Das Gold des Bischofs
Nein annehmen? Ich habe nicht übel Lust, ihn gleich jetzt ins Meer zu stoÃen, ganz wie er es gestern Abend bei dir gemacht hat.«
»Ein kaltes Bad wird ihn nicht abschrecken. Er sieht in uns die Gelegenheit, einem Leben voll stumpfsinniger Plackerei zu entkommen, und er ist entschlossen, diese Gelegenheit zu nutzen.«
Er drehte sich um und wartete, bis Ulfrith zu ihnen aufschloss. Der Sachse spürte, dass sie über ihn sprachen, und er war naiv genug, das als gutes Zeichen anzusehen. Mit einem Grinsen eilte er auf sie zu.
»Ihr habt Eure Meinung geändert«, stellte er zufrieden fest. »Ihr nehmt mich doch mit.«
»Kannst du uns eine Ãberfahrt in die Normandie besorgen?« Geoffrey war es leid, ständig zu hören, dass keine Plätze mehr frei waren. Es war wohl an der Zeit, etwas anderes auszuprobieren. »Für uns beide, meinen Sergeanten und unsere vier Gefolgsleute?«
»Fünf Gefolgsleute«, korrigierte Ulfrith und versuchte nicht einmal, seine Freude zu verbergen. »Natürlich kann ich das. Ich kenne alle Kapitäne hier, und sie kennen mich.«
»Ist das nun gut oder schlecht?«, knurrte Roger zweifelnd. Mit dieser Frage hatte er nicht ganz Unrecht. Ulfriths aufdringliche Fröhlichkeit begeisterte gewiss nicht jeden, und bei den missmutigen Gestalten, die sich nahe bei ihren Booten herumtrieben, dürfte sein Auftreten mitunter mehr Schaden als Nutzen anrichten.
Ulfrith merkte gar nicht, dass Roger seine Zuversicht nicht teilte. Mit gewichtiger Miene studierte er die Wolken und versuchte, seine überlegene Wetterkunde unter Beweis zu stellen. »Heute oder morgen wird niemand auslaufen, denn der Wind steht ungünstig. Aber ich sorge für eine Ãberfahrt, sobald das Wetter sich ändert.«
»Wir wollen in die Normandie, vergiss das nicht«, rief Geoffrey ihm ins Gedächtnis. Sonst würde der Bursche in seinem Eifer, sie zu beeindrucken, womöglich ein anderes Reiseziel akzeptieren, wenn es mit der Normandie zu schwierig wurde. Ein fremdländischer Ort klang für ihn vielleicht wie der andere, und er glaubte gar, die beiden Ritter würden da auch keinen groÃen Unterschied sehen. »Es gibt genug Plätze auf den Schiffen nach Flandern oder Schottland. Aber wir müssen in die Normandie.«
»Allerdings«, murmelte Roger. »Welcher vernünftige Mann will schon nach Schottland? Da gibt es nur schreiende Wilde, die drauf aus sind, englische Rinder zu rauben und unnatürlichen Zwecken zuzuführen.«
»Sie essen, beispielsweise?«, fragte Geoffrey, um ihn zu necken. Rogers Abneigung gegen die Schotten war weithin bekannt, und er hatte oft gegen sie gekämpft, bevor er auf den Kreuzzug gegangen war.
»Geht ruhig zum âºKopf des Sarazenenâ¹ zurück«, erklärte Ulfrith mit einer Zuversicht, die Geoffrey ganz und gar ungerechtfertigt fand. »Ich kümmere mich um alles. Und ich werde auch einen guten Preis aushandeln â einen besseren, als Ihr je erreichen könntet.«
Er schritt davon und legte sich ob der Wichtigkeit seiner Aufgabe gleich einen groÃspurigen Gang zu. Geoffrey wandte sich Roger zu und grinste.
»Ein Becher mit warmem Bier, und sei es auch im âºKopf des Sarazenenâ¹, klingt für mich reizvoller als weitere fruchtlose Gespräche mit feindseligen sächsischen Schiffsführern.«
Roger folgte ihm zurück zum Gasthaus. Der Nachmittag wurde allmählich kälter. Eisiger Wind blies von Nordosten heran und brachte Frost mit. Der Himmel klarte auf und versprach ebenfalls eisige Temperaturen, sobald erst mal die Dunkelheit hereingebrochen war. Der matschige Schnee überzog sich mit einer Kruste und krachte und knirschte unter jedem ihrer Schritte. Geoffrey war froh, dass er zu Fuà unterwegs war und das Schlachtross sicher im Stall des Gasthauses stand. Schlachtrösser waren kostbare Tiere â ein vollständig gepanzerter Ritter konnte nicht von jeder beliebigen Mähre in den Kampf getragen werden, zumal die Tiere auch nicht scheuen durften, wenn es laut wurde und der Geruch nach vergossenem Blut in der Luft lag. Die Ritter behandelten ihre Pferde daher mit Sorgfalt und Achtung. Nur zu leicht hätte sich das Tier auf den vielen Furchen des hart gefrorenen Morasts, aus dem die StraÃe bestand, ein Bein brechen können.
»Was für ein trostloser Ort«, befand Roger, als sie den StraÃen folgten, die von
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