plains: Es war fast unmöglich, nicht halfterführige Tiere über den steilen, unwegsamen Pass zu bringen, der den Hafen vom Inland trennte. In Port Cooper selbst konzentrierte Ian sich deshalb auf den Pferdehandel – und schaffte es innerhalbkürzester Zeit, die Beziehungen zu seinen neuen Nachbarn frostig zu gestalten.
Kathleen dachte darüber nach, während sie den Pfad emporkletterte, den noch tapsigen Sean an einer Hand und Colin in einer Trage auf den Rücken gebunden. Die andere Hand brauchte sie für den Transport ihrer Einkäufe. Sie schleppte Gemüse vom Markt am Hafen hinauf, Milch und geschrotetes Korn, um Brot zu backen und Brei für die Kinder zu kochen. Außerdem mühte sie sich mit einem sperrigen Sack Wolle ab, den sie hinter sich herzog. Sie musste gewaschen, kardiert und versponnen werden. Kathleen war geschickt in diesen Dingen, und besonders Linda, die rührige Müllersfrau, nahm ihre Dienste gern in Anspruch. Sie war auf einer Farm aufgewachsen und hielt sich ein paar Tiere im Stall neben der Mühle. Ihre fünf Schafe schor sie selbst. Handarbeiten wie Spinnen und Weben lagen ihr dagegen weniger.
Früher, dachte Kathleen bitter, hätten Linda oder ihr Mann ihr die Sachen mit dem Wagen vor die Haustür gebracht. Aber zurzeit lahmte ihr Pferd wieder einmal, und auch wenn Linda es nicht direkt sagte, so merkte Kathleen doch, dass man sie für Ians Rosstäuscherei abstrafte.
»Was hat sich dein Mann nur dabei gedacht, meinem Carl diesen alten Gaul zu verkaufen!«, erregte sich die Bäckersfrau immer wieder. Kathleen hatte es sich gerade an diesem Morgen erneut anhören müssen. »Die Stute vorher war ja etwas eigen – sie kam schon mal ohne Carl nach Hause …« In Lindas Stimme schlich sich ein verhaltenes Kichern. Sie selbst kam vom Land, ihr Mann aus einem Vorort von London. Er war ein hervorragender Bäcker und Müller, der Umgang mit Tieren lag ihm jedoch nicht. »Aber sie kam immerhin voran. Der Neue dagegen … ich wette, der hat mindestens zwanzig Jahre auf dem Rücken.«
»Kann man das denn nicht sehen?«, wandte Kathleen schüchtern ein. »An den Zähnen?«
»Oh, da gibt es Möglichkeiten!«, bemerkte John, der Schmied. Er kam eben in die Mühle, um sich das Bein des Pferdes nocheinmal anzusehen. »Man schleift hier was vom Zahn ab und da … Pferdehändler sind erfinderisch!«
»Aber … aber doch nicht Ian!«, verteidigte Kathleen ihren Mann.
Die anderen sahen sie mit zusammengekniffenen Mündern an, John verdrehte die Augen.
»Ich hab noch keinen Pferdehändler erlebt, der kein Gauner ist«, meinte er dann. »Aber ich stimme Ihnen natürlich zu, Mrs. Coltrane: Seinen Nachbarn sollte man keine lahmen Gäule verkaufen. Das rächt sich. Also nehmen wir mal an, Ihr Gatte hat von den Machenschaften des Vorbesitzers einfach nichts gewusst …«
Kathleen hätte das gern geglaubt, aber dafür gab es eigentlich schon zu viel Gerede in dem kleinen Ort. Nahezu niemand war mit den Tieren zufrieden, die Ian ihm verkauft hatte – lediglich George Hancock, ein Farmer, freute sich zunächst über seine prächtige tiefschwarze Zuchtstute. Leider brachte sie nun schon im zweiten Jahr kein Fohlen, und eben hatte Hancock erfahren, dass ihr Vorbesitzer sie eben deshalb verkauft hatte. Das Argument, Ian habe das nicht gewusst, zog diesmal nicht. Der Verkäufer schwor, ihm den Verkaufsgrund verraten zu haben.
»Gab ja auch keinen Grund zu lügen«, meinte der aufgebrachte George Hancock bei einem Picknick nach der sonntäglichen Gebetsversammlung. »Die Penny ist ein feines Pferd, nur halt nichts zum Züchten. Aber Ian Coltrane – verzeihen Sie, Mrs. Coltrane – aber der Kerl betrügt so selbstverständlich, wie unsereins atmet …«
Kathleen hatte so getan,
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