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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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affabilis.«
    Fernan öffnete die Augen und sah ihn mit leerem Blick an. Dann schloss er sie wieder. Aber seine Lippen bewegten sich.
    Ein dröhnendes Krachen ertönte. Die Schaluppe schoss aus dem Strudel wie von einer Riesenfaust getroffen, bäumte sich auf und kippte in ihre richtige Lage, mit dem Kiel nach unten. Die drei rutschten über die Planken und bekamen wie durch ein Wunder den Rand zu fassen.
    Fernan und Pablo waren so erschöpft, dass sie reglos liegen blieben, obwohl ihre Beine auf einer Ruderbank und Kopf und Oberkörper unter der nächsten lagen. Sie lagen mit geschlossenen Augen da, husteten und spuckten und empfanden dankbar, dass sie die Finger öffnen und erschlaffen lassen konnten und dass ihr Leben nicht mehr davon abhing, wie lang ihre Hände fähig sein würden, das Gewicht ihrer Körper zu halten.
    Pedro richtete sich als Erster auf. »Bei Sankt Nikolaus! Das war ein riesiger Baumstamm. Jetzt hängt er im Strudel fest und dreht sich wie ein Kreisel. Der schlägt alles zu Brei, was ihm in die Quere kommt.«
    Fernan und Pedro sahen sich entsetzt an. Ob er damit die Ertrunkenen meinte? Ob sie noch in dem Strudel gefangen waren? Langsam rappelten sie sich hoch und hockten sich auf die mittlere Ruderbank. Schweigend betrachteten sie die leere Schaluppe.
    Esteban, der gerade gelobt hatte, nie mehr zur See zu fahren... Anton, der so stolz gewesen war auf seine erste Fahrt... Alle Männer aus ihrem Rancho, die seit einem halben Jahr ihre Familie gewesen waren und ihr Zuhause - sie waren verschwunden und würden nie wieder auftauchen.
    Die Jungen falteten die Hände.
    »Der Herr sei ihrer Seele gnädig«, sagte Pablo. »Er sehe ihnen ihre Sünden nach und führe sie zum ewigen Leben.«
    »Und das ewige Licht leuchte ihnen. Amen«, vollendete Fernan das Totengebet.
    Sogar Pedro bekreuzigte sich und sagte Amen.
    Am Abend trug der Admiral den Fluss als Rio del Desastro 56 in die Karte ein.

    Obwohl das schöne Wetter anhielt, blieb die Stimmung an Bord gedrückt. Elf Tote auf einen Schlag, das war ein Verhängnis und gleichzeitig ein schlechtes Omen für die weitere Reise.
    Diego Méndez erbot sich, den Posten des Maats zu übernehmen und mit Fernan und Pablo sowie fünf Freunden aus Sevilla von den drei anderen Schiffen einen neuen Rancho zu bilden. Der Admiral dankte ihm für das Angebot und nahm an. Die gesamte Besatzung war nach den wochenlangen Strapazen derart erschöpft, dass er froh war über jede zusätzliche Hand.
    »Schiff ahoi!«, schrie der Mann im Ausguck.
    Der Admiral gab Befehl, den Kurs zu ändern und den anderen Schiffen zu signalisieren, ihm zu folgen. Alle, die nicht zur Wache gehörten, stürzten zur Reling und blickten aufgeregt über das Wasser.
    »Das ist ja eine Riesenbarke!« Diego Méndez kniff die Augen zusammen. »Fast so groß wie eine Galeere. Mit zehn, nein, mit zwölf Ruderern auf jeder Seite. Die legen ja ein ordentliches Tempo vor. Pass auf, Pablo, jetzt können wir endlich unsere Sprachkenntnisse erproben.«
    Die Barke näherte sich rasch. Sie war das größte Kanu, das Pablo bisher gesehen hatte, überdacht mit einem Sonnenschutz aus geflochtenen Palmblättern, unter dem ein Jüngling und zwölf Frauen mit einigen Kindern saßen. Die Leute schienen Handel treiben zu wollen oder auf dem Weg zu einem Markt zu sein, denn auf dem Kanu waren Berge von Früchten aufgehäuft. Dazwischen standen Gefäße aus hellem und dunklem Holz und aus einem Material, das aussah wie Marmor, und Körbe mit Äxten und Messern, die glänzten wie Kupfer.
    »Ich traue meinen Augen nicht!« Wie immer redete Pedro als Erster. »Die sind ja gar nicht nackt.«
    Und tatsächlich waren sogar die Ruderer mit einem Lendenschurz bekleidet, während der Jüngling einen wadenlangen Rock und einen mit bunten Federn verzierten Mantel trug. Die Frauen waren in bunt gefärbte, bodenlange Hemden gehüllt und hatten außerdem noch bestickte Schals um Kopf und Schultern geschlungen.
    Als die Barke auf Rufweite herangekommen war, ließen die Ruderer die Paddel sinken. Wie verzaubert sahen die Menschen zu den weißen, bärtigen Gesichtern mit den roten Mützen empor - und zu den Pyramiden der weißen Segel über ihnen. Schließlich erhob sich ein alter Mann, der im Heck am Steuer gesessen hatte, und streckte beide Hände in einer Geste der Begrüßung oder Anbetung empor. Der Admiral, der in rotem Samtmantel und federgeschmücktem Barett auf dem Vorschiff stand, wiederholte die Geste.
    »Ich bin der Abgesandte

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