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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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aber zuerst seid ihr dran.« Er musterte das Gesicht des Römers. »Titus Laetilius? Und Bomilkar, Herr der Hüter der Stadt …« Er schloß die Augen und faltete die Hände hinter dem Kopf. »Laßt mich raten«, sagte er. »Von Hamilkar hörte ich, daß auf seinem Gut in der Megara ein toter Römer gefunden wurde. Ich nehme an, der Senat hat dich geschickt, um für euch Klarheit in diese Sache zu bringen; ich nehme ferner an, daß jemand zwischen eure Zähne Knüppel gerammt hat, die zu hart sind zum Durchbeißen und zu dick zum Schlucken. Ist es so?«
    Ohne die Haltung zu ändern oder die Augen zu öffnen, lauschte er dem knappen Bericht. Die beiden wechselten sich ab; während Laetilius seinen Teil erzählte, betrachtete Bomilkar das Gesicht des Mannes, der die von Hamilkar eroberten Gebiete zu einem wohlgefügten Reich machte und von Iberien aus Kundschafter in der gesamten Oikumene lenkte. Er wußte nicht genau, wie alt Hasdrubal war; angeblich hatte er die Dreißig noch zu vollenden. An diesem Abend sah er aus wie vierzig. Die Verantwortung? Die Bürde der Verwaltung? Dann bedachte er, daß Hamilkar zwar das Haupt der Barkiden-Partei war, Hasdrubal aber auch diesen Teil der Politik bestimmte – unter anderem, weil Hamilkar in Iberien meist unterwegs und schlecht zu erreichen war. Alles, einzeln wie auch gemeinsam, mochte genügen, um den kräftigsten Mann zu Boden zu drücken.

    Sie hatten den Bericht eben beendet, als die zwei Diener Itubals mit mehreren großen Platten erschienen; darauf lagen gebratene Flußfische, gebratene Hühner, frisches Brot, Bohnenmus und Früchte. Hasdrubal öffnete die Augen, setzte sich auf und griff kräftig zu; mit vollem Mund sagte er:
    »Ihr mögt weit geritten sein, aber auch ein seßhafter Tag bewirkt Hunger. Ich weiß nicht, ob ich gestern oder heute gefrühstückt habe; seither gab es nur ein wenig Wasser und Wein.«
    Beim Essen sprachen sie zunächst gar nicht, dann über Belanglosigkeiten; Bomilkar erkundigte sich nach alten Bekannten, und Laetilius stellte einige Fragen zu den inneren Abläufen des iberischen Reiches, zu Bündnissen und zur Zuverlässigkeit der unterworfenen, abhängigen Stämme. Als sie fertig waren, stand Hasdrubal auf.
    »Ich nehme an, ihr braucht für die Nacht ein Lager. Seid meine Gäste; in der Stadt, nicht hier.« Er trug einem der Diener Grüße an Itubal auf.
    Am Nordrand des Lagers zeigte er ihnen eine Baustelle. »Hier entsteht das Haus, in dem ich gewisse Arbeiten zu bündeln gedenke. Drei Geschosse, mit eisenbeschlagenen Türen gegen Diebe und Neugierige gesichert.«
    »Hier werden deine Späher ein und aus gehen?« Laetilius grinste. »Wir brauchen also nur dieses Haus zu beobachten …«
    »Fabius weiß das längst.«
    Laetilius zuckte zusammen. »Woher weißt du, daß Fabius …?«
    »Man erspart sich viel Ärger. Früher oder später hätte er es ohnehin erfahren.« Auf dem Weg zum Tor, wo sie ihre Pferde holen wollten, setzte er hinzu: »Es wird natürlich andere Sammelstellen geben – wie bei euch –, von denen der Gegner möglichst nichts erfahren sollte.«
    An der betont ausdruckslosen Miene des Römers sah Bomilkar, daß Laetilius immer noch damit beschäftigt war,
die Tatsache zu verdauen, daß Hasdrubal den Namen des Mannes kannte, der Roms Spitzel leitete. Ihn verblüffte es nicht; er wußte aus seiner Zeit in Iberien, wie schnell und gründlich Hasdrubal arbeitete. Und hatte er nicht zu Beginn des Gesprächs seinen Scharfsinn bewiesen, trotz aller Müdigkeit?
    Der Herr der Verwaltung Iberiens wohnte in einem zweigeschossigen Bau in der Nähe des großen Platzes, hinter dem eigentlichen Verwaltungsgebäude. In den nahen Stallungen, wo sie ihre Pferde einem Sklaven übergaben, standen drei wunderbare Rappen, Hasdrubals Tiere.
    Ein Haussklave wies ihnen zwei Zimmer an und half mit dem Gepäck. Inzwischen war es völlig dunkel; als sie sich im Waschraum, der beiden Zimmern gegenüber lag, ein wenig erfrischt hatten, löschte der Sklave dort das Öllicht und zeigte ihnen im Schein einer Fackel, die er in der Rechten trug, den Weg zu Hasdrubals Arbeits- und Beratungsraum. Dort gab es hölzerne Liegen mit dicken Kissen, bequeme Scherensessel um einen niedrigen Tisch, an den Wänden Gestelle voller Tafeln und Rollen, Eisenfäuste, die flackernde Fackeln trugen; und es gab einen überladenen Schreibtisch nahe einer Fensteröffnung. Hasdrubal las etwas, rollte das Schriftstück zusammen, als sie eintraten, und schlug damit nach

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