Das Gold von Sparta
leer waren, und die doppelte Anzahl ebenfalls leerer Konservendosen. In der anderen Truhe stieß er auf eine lederne Umhängetasche und zwei schwarze mit Leder bezogene Tagebücher. Letztere schob er in die Umhängetasche, dann sah er sich noch ein letztes Mal um. Etwas fiel ihm ins Auge: ein kleines Stück Stoff, das hinter der Truhe hervorsah. Er ging in die Knie und erkannte einen Jutesack. Darin befand sich ein mit einem Klappdeckel versehener Holzkasten, in Gestalt und Größe einem Brotlaib ähnelnd. Er klemmte sich den Sack unter den Arm und kehrte zur Leiter zurück. Hier reichte er Remi sämtliche Gegenstände nach oben und stieg anschließend selbst hoch. Oben hielt er inne und blickte nach unten auf die Leiche.
»Wir sorgen schon dafür, dass Sie nach Hause kommen, Captain«, flüsterte er.
Oben auf dem Deck hielt Sam das Seil ruhig, damit Remi leichter an Land springen konnte. Als er für seine Füße einen sicheren Stand suchte, stieß er mit dem Zeh gegen den Jutesack. Ein Klirren von Glas erklang.
Neugierig geworden knieten sich beide auf das Deck. Remi öffnete den Sack und holte den Kasten heraus, der keinerlei Markierungen aufwies. Behutsam öffnete sie den Messingverschluss und klappte den Deckel auf. Zum Vorschein kam eine Art Etui, das aus so etwas wie alter Ölhaut bestand. Remi öffnete es.
Für mindestens zehn Sekunden sagte keiner von ihnen ein Wort, sondern starrte wie gebannt das Objekt an, das die Sonnenstrahlen reflektierte. Remi murmelte: »Das kann doch nicht wahr sein.«
Es war eine Flasche, eine Weinflasche aus grünem Glas.
Sam erwiderte nichts darauf. Stattdessen benutzte er seinen Zeigefinger, um das untere Ende ein wenig anzuheben, so dass der Boden zu sehen war.
»Gütiger Gott …«, murmelte Remi.
Das ins Glas geschliffene Symbol kannte sie nur zu gut.
10
La Jolla, Kalifornien
»Dieser arme Mann«, sagte Remi. »So zu sterben … ich wage gar nicht, mir das auszumalen.«
»Ich will es mir überhaupt nicht ausmalen«, erwiderte Sam.
Sie hatten es sich auf den Chaiselongues im Solarium, umgeben von Topfpflanzen und fächerartigen Farnwedeln, gemütlich gemacht. Die Mittagssonne brachte jeden Farbton der toskanischen Bodenfliesen zum Leuchten. Es war einer ihrer Lieblingsräume im Haus, ganz gewiss keine einfache Wahl, angesichts der innenarchitektonischen Gediegenheit des gesamten Anwesens.
Auf den Klippen über Goldfish Point und den tiefblauen Fluten des Pazifiks gelegen, war das Domizil und die Operationsbasis der Fargos ein vierstöckiges, gut elfhundert Quadratmeter großes Haus im spanischen Stil, mit gewölbten, von Ahornbalken gestützten Decken und ausreichend Fenstern und Oberlichtern, um den Wartungstechniker, der auch für ihre Reinhaltung verantwortlich war, jeden Monat für acht Stunden zu beschäftigen.
Im obersten Stockwerk lag Sams und Remis Schlafzimmer, und darunter, ein Stockwerk tiefer, befanden sich vier Gästesuiten, ein Wohnraum, ein Esszimmer und eine Küche, die über die Klippe hinausragte. Im zweiten Stock warteten ein Fitnessraum mit Aerobic- und Circle-Trainings-Geräten, ein Dampfbad, ein HydroWorx-Endlosschwimmbecken und knapp einhundert Quadratmeter freie Fläche, auf der Remi ihr Fechttraining und Sam seine Judo-Übungen absolvieren konnte.
Das Parterre wurde von gut zweihundert Quadratmetern Büroräumen für Sam und Remi und einem angrenzenden Arbeitsplatz für Selma eingenommen, wozu noch drei Mac-Pro-Workstations gehörten, gekoppelt mit dreißig Zoll großen Cinema-Displays und zwei an Wandhalterungen angebrachten Zweiunddreißig-Zoll-LCD-Fernsehern. Vor der östlichen Wand stand Selmas ganzer Stolz in Gestalt eines fast fünf Meter langen, knapp zweitausend Liter fassenden Seewasseraquariums.
Sam sagte zu Remi: »Wir können nur hoffen, dass sein Tod schnell und friedlich eingetreten ist.«
Der fragliche Mann, die arme Seele, die sie am Fuß der Leiter des Molchs gefunden hatten, besaß dank der Tagebücher, die sie ebenfalls an Bord gefunden hatten, mittlerweile auch einen Namen: Manfred Böhm. Korvettenkapitän Manf red Böhm. Eins der Tagebücher war das Logbuch des Molchs –, das andere, nämlich Manfred Böhms persönliches Tagebuch, reichte bis in die Anfangstage des Zweiten Weltkriegs zurück.
Mit Hilfe einer Übersetzungssoftware hatten Sam und Remi sehr schnell feststellen können, dass sie mit dem Tagebuch so etwas wie einen Letzten Willen Böhms vor sich hatten. Das U-Boot, so erfuhren sie schon bald, hatte
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