Das Gold des Columbus
der Notar leise. »Reines, massives Gold, fast fingerdick. Wenn’s hier noch mehr davon gibt, brauchen wir vorläufig nicht mehr weiterzusuchen.«
Die Indianer luden für den Abend zu einem Fest ein. Der Admiral antwortete mit einer Einladung auf die Schiffe. Inzwischen hatten sich hunderte von Eingeborenen am Strand versammelt. Als Yumbeh übersetzt hatte, stürzten sie sich in die Lagune, schwammen zu den Schiffen hinüber und kletterten an den Ankerketten empor.
»Schärft Euren Männern Folgendes ein: Für jeden Diebstahl gibt es die neunschwänzige Katze 57 . Für jede Vergewaltigung das Kielholen.« Der Admiral sah die Kapitäne durchdringend an.
»Zu Befehl, Herr Admiral«, sagten die vier wie aus einem Mund.
Als der Admiral und seine Begleiter die Strickleiter hinaufstiegen, schwärmten die Indianer schon über die Decks wie eine Schar schnatternder, kichernder Kinder. Sie untersuchten alles mit größter Neugier und völligem Unverständnis, nur von Diablo hielten sie sich ängstlich fern, der in seinem Käfig raste und heulte und sich an seiner Leine fast erwürgte. Schließlich trauten sie sich auch an die Matrosen heran, betasteten ihre Kleider, zupften an ihren Bärten, befühlten ihre Stiefel.
Besondere Neugier erregten die glänzenden Brustpanzer der Bordschützen und ihre Waffen. Ein Mann zog Pedros Schwert aus der Scheide, ein anderer griff mit beiden Händen danach und stieß einen lauten Schrei aus, als das Blut aus seinen Fingern quoll. Er hielt seine Hände in die Höhe und schrie weiter. Im Handumdrehen waren alle Besucher über die Reling gesprungen und schwammen zum Ufer.
»Sie wissen nicht mal, was ein Schwert ist«, sagte Pedro verächtlich. »Die werden sich bestimmt nicht an uns rantrauen. Überhaupt ziemlich mickrige Gestalten, wenn ihr mich fragt. Vor allem die Frauen. Nicht gerade das, wovon ein Mann träumt.«
»Nur keine übersteigerten Ansprüche, Pedro.« Sein Kumpan Alejo stieß ihn in die Seite. »In der Not frisst der Teufel Fliegen. Wir haben schließlich seit den Kanaren keinen Hafen mehr gesehen.«
»Na, auf den Kanaren war’s in dieser speziellen Hinsicht auch nicht toll. Da hätte noch die bärtige Austernverkäuferin aus Sevilla mit der Warze eine Chance gehabt.« Pedro säuberte sein Schwert und steckte es wieder in die Scheide. »Hoffentlich können die Halbaffen wenigstens kochen. Noch lieber wäre mir allerdings ein richtig schöner Rausch. Aber das ist wohl zu viel verlangt.«
»Dir wird auch ohne Schnaps gleich Hören und Sehen vergehen. Ab sofort ist jede Wache meinem Kommando unterstellt. Befehl vom Admiral«, rief der Kalfaterer Felipe. »Diese verdammten Schiffswürmer fressen die Capitana auf.«
Die Männer trauten ihren Augen nicht, als Felipe mit ihnen in den Lade- und in den Kielraum hinunterkletterte und mit Laternen die Bordwände ableuchtete. Nicht nur in die Fugen zwischen den Planken, sondern sogar in die dicksten Bohlen hatten die Schiffswürmer fingerdicke Löcher gebohrt, durch die das Wasser sickerte. Den ganzen Tag arbeiteten die Männer unter Felipes Anleitung mit Werg und Pech.
Am Abend drängten sich die Seeleute um das lodernde Feuer am Strand. Wahre Berge von geröstetem Fleisch und Fisch drehten sich dort an langen Spießen, rote und weiße Bohnen dampften in Kesseln, brotähnliche Fladen und fremdartige Früchte lagen auf Holzbrettern.
Fernan war vorsichtig und kostete von allen Speisen zunächst nur ein kleines Stück. Das schmeckte nach Gans. Und das nach Huhn oder Taube. Und das ganz eindeutig nach Kalb, bloß fetter und eigentlich noch besser. Aber es gab doch kein Vieh auf den indischen Inseln? Er fragte Pablo.
»Keine Ahnung. Ich hab noch nie Kalb gegessen.« Pablo leckte das Fett von den Fingern. »Bei uns gab’s höchstens mal ein Huhn. Aber es schmeckt toll. Was ist das, Yumbeh?«
»Großer Fisch. So groß!« Er zeigte mit den Händen die Umrisse eines ausgewachsenen Schweins. »Frisst Gras im Meer und am Ufer 58 .«
»Hm. Und das hier ist noch zarter. Und das schön knusprig.« Fernan fing an zu würgen, als er begriff, dass er gerade gekochte Würmer und geröstete Spinnen gegessen hatte.
»Stell dich doch nicht so an!« Pablo aß ungerührt weiter. »Bei rohen Austern würgst du doch auch nicht. Iss einfach, was dir schmeckt, und frag nicht, was es ist.«
Aber Fernan war der Appetit vergangen. Auch das bierähnliche Getränk in den großen Kalebassen mochte er nicht versuchen. »Am Ende haben sie hineingespuckt
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