Das Gold von Sparta
UM-34 zu einem Versorgungsmutterschiff gehört, dessen Namen Böhm als Gertrude angab.«
»Gertrude? Hat die Kriegsmarine ihren Schiffen Frauennamen …«
»Nein, es muss ein Code sein.«
»Geheimcodes, verschollene U-Boote und geheimnisvolle Weinflaschen. Das klingt ja fast wie das Szenario eines Thrillers.«
»Vielleicht, wenn wir das ganze Rätsel gelöst haben …«
Remi lachte. »Ich glaube, wir haben schon jetzt genug am Hals.«
»Eines Tages müssen wir all das einmal aufschreiben, weißt du. Es würde sicherlich ein tolles Buch daraus werden.«
»Eines Tages. Wenn wir alt und grau sind. Ich habe übrigens mit Ted gesprochen. Er wartet weiter geduldig.«
»Gott sei Dank. Was hast du entschieden? Hast du ihn nach dem U-Boot gefragt?«
»Nein.«
Frobisher hing an seinem wohlgeordneten Leben – und seine Begegnung mit dem geheimnisvollen Angreifer war alles an Abenteuer, was er bewältigen konnte. Außerdem kannte Sam Ted recht gut. Sobald die Entdeckung des Unterseebootes publik wurde, würde er sich angesichts der Nähe der Schauplätze fragen, ob seine Glasscherbe und das U-Boot vielleicht doch in irgendeiner Verbindung zueinander standen. Und er würde sich bei ihnen melden, wenn er irgendetwas von Wert beizusteuern hatte.
»Hör dir das mal an«, sagte Remi, während sie mit dem Finger über die Tagebuchseite fuhr. »Wolfi hat mir heute zwei exquisite Flaschen Wein geschenkt, zwei von den dreien, die er mitgebracht hat. Er sagte, damit würden wir den erfolgreichen Abschluss der Mission feiern. «
»Wolfi«, wiederholte Sam. »Wissen wir, wer das ist?«
»Nein. Ich habe schon gesucht. Ich werde mich aber noch weiter darum kümmern. Hier kommt noch mehr: Wolfi meint, ich verdiene zwei Flaschen, weil ich den schwierigeren Auftrag habe. Ich möchte wissen, was das gewesen sein soll.«
»Keine Ahnung, aber zumindest wissen wir jetzt, woher Teds Scherbe kam. Irgendwann im Laufe der Ereignisse hat Böhm eine der Flaschen verloren.«
Die Sprechanlage an der Wand über Remis Kopf erwachte knisternd zum Leben.
»Mr. und Mrs. Fargo?« Trotz ihrer wiederholten Aufforderungen mussten sie Selma immer noch davon überzeugen, ihre Vornamen zu benutzen.
Remi griff nach oben und drückte auf den Sprechknopf. »Ja, Selma, was ist?«
»Ich, äh, ich habe da etwas … also, ich fand …«
Sam und Remi wechselten einen verwirrten Blick. In den zehn Jahren, die sie nun bereits mit Selma zusammenarbeiteten, hatten sie sie nie anders als äußerst bestimmt und kurz angebunden erlebt.
»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sich Remi.
»Äh … na ja, warum kommen Sie nicht einfach runter, damit ich versuchen kann, es Ihnen zu erklären.«
»Wir sind schon unterwegs.«
Sie fanden Selma auf einem Hocker am mittleren Arbeitstisch, auf dem die Weinflasche stand, die sie eingehend betrachtete. Pete und Wendy waren nirgendwo zu sehen.
Selmas Erscheinung konnte man durchaus als eine Art gemischte Metapher bezeichnen. Sie war ein Sammelsurium zeittypischer Erscheinungsformen, deren Kombination sich aus Selmas gelegentlich exzentrisch anmutender Persönlichkeit ergab. Ihre Frisur hatte Remi einmal als modifizierten Sechziger-Bob bezeichnet, während ihre Hornbrille, die sie an einer Kette um den Hals trug, wenn sie nicht in Gebrauch war, direkt aus den 1950ern zu stammen schien. Ihre Alltagskleidung bestand meist aus Khakihosen, Turnschuhen und einem anscheinend unerschöpflichen Vorrat an gebatikten T-Shirts. Selma trank nicht, rauchte nicht, fluchte nicht und hatte nur ein einziges Laster: Kräutertee, den sie kannenweise trank. Ein Schrank in ihrem Arbeitsraum war ausschließlich für ihren Tee reserviert, unter dem sich Sorten mit Namen befanden, die weder Sam noch Remi auch nur aussprechen konnten.
Sam fragte sie: »Wo sind Pete und Wendy?«
»Ich habe sie früher nach Hause geschickt. Ich dachte, Sie wollen sich das hier lieber … na ja, vertraulich anhören. Sie können ja später entscheiden, ob Sie die beiden einweihen wollen.«
»Okay …«, erwiderte Remi.
»Erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie eine Flasche voll flüssiger Ebola gefunden haben«, sagte Sam.
»Nein.«
»Was dann?«
»Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Wo immer Sie wollen«, sagte Sam ruhig.
Selma schürzte die Lippen, überlegte einen Moment lang und sagte dann: »Da ist zuerst einmal dieses Symbol auf dem Flaschenboden, der Käfer … Ich habe keine Ahnung, was es bedeuten soll. Tut mir leid.«
»Das ist schon
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