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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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konnte eher spüren als sehen, wie sich die Klinge seiner Kehle näherte. Also riss er den Kopf zurück und drehte ihn gleichzeitig zur Seite. Die Messerspitze rutschte unterhalb seiner Ohrmuschel und etwas über dem Kieferknochen weiter und ritzte den oberen Teil des Ohres ein.
    Zwölf Jahre intensiven Judotrainings hatten Sam gelehrt, sich die Vorteile eines gekonnt angesetzten Hebels zunutze zu machen. Da der Mann seinen kräftigeren rechten Arm hochreckte, befand er sich in diesem Moment in seiner schwächsten Position. Einen solchen Vorteil wollte Sam auf keinen Fall ungenutzt lassen. Mit der linken Hand immer noch die Messerhand des Mannes umklammernd, kehrte er den Haltegriff seiner rechten Hand um, legte sie auf die Hand des Mannes, stieß sie dann nach unten und vollführte gleichzeitig eine Drehbewegung. Mit einem dumpfen Laut wurde die Elle am Handgelenk des Mannes losgerissen. Sein Mund klappte auf, und dann stieß er einen erstickten Schrei aus, der von einer dichten Wolke Luftblasen begleitet wurde. Sam drehte weiter und glaubte das Knirschen der Knochen hören zu können. Das Messer entglitt der Hand und verschwand in der Tiefe.
    Sam rollte sich abermals herum und strebte mit ein paar Beinschlägen nach unten. Sie landeten unsanft auf dem Seegrund. Der Mann wollte die Finger seiner linken Hand in Sams Augen stoßen. Sam schloss die Augen, drehte den Kopf weg und stieß dann die rechte Handfläche unter das Kinn des Mannes. Dessen Kopf kippte nach hinten. Sam hörte ein grässliches Knirschen. Der Mann zuckte einmal, zweimal, dann erstarrte er. Sam schlug die Augen auf. Die Augen des Mannes, weit offen und leblos, erwiderten seinen Blick. Hinter dem Mann ragte ein gezackter, dreieckig geformter Stein aus dem sandigen Seeboden. Sam ließ ihn los – und dann trieb er davon, Blutfäden hinter sich her ziehend, während er über den Boden rutschte. Nach einigen Sekunden war er in der Dunkelheit verschwunden.
    Sam zog die Beine an und stieß sich vom Boden nach oben ab. Er kam unter einem der Stege an die Wasseroberfläche, legte den Kopf in den Nacken und sog Luft in seine Lungen, bis sich sein Blick allmählich klärte.
    »Sam!«, rief Remi. »Hierher, komm schon!«
    Sam paddelte auf ihre Stimme zu. Umhüllt von nasser Kleidung fühlten sich seine Arme an, als ruderten sie durch zähen Morast. Er spürte, wie Remis Hand nach ihm griff. Dann packte er den Bootsrand und ließ sich von ihr an Bord helfen. Er rollte sich auf das Deck und blieb keuchend liegen. Remi kniete sich neben ihn.
    »O Gott, Sam, dein Gesicht …«
    »Sieht schlimmer aus, als es wirklich ist. Ein paar Stiche mit der Nähnadel – und ich bin so verwegen schön wie eh und je.«
    »Dein Ohr ist eingerissen. Du siehst aus wie ein Hund, der eben gerade bei einer Balgerei den Kürzeren gezogen hat.«
    »Nennen wir es lieber eine Duellnarbe.«
    Sie drehte seinen Kopf behutsam hin und her, inspizierte sein Gesicht und seinen Hals und tastete ihn mit den Fingern ab, bis Sam ihre Hand drückte. »Ich bin schon okay, Remi. Gut möglich, dass Cholkow den Schuss gehört hat. Wir sollten lieber verschwinden.«
    »Okay.« Sie hob ein Sitzkissen hoch und tastete herum, bis sie einen Lappen fand, den Sam auf seine Wunden drücken konnte. Remi deutete auf das Wasser. »Ist er …«
    »Tot. Er hat mir keine Wahl gelassen.« Sam richtete sich auf, wälzte sich auf die Knie und zog seine Windjacke und sein Sweatshirt aus. »Warte, die Pistole …«
    »Ich hab sie schon. Hier ist sie.« Sie reichte ihm den Revolver, dann rutschte sie auf den Fahrersitz, während Sam die Bugleine löste. Remi betätigte die Zündung, und der Motor sprang an. »Halt dich fest.« Sie schob den Gashebel bis zum Anschlag nach vorn, und das Schnellboot rauschte durch das Tor des Bootshauses.
    »Sieh doch mal nach, ob es hier so etwas wie einen Verbandskasten gibt«, sagte Remi. »Vielleicht enthält er auch eine dieser Rettungsdecken.«
    Sam sah unter jedem Sitz nach, bis er einen großen Angelkasten entdeckte. Wie Remi vermutet hatte, fand er darin auch eine zusammengerollte silberne Mylarfolie. Er faltete sie auseinander, hüllte sich darin ein und setzte sich dann auf den Beifahrersitz.
    Später konnte sich Sam nicht daran erinnern, den Lärm des anderen Motors über dem Röhren der eigenen Maschine gehört zu haben – sondern er sah nur den weißen Keil des Schnellbootbugs links von ihm aus dem Dunst auftauchen und dann die orangefarbenen Mündungsblitze von Cholkows

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