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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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berichtet.«
    »Wenn er keinen Grund hatte, es zu verschweigen.«
    »Was gibt es in Massalia zu verschweigen?«
    Laetilius lächelte. »Dem Ehrlichen ist alles ehrlich. Demjenigen, der etwas zu verschweigen hat, wird nach und nach das Verschweigen zur Gewohnheit.«
    »Dann war Lavinius ein über alle Maßen ehrlicher Mann. Er hat sozusagen unausgesetzt geredet.«
    »Mastia«, sagte Laetilius nachdenklich. »Dann zum Fluß, zu Hamilkar, nach Ispali, wieder flußauf nach Karduba? Klingt nicht nach einem besonders neugierigen Händler.«
    »Wieso?«
    »Ich wäre, wenn ich in Iberien Kostbarkeiten entdecken wollte, vielleicht zur Iberos-Mündung gefahren und dann landeinwärts gegangen. Um mit all denen zu reden, die noch nicht zum punischen Reich gehören. Ich wäre nämlich davon ausgegangen, daß alles, was es bei den anderen
zu entdecken gibt, bereits entdeckt wurde. Und ich wäre sicher ins ehrwürdige Gadir gereist, schon allein um den ältesten aller Melqart-Tempel zu sehen.«
    Bomilkar räusperte sich. »Du könntest da etwas haben, Laetilius. Vielleicht auch nicht – vielleicht sind Händler nicht so begierig darauf, alte Tempel zu sehen.«
    Der Römer wiegte den Kopf. »In der Nähe wichtiger Tempel werden besonders viele Geschäfte gemacht. Weil dort immer Leute aus allen Weltgegenden zusammenkommen. Und meistens sind die Handwerksläden dort genauso alt wie die Tempel.«
    »Was schließen wir denn aus all dem?«
    »Ich weiß nicht, was du daraus schließen wirst; die Gedanken meiner Feinde sind mir ein Rätsel. Ich schließe daraus eigentlich, daß Lavinius nur halbherzig Händler war, und daß er nach Iberien gekommen ist, um das punische Reich zu sehen – nicht so sehr, um zu handeln.«
    »Vielleicht war er einfach dumm.« Bomilkar grinste. »Wie die meisten Römer. Deine klugen Gedanken… Vielleicht dachte er nicht so klug wie du.«
    Tolmides kicherte. »Ihr habt euch richtig lieb, ja? Aber Lavinius war nicht dumm; jedenfalls nicht, was gute Kenntnisse der Geschichte angeht. Er wußte Bescheid über den Tempel von Gadir, hat in Ispali überlegt, ob er die im Schwemmland versinkenden Trümmer des alten Tarshish besuchen soll, konnte sogar ein paar Brocken der einen oder anderen iberischen Zunge.«
    Sie schwiegen eine Weile; plötzlich ließ Tolmides, der in der Mitte des sechsten Bechers angekommen war, den Kopf auf die Brust sinken und begann zu schnarchen.
    »Übrigens kann ich dir die Sache mit den Silbermünzen erklären«, sagte Bomilkar halblaut.
    »Ein Grund ist mir schon klar; ich bin ja kein Lehmkopf.«
    »Ah. Und zwar?«
    »Münzen müssen aus einem seltenen Stoff sein, da sie einen gewissen Wert haben. Kiesel kann jeder aus dem
Flußbett holen, Silber prägen kann nicht jeder. Sie dürfen aber nicht zu kostbar sein, weil man sonst nicht mit ihnen zahlen kann. Eine attische Silberdrachme für einen Tag gute Arbeit – ein Zwölftel, glaube ich, einer Golddrachme, wenn es die denn gäbe. Wie will man da Brot bezahlen? Splitter von einem Goldstück raspeln?«
    »Kluges Kind – für einen Römer.« Bomilkar hob den Becher, trank aber nicht; er hielt ihn vor dem Kinn und sprach über das Gefäß hinweg.
    Größere Geschäfte, sagte er, seien durchaus in Gold abgewickelt worden, vor langer Zeit, und man habe Münzen besessen aus jener Mischung von Gold und Silber, die die Hellenen elektron nannten. Vor ungefähr hundert Jahren habe dann jedoch der große Alexandros, König der Makedonen und Herr der östlichen Welt, bei der Eroberung Persiens den Thronschatz der Großkönige erbeutet – eine ungeheure Menge edler Metalle und Steine, vor allem aber Gold. »Man spricht von fünfzigtausend Talenten«, sagte er, beinahe ehrfürchtig. »Fünfzigtausend Talente in Gold – mal zwölf, nach dem heutigen Silberwert. Sechshunderttausend Talente, das sind, uh, sechshunderttausend mal dreitausendsechshundert shiqlu . Oder, wenn dir das lieber ist, sechshunderttausend mal sechstausend attische Silberdrachmen. Und diesen ganzen Schatz hat Alexandros damals ausmünzen lassen. Sie haben Münzen geprägt, für die es keinen Gegenwert gab, und damit haben die Makedonen die hellenischen Städte so gründlich ins Chaos gestürzt, daß dann alle Macht bei Alexandros war und Athen nicht einmal mehr genug Getreide kaufen konnte.«
    Laetilius schloß die Augen. »Ich zähle«, sagte er versonnen. »Ich denke mich auf einen Goldberg und zähle. Sprich weiter.«
    »Damals haben unsere Ratsherren für einige Zeit den

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