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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Tüüüü-te-te-tüüüüü-te-te-tüüüüü des Peilgeräts. Er liebt diese
Morgenstunden auf der Brücke.
    »Morjen, die Herren!« Durch die
Schiebetür an der Steuerbord-Nock kommt der Schiffsdoktor. Er reibt sich
fröstelnd die Hände, schaut sich mit flinken Augen um und öffnet die Tür zu dem
kleinen Flaggenschrank. Im Flaggenschrank liegt seine Flasche Portwein. »Wie
wär’s mit ‘nem Schlückchen, Cantal?« fragt er wie an jedem Morgen.
    Und erhält wie an jedem Morgen
zur Antwort: »Sie wissen, daß ich erst nach Sonnenuntergang trinke, Doktor.«
    »Die liebe Sonne«, sagt der
Doktor kopfschüttelnd und gießt sich ein Gläschen ein. Er nimmt einen
bedächtigen Schluck von dem duftenden Old White, seufzt zufrieden. »Schmeckt
leider immer wieder, der Stoff.«
    »Ihren Patienten würd’s auch
schmecken, Doktor.«
    »Kann ich mir lebhaft
vorstellen.« Er lacht meckernd. »Apropos Patienten. In unserer Kasse
klingelt’s, Cantal. Allein in den letzten beiden Tagen über 2 000 DM Bußgelder.
Einen Groschen Strafe pro zugenommenes Gramm, klingt lächerlich wenig, läppert
sich aber.«
    Er zieht einen DIN-A4-Bogen aus
der Brusttasche. »Hier, die Liste. Alles Summen zwischen 20 und 70 Mark.
Absoluten Rekord hält dieser Hügeli. Beatus Hügeli, Reisdiät nach Dr. Kempfer.
Blechte für 863 Gramm genau 86 Mark und 30 Pfennige.« Er grinst schadenfroh und
nimmt noch einen Schluck Old White.
    »Trauriger Rekord für Sie,
Doktor.« Der Erste schaut dem Rudergänger über die Schulter und vergleicht den
Kurs auf dem Magnetkompaß mit dem Kurs an der Steuersäule.
    »Ich hab auch fröhlichere.
Beatrix Sommer, zum Beispiel, eine Schrotherin, 11 Pfund in 10 Tagen. Was sagen
Sie nun?«
    »Ist das nicht die Kleine, die
Sie neulich zur Miß Aphrodite gekürt haben?« fragt der Erste sehr beiläufig.
    »Genau die. Bißchen vorlaut,
aber sonst durchaus okay. Glänzende Tänzerin übrigens. Der Ehrenwalzer mit dem
Käpt’n, der war den ganzen Galaabend wert. Später hat sie dann noch ein paar
kesse Sachen mit diesem Amerikaner hingelegt. Da haben Sie was versäumt,
Cantal. Wirkliche Klasse.« Der Doktor schnalzt mit der Zunge.
    »Irgend jemand muß ja den Kahn
hier schaukeln«, sagt der Erste und findet seinen Beruf zum erstenmal
beschissen. Er reißt mit den Zähnen eine neue Packung Zigaretten auf, raucht,
schweigt, fragt schließlich: »Stutterbock, oder so ähnlich, war er das?«
    »Wer?«
    »Dieser Tänzer.«
    Der Doktor hält sein Glas gegen
das Licht und prüft sorgfältig die Farbe des Old White. »Ich glaube ja. Trug
einen bordeauxroten Frack, exzellente Erscheinung, und Geld wie Sand am Meer,
Kosmetikkonzern oder so was Ähnliches, hab’ ich läuten gehört.«
    »Auf was haben Sie den denn
gesetzt, Doktor?«
    »Keine Ahnung, ich glaube, der
frißt, was er will. Ist ja auch schlank wie’n Mast, das Kerlchen.«
    »Und was will er hier an Bord?
Wir sind ja schließlich ein Schlankheitskreuzer, oder?«
    »Ja, was will er eigentlich.«
Der Schiffsarzt denkt eine Sekunde darüber nach, zuckt mit den Achseln und
beschäftigt sich wieder mit der Farbe seines Old White.
    Pünktlich um zehn vor acht
kommt der 3. Offizier zur Ablösung. René Cantal übergibt ihm das
Schiffstagebuch und informiert ihn über den Kurs. »So long«, sagt er und
startet zu seinem abschließenden Rundgang.
    »Ja, was will er eigentlich
hier?« Die Worte des Doktors klingen ihm in den Ohren, und er muß an die Szene
denken, wie dieser Stutterbord, oder wie auch immer der hieß, wie der einen
Brief vom Masseur bekam, und der Masseur dafür einen Schein kassierte. Damals
hatte er sich vorgenommen, den Herrn ein bißchen unter die Lupe zu nehmen, es
aber wieder vergessen.
    Plötzlich sieht er ihn. James
P. Stutterbold, von Natur aus keineswegs ein Frühaufsteher, wird von seinen
beiden Möpsen über das Promenadendeck geführt. Mrs. Brown und Mr. Miller
schauen mißmutig drein. Bäume gibt’s nicht, an die Masten dürfen sie nicht, und
in die bereitgestellten Sandkisten wollen sie nicht.
    Der Erste hört ein
ärgerlich-verschlafenes »Nun los, puschi, aber zack-zack!« Er kehrt um, steigt
die Treppe zum Bootsdeck empor und steht im nächsten Moment vor Stutterbolds
Kabinentür. Die Tür ist nur angelehnt. Angelehnte Türen muß man überprüfen. Der
Erste überprüft und geht in die Kabine. Er sieht ein ungemachtes Bett, es
riecht nach Tabak und einem herben Parfüm.
    Er schrickt zusammen. Eine der
Schranktüren hat sich knarrend geöffnet. Er

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