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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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Spazierfahrt wäre. »Wir werden dem König Quibian einen Besuch abstatten und uns erkundigen, ob das wirklich stimmt. Ich fürchte nämlich, sie haben es nicht auf den Feind im Norden abgesehen, sondern auf uns. Warum sonst sollten sie sich alle an der Küste versammeln?«
    »Auf uns?« Fernan verschluckte sich vor Schreck und hustete. »Aber... aber der König hat uns doch erlaubt, nach Gold zu graben.«
    »Das hat mich vom ersten Augenblick an sehr verwundert. Denn sie schätzen das Gold durchaus, sie machen schließlich Amulette und Schmuck und kultische Gefäße daraus. Natürlich hat es nicht denselben Wert für sie wie für uns, für sie ist es einfach etwas Schönes und Glänzendes, so wie Glasperlen und Falkenglöckchen auch.« Der Dolmetscher zwirbelte nachdenklich seinen Bart. »Aber darum geht es jetzt gar nicht, glaube ich. Er hat uns nie erlaubt, dass wir uns hier niederlassen. Wir besetzen sein Land und belästigen seine Untertanen. Einige Matrosen führen sich schon wieder genauso auf wie auf der Insel. Dabei hat sie doch der Admiral so eindringlich gewarnt.«
    Pablo betrachtete ängstlich den undurchdringlichen Urwald, der den Fluss einschloss wie eine Mauer. Hoch über dem Wasser hatten sich die Zweige der Bäume ineinander verflochten, das Kanu glitt durch einen dunkelgrünen Tunnel. Die Indianer tauchten die Paddel so schnell und lautlos ins Wasser, dass man kaum merkte, dass sie gegen die Strömung fuhren. Manchmal tat sich am Ufer eine Lichtung auf, dann sah man eine lange Reihe von Kriegern, die im Gänsemarsch hintereinander herhuschten, ohne das Kanu zu beachten. Sie trugen Pfeil und Bogen, Speere und Keulen.
    »Aber... dann sind sie doch unsere Feinde?« Pablo duckte sich unwillkürlich. »Ist es dann denn nicht gefährlich, zu ihrem König zu gehen?«
    »Wir kommen zu dritt. Ein unbewaffneter Mann und zwei Jungen. Und sie sind tausende«, sagte Diego Méndez ruhig. »Sie werden uns nichts tun. Die Gastfreundschaft ist ihnen heilig. Sie werden uns höchstens einladen, bei ihnen zu bleiben. Ich habe den Adelantado gebeten, uns mit seinen Männern zum König Quibian zu folgen, wenn wir bis morgen Abend nicht wieder zurück sein sollten. Die werden uns dann schon herausholen.«
    An einer Flussbiegung vertäuten sie das Kanu und setzten ihre Reise durch den Urwald fort. Pablo begriff nicht, woran ihre Führer erkannten, wie sie gehen mussten. Er hatte das Gefühl, als ob man sich nur mit einer Axt einen Weg bahnen könnte, aber die Indianer fanden in dem undurchdringlich scheinenden Gewirr aus Lianen und mannshohen Farnen immer einen Durchschlupf.
    Das Dickicht war durchsetzt mit toten Bäumen und abgestorbenen Ästen, aus denen frische junge Pflanzen wucherten. In seinem Rücken und vor sich hörte Pablo die Tritte von Fernan und Señor Méndez. Ihre Stiefel quatschten in der dicken, feuchten Laubschicht am Boden. Pablo verdrängte den Gedanken an Leguane, Schlangen, Panter und andere wilde Tiere, von denen die Indianer ihnen erzählt hatten. Die Luft war erfüllt vom Geschrei fremder Vögel, vom durchdringenden Surren der Moskitos, vom dumpfen Quaken der Frösche. Er atmete auf, als sie endlich eine Lichtung im Dschungel erreichten, auf der etwa dreißig Hütten standen.
    »Das ist nur ein Teil des Dorfes«, murmelte der Dolmetscher. »Sie leben nicht gerne eng aufeinander, ähnlich wie die Basken. Haltet euch jetzt dicht hinter mir und tut nur, was ich euch sage.«
    Der Führer stieß einen lauten Ruf aus und sofort waren die drei umgeben von Männern und Kindern jeden Alters. Die Frauen lugten aus den Hütten. Señor Méndez ging, ohne rechts und links zu blicken, auf das große, frei stehende Häuptlingshaus zu, das von mehreren Kreisen aus Pfählen umgeben war. Pablo unterdrückte mit Mühe einen Schreckensruf. Auf den Pfählen steckten blanke menschliche Totenschädel. Hatte Señor Méndez nicht behauptet, die Indianer wären so friedlich und gutartig wie Kinder?
    Die Frauen und Mädchen, die um das Haus herum gespielt und gearbeitet hatten, retteten sich mit lautem Kreischen und Schreien ins Innere. Stattdessen erschien ein junger Mann, der Diego Méndez mit wütendem Gesicht anschrie. Der würdigte ihn keines Blickes, ließ sich auf einem Baumstumpf nieder und zog langsam einen Kamm und eine Schere aus der Tasche.
    »Pablo! Du spielst jetzt Frisör. Mit möglichst auffallenden Gesten, bitte!«
    Pablo ergriff den Kamm, hielt ihn in die Höhe, betrachtete ihn nachdenklich, nahm eine

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