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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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Strömung in die Mitte des Flusses und blickte gespannt zum Ufer.
    »Bist du sicher, Pedro? Ich sehe nichts.« »Bist du blind? Da, unter der Palme!« Der Bordschütze kniete mit gespannter Armbrust im Bug. »Es hat uns noch nicht gewittert. Wir müssen näher ran!«
    In diesem Augenblick traf ein Schlag die Schaluppe, der die Männer fast von den Bänken warf. Pablo und Fernan klammerten sich an ihrem Ruder fest, Esteban und Anton fielen rücklings auf den Boden. Pedros Armbrust polterte auf die Planken. Das schwere Boot begann, sich langsam zu drehen wie ein Blatt.
    »Was ist das?«
    »Heilige Jungfrau, hilf!«
    »Au, mein Fuß! Verdammtes Fass! Es hat mir den Fuß zerquetscht!«
    »Bring uns hier raus, Luis! So tu doch was!«
    Die Männer schrien durcheinander. Der Maat Luis schwankte hin und her und konnte sich kaum auf seinem Sitz im Heck halten. Die Schaluppe drehte sich schneller.
    »Wir sind in einem Strudel«, schrie Pedro. »Rudert, Männer, rudert ums Leben.«
    Aber die Sevillaner hatten die Kontrolle über das Boot schon verloren. Die Gewalt des Wassers war stärker. Die Fässer rollten auf eine Seite, die grünbraunen Wellen schwappten ins Boot.
    »Schmeißt die Fässer über Bord!«, schrie der Maat. »Sie drücken uns nach unten.«
    Die Männer stemmten sich gegen die Fässer, aber die Verlagerung des Gewichtes brachte die Schaluppe noch stärker in Schräglage. Die eine Seite hob sich aus dem Wasser, die Fässer rollten über Bord, doch das half nicht mehr. Das Boot richtete sich zwar wieder auf, aber es hatte schon zu viel Wasser genommen. Es glitt unter den Männern weg und alle landeten im Fluss. Die Fässer trieben mit der Strömung davon.
    »Schwimmt!«, schrie Pedro. »Schwimmt! Das Boot taucht gleich wieder auf!«
    Er kämpfte mit kräftigen Stößen gegen den Strudel, genau wie Pablo und Fernan. Und tatsächlich tauchte die Schaluppe wieder auf, befreit von allem Ballast, aber mit dem Kiel nach oben.
    »Haltet euch fest!«
    Die Jungen krallten sich an das glitschige Holz. Zwei, drei Minuten lagen sie so, die Oberkörper auf dem gebogenen Rumpf, die Füße im Fluss, die Augen blind vom Wasser, hustend und keuchend. Sie spürten, wie das Boot sich unter ihnen bewegte und wie eine Welle nach der anderen über ihre Körper spülte.
    »Verdammt!«, krächzte Pedro. »Wo sind die anderen?«
    Wie als Antwort auf seine Frage tauchte Estebans roter Schopf aus dem Strudel auf. Der Junge stieß einen gurgelnden Schrei aus und reckte eine Hand Hilfe suchend in die Höhe, aber ehe einer der drei sie packen konnte, wurde Esteban wieder in die Tiefe gezogen.
    »So schwimm doch! Schwimm, du Idiot!«, schrie Pedro.
    »Er kann nicht schwimmen«, keuchte Pablo. »Sie können alle nicht schwimmen.«
    Beklommen suchten sie die Wasseroberfläche mit den Blicken ab, aber kein Kopf, keine Hand, kein Körper tauchte auf. Nach einigen Minuten wussten sie, dass weiteres Suchen zwecklos war. Der Fluss hatte sich elf Opfer geholt.
    Die Schaluppe drehte sich unaufhörlich wie ein Rad. Das Wasser kreiste und gurgelte und bildete eine gerillte, sich drehende, viele Meter breite Scheibe auf der Oberfläche des Flusses - mit einer trichterförmigen Vertiefung in der Mitte. Wenn das Boot sich dieser Stelle näherte, schlug der Strudel über ihm zusammen. Dann bockte es wie ein Pferd und kam mit einem Satz in die Höhe, der die drei fast vom Rumpf schleuderte. Jedes Mal schluckten sie Wasser und wurden von Hustenanfällen geschüttelt, wenn sie wieder auftauchten.
    Fernan fühlte, wie seine Arme lahm wurden.
    »Ich kann nicht mehr«, japste er.
    »Pack zu!«, knurrte Pedro. »Oder willst du ersaufen?«
    Die Schaluppe drehte und drehte sich. Pablo musste an die Sklaven im großen Rad des Hafenkrans von Sevilla denken, die es den ganzen Tag lang in Bewegung zu halten hatten. Wie lange steckten sie jetzt schon in diesem Strudel? Es kam ihm vor wie Stunden.
    Er fühlte sich so schlapp wie ein nasser Lappen. Die Planken drückten schmerzhaft gegen seine lädierten Rippen. Er biss die Zähne zusammen. Clamamus e profundis, tuere nos in undis, o lux affabilis , betete er lautlos. Die Mutter Gottes hatte ihn doch wohl nicht aus dem Hurrikan errettet, um ihn in einem Fluss ertrinken zu lassen?
    Fernan neben ihm hatte den Kopf auf die Planken gelegt und die Augen geschlossen. Auf einmal begann er zu schluchzen.
    »Du musst beten, Fernan«, krächzte Pablo. »Los, bete mit! Clamamus e profundis, tuere nos in undis, o lux

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