Das Gold des Columbus
geheimnisvoll und unheimlich. Es roch nach Fäulnis und Moder. Immer wieder wandte ich mich um, ob wohl anschleichende Indianer zu erkennen waren, denn ich rechnete jede Minute mit einem Überfall. Aber nichts geschah. Wir erreichten unbehelligt eine Lichtung. Und dort funkelte der Boden in der Sonne. Gold war überall! In der Erde, in Steinbrocken, unter Baumwurzeln, in kleinen Gängen und Höhlen, die in den Boden getrieben waren. Die Männer stürzten sich darauf, gruben mit Messern, mit Schwertern, mit den bloßen Händen. In einer halben Stunde hatte jeder mehr gesammelt, als er tragen konnte.«
»Ich fragte die Führer, wie weit diese Art Erde reichte. Und sie sagten...« Diego Méndez machte eine Kunstpause. Fernan hörte, dass sein Vater schwer atmete. »Sie sagten: ›Mehr als zwanzig Tagereisen lang!‹ Ist das zu fassen? Ein Umfeld von mehr als zwanzig Tagereisen ist eine einzige Goldmine! Und wir können uns dort nach Herzenslust bedienen. Wir können die Schiffe füllen bis zum Rand. Selbst wenn wir eine Flotte von zehn, von fünfzehn oder sogar von dreißig Schiffen hätten, das Gold von Veragua wäre nicht zu erschöpfen.« Diego Méndez beugte sich vor und wühlte mit beiden Händen in den Goldklumpen im Korb.
Fernan hatte seinen Onkel noch nie so strahlen sehen. »Wir schleppten unsere Last zurück durch den Urwald. Ich befürchtete immer noch, dass der Quibian Schwierigkeiten machen würde, aber er war genauso freundlich und großzügig wie am Abend zuvor und lud uns ein, jederzeit wiederzukommen. Ich glaube wirklich, die Gier nach Gold macht einen so misstrauisch, dass man einen Freund für einen Feind hält. Hier, das schickt er dir als Dank für dein Geschenk.« Bartolomé Colón griff in seine Jacke und überreichte seinem Bruder einen Reif, der aus vier dicken Goldsträngen geflochten war.
Der Admiral untersuchte ihn und wog ihn in der Hand. »Das scheint tatsächlich pures Gold zu sein. Der ist ein Vermögen wert.« Er erhob sich und drückte ihn dem Adelantado auf den Kopf. »Ich danke dir, Bruder. Jetzt hat die hohe Reise endlich ihr Ziel gefunden. Die Quälereien der letzten Monate sind wunderbar belohnt worden. Ich habe jetzt allen Grund, die Suche nach dem direkten Weg nach Cipango auf eine spätere Reise zu verschieben. Schon morgen werde ich eine regelmäßige Verbindung zu den Goldminen einrichten.« Er stieß ein kurzes, raues Lachen aus. »Ich werde die Könige mit Gold überschwemmen. Ich werde alle Mäuler am Königshof, die mich verleumden, mit Gold stopfen. Zu meinen Füßen werden sie liegen und darum winseln, dass mein Goldregen auch auf sie fällt.«
Draußen war die plötzliche Dunkelheit der Karibik herabgefallen wie ein schwarzes Tuch. Die Tiere des Urwalds lärmten noch einmal und waren dann still. Es klang wie eine höhnische Antwort auf das Lachen des Admirals.
kapitel 10
P ablo ließ den Knüppel sinken, mit dem er versuchte, einen angespitzten Balken in den Boden zu treiben, und horchte.
Am Flussufer dröhnten Äxte, krachten niederbrechende Baumstämme, schrien die Matrosen und Soldaten durcheinander, die mit dem Bau der Niederlassung Belén beschäftigt waren. Der Goldstrom aus den Minen von Veragua riss seit Wochen nicht ab und füllte die Laderäume der Karavellen. Der Admiral hatte beschlossen, den Großteil der Männer und die Gallega in der neu erbauten Siedlung zurückzulassen. Die drei anderen Schiffe sollten mit kleinster Besatzung aufbrechen, um das Gold nach Spanien zu bringen und um Siedler und Handwerker herbeizuholen, vor allem Minenarbeiter, die den unerschöpflichen Reichtum in den Goldfeldern sachkundig abbauen konnten.
Obwohl nur zwei Zimmerleute und entsprechend wenig Werkzeuge zur Flotte gehörten, hatten die Männer es fertig gebracht, in den Märzwochen ein kleines Fort mit zehn Hütten und einem stabilen Zeughaus zu errichten, in dem Munition, Waffen und Lebensmittel aufbewahrt werden sollten. Als zusätzliches Lagerhaus für Wein, Zwieback, Knoblauch, Essig und Käse sollte die Gallega dienen; auch Angeln, Reusen und Netze waren dort untergebracht. Fluss und Meer wimmelten nur so von Fischen.
Pablo strengte seine Ohren an. Neben dem Lärm auf der Baustelle war noch ein anderes Geräusch zu hören, ein dumpfes Pochen, so gleichmäßig, dass Pablo einige Augenblicke lang glaubte, seinen eigenen Herzschlag zu hören. Nein, es war doch nicht gleichmäßig. Wenn man genau zuhörte, erkannte man einen Rhythmus: Tom - tom - tom, tom, tom. Tom
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