Das Gold des Bischofs
nüchtern. »Hier kennen wir Durham nur als Amtssitz von diesem abscheulichen Bischof.«
»Was für eine hervorragende Aussicht man von diesem Fenster hat«, warf Geoffrey schnell ein. Er wusste genau: Roger würde eine Beleidigung seines Vaters nicht einfach hinnehmen.
»Ich scheià auf die Aussicht!«, knurrte Roger. »Diese Hure verleumdet den besten Mann, der jemals seinen Fuà auf englische Erde gesetzt hat.«
Maude starrte ihn ungläubig an, dann brach sie in Lachen aus. Geoffrey konnte ihre Belustigung verstehen, angesichts des traurigen Ansehens, in dem der Bischof stand.
»Reden wir etwa über denselben Mann?«, fragte sie. »König William Rufusâ Speichellecker, der uns mehr Steuern auferlegt hat, als wir ertragen konnten, und der es durch seine verschlagene und aalglatte Art bis zum obersten Justitiar gebracht hat? AuÃerdem bin ich keine Hure, sondern nur ein Landmädchen, das sich ein wenig verirrt hat.«
»Verirrt auf dem Weg wohin?«, fragte Geoffrey. »Ins Hurenhaus?«
»Bischof Flambard ist ein groÃer Mann«, befand Roger wütend. »Eine aufrechte und ehrbare Seele, die im ganzen Leben noch keine schlechte Tat getan hat.«
Dieses Mal stimmte Geoffrey in Maudes Gelächter ein. Selbst Roger, der ein viel treuerer Sohn war, als der verschlagene Bischof verdiente, müsste doch erkennen, dass Flambard so weit von Aufrichtigkeit und Ehrbarkeit entfernt war, wie man nur sein konnte.
Roger machte ein finsteres Gesicht und fingerte an seinem Dolch herum. Anscheinend verhinderte nur der Umstand ihrer Freundschaft, dass er sich auf Geoffrey stürzte. Der zügelte seine Heiterkeit und schob Rogers Hand von der Waffe fort.
»Du bist vermutlich der einzige Mensch in der ganzen christlichen Welt, der diese Meinung vertritt«, sagte er. »Aber streiten wir nicht über Flambard. Wir müssen uns um eine Ãberfahrt kümmern. Der Morgen ist bereits wieder halb vorbei.«
»Als König Henry Flambard festnahm und ins Verlies werfen lieÃ, war das für England ein Freudentag«, erklärte Maude und ignorierte Geoffreys Beschwichtigungsversuch.
»Das ist nicht wahr!«, empörte Roger sich erneut. »Er steckt nicht in einem Verlies. Er wird mit aller Höflichkeit und Güte behandelt, und ich töte jeden, der etwas anderes behauptet!«
Er wirkte gefährlich, und Geoffrey trat hastig zwischen ihn und Maude. »Du hast Recht«, warf er behutsam ein. »Der König würde einen Bischof nicht grob behandeln. Aber der Tag vergeht, und wir müssen uns noch im Hafen umhören. Ich will ein Schiff finden, solange das Wetter hält.«
»Dann viel Glück«, sagte Maude und klang dabei, als hielte sie diesen Plan für aussichtslos. Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf die hohen, strahlend weiÃen Wolken. »Heute wird niemand segeln. Der Wind steht ungünstig.«
Geoffrey setzte sich auf die Bettkante und zerrte an seinen Stiefeln. »Vielleicht. Aber wir können trotzdem schon eine Ãberfahrt vereinbaren für die Zeit, wo der Wind aus einer besseren Richtung bläst.«
»Du meinst also, wir sollen diese nette, warme Kammer verlassen?«, wollte Roger wissen. Er betrachtete Maude mit lüsternen Augen; ihr Streit war schon vergessen â zumindest so weit, um eine Schmuserei anzufangen.
»Du bleibst hier«, bestimmte Geoffrey. »Ich will dafür sorgen, dass Peterkin vorher begraben wird und sein Bruder genug Geld für die Heimreise erhält.«
Roger sprang aus dem Bett. Er war vollständig angezogen und trug sogar den Dolch am Oberschenkel. Maude musste eine sehr unbequeme Nacht verbracht haben.
»Peterkin hatte ich ganz vergessen«, sagte Roger und legte den Schwertgurt an. Kurzerhand schob er Maude nach drauÃen auf den Flur und schlug die Tür hinter ihr zu. Geoffrey machte die Tür wieder auf und reichte der erschrockenen Frau ihre Leibwäsche. Maude riss sie ihm aus der Hand und schlüpfte hastig in eine Hose, bevor sie die Stufen hinabstolzierte.
»Wir müssen Peterkins Mörder finden«, verkündete Roger, während er den Wappenrock anzog. »Den Mann, der wie ein Wiesel aussah und der auch den jungen Burschen auf dem Dach getötet hat. Wir können unmöglich zulassen, dass irgendwelche Bauern nach Gutdünken unsere Krieger umbringen.«
Geoffrey lächelte. »Und wie sollen wir das anstellen?
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