Das Gold des Columbus
nach Spanien bringen. Deshalb bin ich derzeit der wichtigste Mann an Bord, was mir gar nicht gefällt, das könnt ihr mir glauben. Ich wünschte, ich hätte einen Kollegen. Wie kann man bloß für vier Karavellen nur zwei Kalfaterer anheuern? Eigentlich gehören mindestens zwei auf jedes Schiff, jedenfalls bei der indischen Flotte.«
»Weil der königliche Kämmerer gespart hat«, sagte Fernan. »Schiffsjungen sind billiger als Offiziere und Handwerker!«
»Man hätte besser an anderer Stelle gespart«, murrte Felipe. »Zu was sind all die Diener für die hohen Herrschaften gut? Wenn die Schiffe absaufen und wir uns hier im Urwald niederlassen müssen, dann sind Diener zu gar nichts nutze.«
»Absaufen?«, fragte Pablo. »Wie meinst du das?«
»Junge, hast du keine Augen im Kopf?« Felipe schlug mit der Faust gegen eine Fuge und hielt die Laterne davor. Der Abdruck seiner Knöchel war deutlich zu erkennen. »Das ist keine Planke mehr, das ist ein besserer Schiffszwieback. Bröckelt unter Druck. Alle Indienfahrer wissen, dass es hier Schiffswürmer gibt. Die Biester sind noch gefräßiger als Kaninchen und vermehren sich noch schneller. Eine Kaninchenfamilie kann in wenigen Jahren ein ganzes Gut ruinieren. Deshalb bin ich doch Seemann geworden. Meine Eltern hatten einen kleinen Hof in der Estremadura 67 , aber die Biester haben alles ausgehöhlt und kahl gefressen.«
»Können wir nicht ein neues Schiff bauen?«, schlug Fernan vor. »Señor Quintero hat erzählt, dass sie das auf der zweiten Fahrt gemacht haben. Die India war das.«
Felipe schnaubte. »Auf der zweiten Fahrt sind hunderte von Handwerkern mitgefahren mit all ihren Werkzeugen. In unserer Flotte gibt es bloß zwei Zimmerleute. Die würden Monate brauchen, um allein das Bauholz zu fällen, und dann - ach was, es lohnt nicht, darüber zu reden. Das ist Schwachsinn. Wir haben ja nicht mal Segelmacher.«
Am Abend des nächsten Tages tauchten die beiden Schaluppen in der Biegung des Rio Belén auf. Die Sonne verschwand schon hinter den Baumwipfeln, färbte den Fluss und verwandelte das Wasser unter den Kielen in Gold. Die Soldaten schlugen mit den Schwertern gegen die Schilde, immer im selben Rhythmus, um das Geschrei der Ruderer zu unterstützen: »Wir haben Gold! Wir sind reich! Wir haben Gold! Wir sind reich!«
Fernan saß schon mit gespitzter Feder am Tisch in der Kajüte, als sein Onkel Bartolomé und Diego Méndez eintraten, gefolgt von einem Soldaten, der einen großen Korb vor den Tisch schleppte und dort abstellte.
Bartolomé umarmte den Admiral und drückte ihn an sich. »Du bist gerechtfertigt, Bruder. Du bist kein Träumer, kein Fantast. Alles ist eingetroffen, so wie du es vorausgesagt hast. Als König Salomon den Tempel baute, hat er nicht mehr Gold gehabt als wir jetzt.«
Der Admiral schloss einen Herzschlag lang die Augen und faltete die Hände. »O Du mein Gott, ich danke Dir«, flüsterte er. »Mit dem Schlüssel, den Du mir gegeben hast, öffnete ich die Bande des ozeanischen Meeres, die mit so festen Ketten geschlossen waren. Du gabst mir die indischen Lande zu Eigen und verliehst mir die Macht, sie zu verteilen, wie es mir gefiel. Und jetzt lässt Du mich alle Reichtümer Asiens finden.«
Er öffnete die Augen. Diego Méndez hob schweigend den Deckel vom Korb. Er war bis an den Rand gefüllt mit Goldklumpen in allen Größen.
»Erzählt!«, befahl der Admiral. »Und du schreibst noch nicht, Fernan. Ich will erst alles wissen.«
»Wir ruderten den Fluss Veragua hinauf, bis wir die Residenz des Quibian fanden. Es ist eine sehr große Siedlung. Ich zählte mehrere dutzend Hütten, aber es müssen noch viel mehr sein, denn sie liegen weit verstreut. Wir wurden zum König geführt und Señor Méndez sprach mit ihm.«
»Er hat mich Alter Adler genannt. Wahrscheinlich wegen meiner Nase. Und er war sehr erfreut über unsere Gastgeschenke«, fuhr der Dolmetscher fort. »Er bestätigte alle Angaben des Kaziken über die Zahl seiner Untertanen und Krieger und über die Goldfelder. Er erklärte sich bereit, sie uns zu zeigen, und erlaubte uns sogar, dort zu graben, so viel wir wollten. Er bewirtete uns und alle Männer reichlich und gab uns am nächsten Morgen drei Führer mit.«
»Ich muss dir gestehen, Bruder, dass ich mich selten so unbehaglich gefühlt habe wie auf diesem Marsch durch den Urwald.« Jetzt sprach wieder der Adelantado. »Kein Weg war zu erkennen, nicht einmal ein Trampelpfad. Ein grünes Dämmerlicht herrschte,
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