Das Gold des Columbus
Zuber verwandelt hätte, in dem die Wellen auf das Schiff einprügelten wie der Stock einer Wäscherin auf ein besonders schmutziges Wäschestück.
Das Wasser verlief sich und er kam wieder auf die Füße. Stimmen schrien Befehle, aber er verstand kein Wort im Brüllen des Sturms und Rauschen des Wassers. Ich kann mich jetzt nicht um Befehle kümmern, dachte er. Wenn ich über Bord gespült werde, gibt es keinen Grumete Pablo mehr.
Hastig löste er das lange Tau, das er wie jeder Seemann um seine Hüften geknotet hatte. Es war durchtränkt von Wasser und mühsam zu handhaben. Trotzdem gelang es ihm, den letzten Knoten zu verdoppeln und das andere Ende mehrfach um die Reling zu schlingen. Ehe er es mit einem zweiten Knoten festzurren konnte, schlug schon die nächste Welle über ihm zusammen.
Wieder klammerte er sich an der Reling fest. Die Gewalt des Wassers war unvorstellbar. Pablo kam sich vor wie ein Strohhalm. Wenn seine Hände von dem nassen Holz abrutschen würden, wäre er innerhalb weniger Augenblicke in dem tosenden Hexenkessel verschwunden. Das Salzwasser schmeckte scheußlich. Und es brannte in seinen Augen. Er öffnete den Mund weit und schluckte Unmengen von lauwarmem Regenwasser, das ihm der Wind in die Kehle jagte.
Er öffnete die Augen, suchte mit den Füßen nach Halt auf dem Deck und knüpfte hastig einen doppelten Knoten in das Tauende an der Reling. Es war ihm, als ob die Capitana in einem Wasserberg gefangen wäre. Der Regen hing dicht zwischen den Masten und fegte mit Getöse über die Decks. Von jeder Spiere und jedem Tau strömten förmliche Bäche nach unten.
Wieder packte ihn eine Welle und versuchte ihn mitzureißen.
Seine Füße, nein, sein ganzer Körper wurde in die Höhe gerissen und hing waagerecht im Wasser, mindestens einen Meter hoch über den Planken. Das Wasser zog an ihm, der Sturm presste sich gegen ihn, als ob sie zwei lebendige Wesen wären. Er krallte sich an die Reling, bis sich die Welle verlief und er wieder aufs Deck klatschte.
Der Sturm heulte und pfiff, das Meer toste, der Regen trommelte auf ihn herunter - unentwegt und immer noch stärker. Das Schiff bäumte sich auf und riss an den Ankerketten wie ein bockendes Pferd. Das Deck kippte zur Seite. Eine Sturzsee sauste über die Planken.
Allmählich kam Pablo sich vor wie ein Insekt in einem gurgelnden Wasserstrudel. Halb besinnungslos hing er an der Reling, Augen und Lippen zusammengepresst, um sie vor dem Salzwasser zu schützen. Wie lange dauerte dieses Toben jetzt schon? Eine halbe oder eine ganze Stunde? Oder gar viele Stunden? Er hatte jedes Gefühl für Zeit verloren. Manchmal blinzelte er. Die Blitze zuckten über den Himmel, als würden sie ihn auseinander reißen und die zerborstenen Stücke ins Meer schleudern, das sich zu Wassertürmen aufbäumte.
Plötzlich spürte Pablo neben der Wucht des Wassers und des Windes noch eine andere Berührung, einen fast schmerzhaft zupackenden Griff an seinem Arm und seinem Oberschenkel. Ein Körper drückte von hinten gegen ihn. Pablo wurde in die Höhe gehoben - und über die Reling geschleudert. Er stürzte in ein Wellental. Dann schlug das Wasser über ihm zusammen.
Der Schock machte ihn hellwach. Er begriff sofort, dass dies das Meer war und nicht der wasserfallartige Regen und die ständigen Sturzseen eben auf Deck. Die hatten ihn atmen lassen. Und das konnte er hier nicht.
Er strampelte wild mit Armen und Beinen. Irgendwo musste ein Oben sein. Und da war Luft. Aber wo war oben?
Lieber Gott, hilf mir! Heilige Maria, Mutter Gottes!
Das Seil! Er fasste nach dem Seil um seine Brust und zog sich daran empor. Die Anstrengung und die Atemnot waren fast zu viel für ihn. Er spürte, wie ihm die Augen aus den Höhlen traten. Gleich würde er den Mund öffnen müssen. Und es würde keine Luft hereinströmen, sondern Wasser, widerlich salzig, widerlich dick und schwer.
Und er würde ertrinken.
Heiliger Schutzengel, hilf! Heiliger Nikolaus 52 , hilf!
Mit der Kraft der Todesangst umklammerte Pablo das Seil und brachte eine Hand über die andere. Und noch einmal. Sein Kopf durchbrach die Meeresoberfläche. Obwohl der Regen auf ihn herabströmte, merkte er sofort, dass er nicht mehr unter Wasser war. Er riss den Mund auf und atmete keuchend.
Luft - Luft!
Ich lebe, dachte er. Ich atme! Ich ertrinke nicht!
Erst nach einiger Zeit brachte er es fertig, eine Hand vom Seil zu lösen. Er rieb sich das Wasser aus den Augen und strich die nassen Haare zurück. Dicht vor ihm
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