Das Gold des Columbus
Vaters und seines göttlichen Sohnes klar zu machen. Aber von dieser Aufgabe fühlten sich die beiden überfordert.
Sie begnügten sich zunächst damit, die ersten Vokabeln der neuen Sprache zu lernen. Der Dolmetscher zeigte auf Haare, Stirn, Augen, Nase, Mund, ließ sich die Bezeichnungen sagen und schrieb sie in beiden Sprachen in sein Wörterbuch. Die Seiten füllten sich rasch. Sie sprachen Yumbeh die Worte vor wie eine Litanei, damit er ihre Aussprache verbessern und einfache Sätze daraus bilden konnte.
Die Haare sind auf dem Kopf. Mit dem Mund trinkt man Wasser. Die Hände braten den Fisch.
Denn das war die einzige Nahrung, die Yumbeh zu sich nahm. Jeden Abend hingen die Matrosen ihre Schleppangeln über Bord. Frische Fische waren eine beliebte Abwechslung auf dem eintönigen Speiseplan und sagten auch dem Indianer zu.
Diego Méndez und Pablo lernten rasch. Es gab durchaus Gemeinsamkeiten mit der Sprache von Española und vieles konnte man auch durch Gesten deutlich machen. Nach einer Woche erstattete der Dolmetscher dem Admiral Bericht. Fernan saß mit gespitzter Feder am Tisch, aber der Vater hatte ihn angewiesen, noch nicht mitzuschreiben. Er will erst den ganzen Bericht hören und dann entscheiden, welcher Teil für das offizielle und welcher für das geheime Tagebuch geeignet ist, dachte Fernan.
»Es gibt ein großes Reich im Landesinneren. Juan nennt es Ciguare. Die Menschen dort müssen unermesslich reich sein, denn sie tragen mit Gold und Perlen bestickte Gewänder, Armbänder, Fußspangen und Kronen aus Gold, Gehänge aus Perlen und Korallen. Sie beschlagen sogar Stühle und Tische und Truhen mit Gold. Es gibt viele große Städte in diesem Reich, durchzogen von breiten Flüssen, umgeben von Mauern, und alle Dächer der Häuser sind aus Gold. Man treibt Handel auf Märkten und Messen. Es gibt auch Häfen voller Schiffe, die um vieles größer sind als unsere Schiffe. Die Menschen sprechen eine andere Sprache. Sie haben Soldaten, die bewaffnet sind mit Schleudern, Pfeilen und Bogen, Schwertern und Panzern. Sie bilden ein Heer, das so groß ist, dass alle Nachbarn es fürchten.«
Voller Spannung hörte der Admiral ihm zu. »Ciguare? Das kann nur Cipango sein. Wer weiß, wie sich die Vokale in den örtlichen Dialekten verwischen. Wer weiß auch, ob Marco Polo die Namen völlig korrekt wiedergegeben hat. Einer der breiten Flüsse könnte der Ganges sein und das riesige Heer gehört dem Herrscher aller Herrscher, dem Groß-Khan.« Er atmete tief und unterdrückte nur mühsam seine Erregung. »Hat er gesagt, wie weit es noch ist?«
»Er meint, es sind nicht mehr als zehn Tage. Zehn Tage hin und zehn Tage zurück.« Diego Méndez zögerte. »Aber der Weg führt über Land. Es ist auch kein richtiger Weg, nur ein Pfad, der schwer zu finden ist. Er kennt ihn nur vom Hörensagen, weil er noch nie in diesem Land gewesen ist. Der Pfad führt durch dichten Wald und über hohe Berge. Wenn man die überwunden hat, erblickt man ein anderes Meer. An dem liegt Ciguare.«
»Ein anderes Meer? Das hab ich gewusst!« Es klang wie ein Triumphschrei. »Ich hab es gewusst, Señor Méndez. Ich kann es förmlich riechen, das andere Meer. Es ist nicht weiter von uns entfernt als Pisa von Venedig. Und es muss eine Durchfahrt geben, davon bin ich überzeugt. Ihr habt die Leute in der Barke gesehen! Sie unterscheiden sich von allen, die ich auf meinen Fahrten bisher entdeckt habe. Sie tragen Kleider. Sie besitzen Waffen. Und sie wissen so viel von diesem Reich, dass sie es kennen müssen. Sie treiben Handel mit ihm, darauf würde ich wetten, wenn ich wetten würde. Und für diesen Handel ziehen sie bestimmt nicht drei Wochen lang durch Gebirge und Urwälder. Das will Juan mir weismachen, um mich abzuschrecken, aber das glaube ich nicht. Er saß in einem Kanu, Señor Méndez. Und das beweist, dass es eine Wasserstraße gibt. Und ich werde sie finden.«
Er hatte sich in eine fieberhafte Erregung geredet. Fernan betrachtete ihn besorgt. Er wusste, dass sich der Vater vor der Mannschaft den Anschein gab, als ob er wieder ganz gesund wäre, obwohl er die Finger kaum noch krümmen konnte vor Schmerzen und ihm das Gehen schwer fiel.
»Es liegt mir fern, daran zu zweifeln, Herr Admiral. Ihr werdet die Straße finden, denn Ihr seid der größte Seemann, den die Welt je gesehen hat.«
Fernan sah, wie das Gesicht seines Vaters sich entspannte, wie er sich auf den Tisch stützte und sich dann langsam auf den festgeschraubten Stuhl
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