Das Gold des Columbus
oder -gepinkelt, um es zum Gären zu bringen.«
Pablo hielt sich ebenfalls lieber an die süßen, saftigen Früchte in den stacheligen Schalen 59 . Aber die Matrosen stürzten sich auf das Bier. Schon fingen einige an, Seemannslieder zu grölen, als eine Gruppe von Kriegern sie schlagartig zum Verstummen brachte. Sie waren bewaffnet mit Pfeil und Bogen, mit langen Holzspeeren mit knöchernen Spitzen, mit Keulen und Knütteln. Ihre Gesichter und Körper waren schwarz und rot bemalt, einige hatten Vogelschnäbel vorgebunden. Im zuckenden Schein des Feuers, zum dumpfen Dröhnen von Trommeln und Muschelhörnern begannen sie einen wilden Tanz.
»Ob sie sich wohl für schön halten?«, fragte Fernan schaudernd. »Sie sehen aus wie die Teufel in der Hölle.«
Langsam tanzte eine lange Reihe von Frauen auf die Flammen zu, bildete einen Kreis um die tanzenden Krieger und verschwand dann mit wiegenden Schritten im Urwald. In die dicht gedrängt sitzenden Matrosen kam Bewegung. Verstohlen schoben sich einige an den Rand der Gruppe, bis sie sich außerhalb des Lichtkreises befanden, und verschmolzen mit den Schatten. Die Trommeln pochten lauter, die Muschelhörner dröhnten. Die wirbelnden Körper der Krieger schienen sich in ein groteskes Fabeltier mit zuckenden Armen und Beinen zu verwandeln.
Der Admiral erhob sich plötzlich und trat ans Feuer. Er löste den roten Mantel von den Schultern und schwang ihn wie eine gewaltige Flamme um sich herum. Trommeln und Muschelhörner verstummten, die Tänzer standen reglos. In der plötzlichen Stille ertönten aus dem Urwald Geräusche von brechenden Ästen und rauschenden Zweigen, das Schreien und Gurren von Nachtvögeln - und leise menschliche Stimmen.
»Wir danken für die Gastfreundschaft«, sagte der Admiral förmlich.
Auf den Schiffen sangen vier Stimmen den Psalm des Wachwechsels. Die Männer gingen zu den Schaluppen. Aber einige blieben am Feuer zurück.
Auch Pablo zögerte. »Wäre das nicht schön, im weichen Sand zu schlafen?«
»Ich bleibe hier nicht«, erklärte Fernan bestimmt. »Irgendwie ist es unheimlich. Und wir haben die nächste Wache. Ich hab keine Lust, zum Schiff zu schwimmen.«
Im blassen Mondlicht am Strand sahen die Jungen, dass viele Matrosen die erste Gelegenheit seit Monaten für einen Landgang genutzt hatten. Auch die vier Bordschützen der Capitana fehlten.
kapitel 9
Y umbeh reckte sich und pflückte eine birnenförmige, etwa apfelgroße Frucht vom Baum. Er reichte sie Pablo. »Essen! Gut!«
Pablo biss hinein. Die Frucht schmeckte zart und süß, wie ein Pfirsich oder eine Honigmelone 60 .
»Gut«, bestätigte er.
Zusammen pflückten sie weitere Früchte und legten sie in den geflochtenen Korb, der zu Beginn der Reise Zwiebeln enthalten hatte. Es lagen bereits die Knollen mit den grünlich braunen oder violetten Schuppen und der stachligen Blätterkrone darin, die Pablo auf dem Fest der Indianer zum ersten Mal gegessen hatte.
Jetzt zeigte Yumbeh auf eine leuchtend grüne Frucht von der Größe eines Gänseeis 61 . Er halbierte sie und reichte Pablo eine Hälfte, den hühnereigroßen Kern warf er unter die Bäume.
»So essen. Gut.«
Pablo machte es ihm nach und lutschte das Fruchtfleisch aus der Schale. Es zerging auf der Zunge und schmeckte wie Maronenmus.
»Sehr gut!«, sagte er.
Sie legten die Früchte zu den anderen in den Korb. Plötzlich erhob sich hinter den Büschen ein lautes Geschrei von schrillen indianischen Stimmen, die das Lärmen der Vögel und Affen noch übertönten. Dann brüllte ein Spanier wütend: »Verschwinde, du Halbaff, oder du kriegst ein Messer in die Rippen!«
Das Geschrei wurde noch lauter und ging in Heulen über.
»Und du hältst jetzt endlich das Maul, du blödes Weibsstück, sonst drücke ich dir die Kehle zu.«
Das Heulen brach plötzlich ab.
Yumbeh stand da wie eine Säule. Pablo drehte den Kopf hin und her und horchte. Er hätte nicht sagen können, aus welcher Richtung die Stimmen gekommen waren. Er konnte doch nicht aufs Geratewohl in den Urwald rennen!
»Yumbeh«, flüsterte er drängend. »Wo?«
Yumbeh schüttelte schweigend den Kopf. Er stellte den Früchtekorb hinter einen dichten Busch und zog auch Pablo dorthin, sodass die Zweige sie ganz verdeckten. Nach einiger Zeit kam der Bordschütze Alejo den schmalen Pfad herunter. Er machte ein finsteres Gesicht und säuberte sein blutverschmiertes Messer mit einem Grasbüschel, wobei er vor sich hin schimpfte.
Pablo verstand nur: »Widerspenstiges
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