Das Gold des Bischofs
stellte fest, dass er es trotz des eisigen Windes und der weiterhin drohenden Schneefälle genoss.
Sein Hund mühte sich hinter ihnen hechelnd durch die Schneewehen. Als sie die erste Ecke erreichten, knurrte er, und Geoffrey entdeckte Tilloy und Freyn, die in einer Gasse kauerten und immer noch Eleanors Haus gegen mögliche Angreifer bewachten. Er ermahnte sie zu besonderer Vorsicht, während das Haus leer war, und ging weiter vom Marktplatz nach Owengate, wo sie den Fluss überqueren wollten, um die hübsche Siedlung Elvet zu erreichen.
Die Wachen bei Owengate hatten vom Mord an Stanstede gehört und waren sehr zuvorkommend, als Eleanor auf die Fähre trat. Einer bot ihr ein fleckiges Kissen zum Sitzen an.
»Unser Beileid, Witwe Stanstede«, sagte der andere, der zum Zeichen des Respekts den Hut abgenommen hatte und nun barhäuptig im eisigen Wind stand. »Die StraÃe nach Newcastle ist gefährlich, aber jeder weiÃ, was Meister Stanstede für unsere Stadt getan hat. Diese Gesetzlosen hätten es besser wissen sollen, als ihn anzugreifen.«
»Danke, Ned«, erwiderte Eleanor ein wenig steif.
»Das ist wahr«, stimmte der erste Wachposten zu und trat rasch von dem Kissen zurück, um das er zuvor ein groÃes Aufheben veranstaltet hatte. Der Hund hatte beschlossen, darauf Platz zu nehmen, und sein angriffslustiges Benehmen ermunterte die Wachen nicht, Einwände zu erheben. »Die Gesetzlosen hätten doch sehen müssen, dass sein Wagen voller Frauen ist. Warum haben sie ihn nicht in Ruhe gelassen?«
»Vielleicht haben sie zuerst geschossen und später ihren Fehler erkannt«, sagte Eleanor. Geoffrey schob den Hund vom Kissen herunter, damit Eleanor Platz nehmen konnte. Dann kniete er sich neben sie und beobachtete, wie der Fährmann das kleine Boot in die starke Strömung gleiten lieÃ.
Die Worte der Wachen waren aufschlussreich. Stanstede war in der Gegend bekannt und beliebt gewesen. Also waren die Männer, die ihm aufgelauert hatten, entweder keine Einheimischen, oder der Dienst, den er anbot, war ihnen egal. Geoffrey hatte den starken Verdacht, dass Xavier das eigentliche Ziel des Angriffs gewesen war und Stanstede bloà ein zufälliges Opfer. Aber diese Schlussfolgerung beantwortete nicht die eigentliche Frage: Wer hatte den Hinterhalt gelegt? Wiesel konnte es nicht gewesen sein, denn dieser hatte zur selben Zeit Eleanors Stube angegriffen.
Es dauerte nicht lange, dann hatte der Fährmann sie über den Fluss gebracht, und Geoffrey half Eleanor wieder ans Ufer. Sie fasste erneut seinen Arm, und so betraten sie den Elvet.
Der Goldschmied galt als wohlhabender Mann. Sein Zuhause war aus Stein gebaut, und alle Fenster waren verglast, auch wenn zur Zeit wegen des schlechten Wetters die Läden vorgelegt waren und das Haus darum verlassen wirkte. Auf Geoffreys Klopfen schlurfte eine alte Frau mit schütterem Haar zur Tür. Sie ging vom Alter tief gebeugt, und ihr weiÃes Zahnfleisch zeigte, dass sie schon lange keine Zähne mehr besaÃ. Ihre Augen hatten einen bläulichen Schleier, so dass Geoffrey sich fragte, ob sie auÃerdem blind war. Sie stand blinzelnd und spähend auf der Türschwelle und machte leere Kaubewegungen.
»Eleanor Stanstede ist hier, Mutter Petra«, sagte Eleanor höflich. »Ich bin gekommen, um meine Trauer als Witwe mit Alice zu teilen.«
»Trauer?«, fragte Mutter Petra zweifelnd. »Ich nahm an, du würdest tanzen vor Freude, weil du Haymo los bist! Warum du den alten Wüstling überhaupt geheiratet hast, ist mir wirklich ein Rätsel.«
»Er war ein guter Mann«, stellte Eleanor ruhig und würdevoll fest, »und es ist nicht nett, schlecht von ihm zu reden, jetzt, wo er nicht mehr hier ist, um sich zu verteidigen.«
»Meinetwegen«, sagte Mutter Petra und trat zur Seite, um sie einzulassen. »Ich werde bald genug im Fegefeuer zu ihm stoÃen und kann ihm dann sagen, was ich von ihm halte. Es ist furchtbar für eine Frau, einen Sohn wie ihn zu haben. Wenn ich gewusst hätte, dass er als Hurenwirt endet, hätte ich ihn direkt nach der Geburt ertränkt.«
»Ihr seid Haymos Mutter?«, fragte Geoffrey ein wenig verwirrt. Wenn Stanstede siebzig Jahre alt gewesen war, wie jeder behauptete, dann musste dieses alte Hutzelweib hier nahe der neunzig stehen â in der Tat ein biblisches Alter. Die meisten Menschen konnten sich glücklich
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