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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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klang ehrfürchtig. »Wie soll man in diesem Labyrinth einen Mörder finden!«
    »Denk an ein Spinnennetz«, sagte Bomilkar. »Irgendwo sitzt die schwarze Spinne, die das Blut von Lavinius und Tuzut getrunken hat. Wenn wir wissen, wem solches Blut schmeckt, müssen wir noch den Faden finden, der ins Herz des Netzes führt.«
    »Klingt ganz einfach.« Laetilius deutete nach Osten, jenseits der Stadt, wo vier Kriegsschiffe – schwere Dreidecker –
wie ungeheure Käfer über das Wasser der Bucht krochen, umwimmelt von kleineren Schiffen und Booten: Händler, Fischer, Lastkähne, zwei Fähren, die zwischen der Stadt und den Häfen am Ostufer der Bucht, zu Füßen des Zwei-Horn-Bergs, verkehrten. »Vielleicht sitzt deine Spinne auf einem Schiff, oder in einem der zweifellos üppigen Häuser da drüben. Und vielleicht haben viele verschiedene Spinnen Hunger und Durst.«
    Bomilkars Magen knurrte, fast dröhnend; die beiden lachten. »Sehr passend; abgesehen von Nederbals köstlichem Wasser haben wir seit dem Morgen nichts zu uns genommen. « Er wies hinab zum Markt. »Wenn wir nachher Arish gegenübertreten, sollten unsere Mägen nicht seine würdigen Reden übertönen.«
    »Willst du, daß ich mitkomme zu Arish?«
    »Er hat dafür gesorgt, daß du hergeschickt wirst; dann soll er selbst dir sagen, daß alles nur ein kurzer Witz war.«
    »Wirst du über den Witz lachen?«
    »Höchstens schmunzeln.«
    »Wie wichtig ist Arish? Und welche Bedeutung hat Hanno?«
    »Erzähl ich dir unterwegs. Komm, laß uns etwas essen. Oder willst du noch die Waffenschmieden sehen? Die sind teils hier im Wall, teils drüben neben den Ställen.«
    »Was gibt’s da noch?«
    »Was du willst. Wagenbauer, Lederwerker, Dirnen, Kinder, Vorräte; ah, und die größten Latrinen des bewohnten Kosmos. Angeblich können bis zu dreitausend Mann da gleichzeitig scheißen.«
    »Danke, lieber würde ich etwas essen.«
    Auf dem langen Weg vom Turm hinab, die Mauer entlang zur nächsten Treppe an der Innenseite, hinunter zur Straße, versuchte Bomilkar sich an einer knappen Darstellung dessen, was Hanno der Große und sein Gefolgsmann Arish für die Stadt bedeuteten.

    Hanno, sagte er, sei der reichste und mächtigste der Grundherren, die schon immer die Mehrheit im Rat besessen und die Geschicke der Stadt bestimmt hätten. Er gelte als bedenkenlos, was den Umgang mit gewöhnlichen oder politischen Feinden angehe. Im Römischen Krieg – Laetilius unterbrach: »Wir nennen ihn den Punischen Krieg, natürlich« – habe Hanno einige Fehler gemacht; vor allem habe er den Gegner falsch eingeschätzt.
    »Inwiefern?«
    »Er und seine Parteigänger, Verfechter der alten Ordnung und des alten Vorrangs des Grundbesitzes gegenüber dem Handel, waren der Meinung, Rom sei ein Gegner wie jeder andere; und wie wir nach all den Kriegen gegen Hellenen, auf Sizilien und anderswo, immer wieder zu Friede und Ausgleich gelangt sind, werde es auch mit den Römern gehen.«
    »Aha.« Laetilius nickte; er wirkte ein wenig belustigt.
    »Deshalb haben die Alten, nennen wir sie einmal so, im fünfzehnten Kriegsjahr, als wir eure beiden Flotten versenkt hatten, unsere große Flotte verfallen lassen und sich damit beschäftigt, Unruhen im Hinterland niederzuschlagen – Unruhen, die natürlich ihre Ländereien bedrohten –, statt die Truppen auf Sizilien zu verstärken und den Sieg zu suchen. Sie waren der Meinung, Rom werde bald zu einem Verhandlungsfrieden bereit sein.«
    »Rom schließt keinen Verhandlungsfrieden.«
    »Bist du stolz darauf?«
    Laetilius hob die Schultern. »Weiter.«
    »Dagegen standen die anderen, die Neuen, heute Barkiden genannt, weil Hamilkar Barkas ihr wichtigster Mann ist. Die meisten sind Händler, Werftbesitzer, Männer eben, die nicht nur ans Hinterland denken, sondern an die Welt. Die Oikumene. Sie wollten den Sieg, weil sie begriffen, daß Rom keinen Verhandlungsfrieden schließt. Und trotz Hamilkars Feldherrenkunst in den letzten Jahren auf Sizilien
ging der Krieg verloren – weil die Alten den Nachschub unterbunden, den Rat gelähmt haben.«
    Danach seien es ebenfalls die Alten gewesen, die angesichts der hohen römischen Silberforderungen beschlossen, die Söldner nicht zu bezahlen – jene Männer, die jahrelang den Krieg für Qart Hadasht geführt hatten. Im furchtbaren, drei Jahre währenden Söldnerkrieg habe Hanno als Feldherr Fehler gemacht; Hamilkar habe den Krieg schließlich gegen seine alten Krieger gewinnen können. Danach, als die Stadt

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