Das Gold von Sparta
hinaus.
33
Grand Hôtel Beauvau
Frisch geduscht und mit einem zweiten Bombay Sapphire Gibson im Glas, den sie beim Zimmerservice bestellt hatten, saßen Sam und Remi eine Stunde später auf dem Balkon ihres Hotelzimmers und blickten auf den Vieux Port hinunter. Die Lichter der Stadt spiegelten sich im Wasser des Hafens und bildeten ein Mosaik aus Rot, Gelb und Blau, das sich unter dem immer noch reichlich vom Himmel hinabrauschenden Regen kräuselte. In der Ferne konnten sie den klagenden Ton eines Nebelhorns und in näherer Distanz das Klirren einer Boje hören.
Das Telefon trällerte. Sam warf einen Blick auf das Display. Es war Rube. Sobald sie ins Hotel zurückgekehrt waren, hatte er mit Haywood telefoniert, ihm eine bewusst vage gehaltene Schilderung der nächtlichen Ereignisse übermittelt und ihn anschließend gebeten, baldmöglichst mit neuen Informationen zurückzurufen.
Sam schloss die Balkontür, dann nahm er den Anruf an und aktivierte die Freisprechfunktion des Telefons. »Rube, bitte erzähl uns, dass Cholkow und seine Bande in sicherem Gewahrsam sitzen.«
»Tut mir leid, nein. Die französische DCPJ kann ihn nicht finden.«
»Ich wünschte, ich könnte sagen, dass mich das überrascht.«
»Ich auch. Seid ihr jetzt bereit aufzugeben und nach Hause zurückzukehren?«
»Im Leben nicht.«
»Remi?«
»Keine Chance.«
»Nun, etwas Positives gibt es immerhin – Cholkows Name und Steckbrief wurden in Umlauf gebracht. Falls er versucht, das Land über einen Flughafen, auf dem Seeweg oder per Eisenbahn zu verlassen, ziehen sie ihn sofort aus dem Verkehr.«
»Das klingt ja ganz gut«, sagte Sam. »Aber nach dem, was du mir erzählt hast, sind die Speznas dafür ausgebildet, unbemerkt Grenzen zu überwinden. Und er kommt mir nicht so vor, als sei er dumm genug, um einen Flughafen zu betreten.«
»Das ist richtig.«
»Was ist denn mit Bondaruk?«, wollte Remi wissen. »Kann man irgendwie feststellen, welche Leichen er im Keller hat und was genau er beabsichtigt?«
»Möglich ist das schon. Wir haben herausbekommen, dass der Oberst der iranischen Pasdaran, der während des Grenzkrieges mit Bondaruk zusammengearbeitet hatte, sich ein paar Jahre später mit dem Ajatollah überworfen hat. Wir wissen zwar nicht, was hinter dieser Geschichte steckte, aber der Oberst – sein Name ist Aref Ghasemi – floh nach London und hat dort für die Briten gearbeitet. Er ist immer noch dort. Ich habe jemanden auf ihn angesetzt, der irgendwie an ihn heranzukommen versucht.«
»Vielen Dank, Rube«, sagte Remi und trennte die Verbindung.
Am nächsten Morgen schliefen sie bis neun Uhr und frühstückten auf dem Balkon. Die Regenwolken hatten sich verzogen, und der Himmel war strahlend blau und so gut wie wolkenlos. Während sie den Kaffee in ihren Tassen ein wenig abkühlen ließen, riefen sie Selma an, die, obwohl die Uhren in Kalifornien Mitternacht zeigten, hellwach war. Soweit sie wussten, schlief ihre leitende Rechercheurin nur fünf Stunden pro Nacht, die ihr anscheinend völlig ausreichten.
Indem er auf die Schilderung der feineren Details verzichtete, teilte Sam ihr mit, dass das Versteck im Chateau d’If leer gewesen war. Remi fügte hinzu: »Dieser Käfer war aber dort, und er sah auch aus, als stamme er von Laurents Prägestempel.«
»Das ist besser als nichts«, entschied Selma. »Ich bin zwar mit dem Entschlüsseln der dritten und vierten Zeile des Flaschenetiketts ein wenig weitergekommen, aber was den Rest betrifft, da tappe ich nach wie vor im Dunkeln. Und ich glaube auch zu wissen weshalb: Es gibt nämlich einen dritten Schlüssel.«
»Erklären Sie mal«, forderte Sam sie auf.
»Laurents Buch ist ein Schlüssel … und die Flasche, die wir haben, ist ein weiterer – zumindest sind es die ersten vier Zeilen. Ich vermute, dass der dritte Schlüssel eine weitere Flasche ist. Wir brauchen alle drei, um die restlichen Zeilen zu verstehen und zu entschlüsseln.«
»Das klingt ziemlich kompliziert«, sagte Remi.
»Das ist es wahrscheinlich auch – aus unserer Sicht jedenfalls. Aber zuerst müssen wir von einigen unbestätigten Annahmen ausgehen: Die erste wäre, dass Laurent ursprünglich die Absicht hatte, die zwölf Flaschen aus der ursprünglichen Kiste an verschiedenen Orten zu verstecken – sie sind seine Hinweispfeile auf einer Landkarte, was immer das bedeuten mag.«
»Wir müssen erst einmal einen Namen dafür finden«, sagte Sam.
»Napoleons Gold«, schlug Remi achselzuckend
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