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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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vergreifen wollte. »Wann kapierst du endlich, dass ich dem Jungen Unterricht gebe? Und zwar mit Billigung des Herrn Admirals. Also troll dich.«
    Er zog Pablo in die Höhe.
    »Ich hab Wache«, sagte Pablo schwach. »Ich muss Fernan an der Ampolleta ablösen.«
    »Umso besser. Dann setze ich mich neben dich und wir unterhalten uns ein bisschen auf Indianisch.« Señor Méndez sprach so laut, dass der davonhumpelnde Pedro seine Worte noch hören musste. Er betrachtete Pablo und grinste. »Du siehst aus, als ob du eine Schlägerei hinter dir hättest.«
    »So fühle ich mich auch.«
    »Dann verschieben wir unsere indianische Unterhaltung lieber auf später. Vielleicht nach deiner Wache?«
    Pablo stimmte lustlos zu. Am liebsten hätte er gesagt, dass er zu müde war zum Denken und Reden, aber er wollte Señor Méndez nicht enttäuschen. Der hatte schon auf der Fahrt von den Kanarischen Inseln in die Karibik angefangen, Pablo indianische Vokabeln beizubringen. Damals war Pablo noch begeistert gewesen von der Vorstellung, sich später mit den Eingeborenen unterhalten zu können. Aber im Juni war es auch heiß gewesen und trocken und langweilig, weil die Segel nie bewegt werden mussten. Doch jetzt war September und sie fuhren seit Wochen durch Dauerregen und Sturm und schufteten sich fast die Seele aus dem Leib.
    Fernan musterte Pablo erstaunt, als der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht neben das Stundenglas hockte. »Wie siehst du denn aus?«
    »Bin gegen den Mast geknallt.«
    »Du hast eine Beule auf der Stirn, so groß wie ein Gänseei.«
    »Halb so schlimm. Die merk ich fast nicht mehr.« Pablo hustete vorsichtig. Der Schmerz stach wie mit Messern. »Ich glaub, ich hab mir ein paar Rippen gebrochen.«
    »Da kann man nichts machen, die wachsen von alleine wieder zusammen, sagt Doktor Bernals.«
    Pablo nickte. Er war nicht der erste Patient mit Rippenbrüchen an Bord.
    »Alle Mann ans Großsegel!«
    Pablo stöhnte leise. Manöver an den Segeln waren zu einer höllischen Schinderei geworden. Die Leinwand hatte sich mit Wasser voll gesogen und schien viele Zentner zu wiegen. Sie ließ sich kaum bewegen.
    Die Männer hingen sich in die Seile, zogen, zerrten. Pablo wurde mehrmals schwarz vor Augen. Er war froh, dass er alle halbe Stunde die Ampolleta umdrehen musste und dadurch eine kurze Verschnaufpause hatte. Als er sie das vorletzte Mal umdrehte, sah er, wie der Mann an der Pumpe den Pumpenschwengel losließ und auf den Planken zusammenbrach. Pablo lief zu ihm und drehte ihn auf den Rücken.
    Vor ihm lag sein alter Feind Pedro de Ledesmo, einer der stärksten Männer an Bord, die Augen geschlossen, das Gesicht grauweiß, um die Lippen einen bläulichen Schimmer, ganz offensichtlich ohnmächtig.
    Das ist die Strafe für deine Tritte, dachte Pablo schadenfroh. Und die Strafe dafür, dass du die ganze Zeit hinter mir her bist.
    Er schrie nach Pedros Kumpanen, die den Bewusstlosen an Armen und Beinen packten und in den Steuerraum trugen.
    »Du übernimmst die Pumpe, Pablo«, ordnete der Maat an.
    Gehorsam griff der Junge nach dem Pumpenschwengel. Die letzte halbe Stunde würde er auch noch durchhalten. Vielleicht war das Pumpen sogar weniger schmerzhaft als die Arbeit an den Segeln. Die Bilgepumpe gehörte zu den wichtigsten Teilen des Schiffes und sowohl Zimmermann wie Kalfaterer mussten sie täglich inspizieren. Wenn sie nicht mehr funktionierte, würde man das Leckwasser nicht aus dem Kielraum pumpen können, und dann würde das Schiff über kurz oder lang sinken.
    Als die vier Stunden endlich vorbei waren und er auch noch In Gottes Namen fahren wir gekrächzt hatte, taumelte Pablo in den Steuerraum. Inzwischen tat ihm jeder Atemzug weh. Er hätte im Stehen schlafen können, aber da Esteban und Anton jetzt an die Segel mussten, waren Fernan und Pablo für das Mittagessen zuständig.
    Die Hälfte der Tagesration von einem Liter Wasser, einem Liter Wein, einem Pfund Zwieback holte sich jeder Mann morgens und abends selbst beim Proviantmeister. Mittags wurden den Schiffsjungen für jeden Matrosen 150 Gramm Reis oder Kichererbsen oder Bohnen und 150 Gramm Salzfisch oder Pökelfleisch von Schwein oder Hammel zugeteilt, aus dem sie einen Eintopf zubereiten sollten - wenn das Wetter gut war. Aber die offene Feuerstelle auf dem Oberdeck war schon seit Wochen nicht mehr in Betrieb, weil es unmöglich war, das Holz zum Brennen zu bringen.
    In den letzten Tagen hatten die Jungen den Stockfisch in kaltem Wasser eingeweicht und

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