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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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sein, abgemagert, der Busen ein Brett, keine
Hüften mehr und keinen Popo, er liebt Popos, runde feste Popos à la Marilyn
Monroe, auf die man so richtig klatschen kann. Kommen an Bord, die Mädchen,
sind rundlich und lustig, und wenn sie wieder runtergehen, sind sie nicht mehr
rundlich, aber auch nicht mehr lustig. Einige wenigstens, das heißt, etliche,
viele, ach was, die meisten. Es ist meine letzte Fahrt, denkt der Erste, ich
mustere ab. Ich kann es nicht mehr ertragen, wie sie ihre Figuren ruinieren,
diese süßen molligen Mädchen mit ihren süßen molligen Brüsten und den süßen
molligen Popos. Diese hier ist besonders süß und mollig, man muß sie warnen.
    »Übertreiben Sie’s nicht«,
»Miß...«
    »Ich heiße Sommer, aber Sie
dürfen Beatrix zu mir sagen.«
    »...Miß Beatrix. Bei der
letzten Fahrt, da hatten wir eine, es war eine junge Dame aus Wuppertal. In
Zeebrugge, da wog sie 160 Pfund, und als wir wieder in Zeebrugge anlegten, da
waren’s nur noch 130. Am Kai stand ihr Verlobter, Blumen, Konfekt, große
Empfangsarie, pipapo, sie die Gangway runter, strahlend, lachend, winkend, er
guckte einmal, er guckte zweimal, dann ließ er die Blumen fallen und ab durch
die Mitte, ab auf Nimmerwiedersehen. Und sie stand da, keine Fettpolster mehr,
aber auch keinen Mann, heulte wie ein Schloßhund und...«
    »Und Sie haben armes kleines
Hündschen auf Ihre Schoß genommen und armes kleines Hündschen getröstet«, sagt
Kerstin Nielsen, und alle drei Nielsens müssen schrecklich lachen.
    »Das ist gar nicht so zum
Lachen«, sagt der Erste streng.
    »Aber ‘ne Werbung für Ihren
Kreuzer hier, den Schlankheitspott, ist das auch nicht. Ich glaube, Sie sind
hier auf dem falschen Dampfer, Herr Leutnant.« Trixi schaut ihn blinzelnd von
unten her an. Der hat wirklich Kohlenaugen, kohlrabenschwarze Kohlenaugen,
heizen richtig, heizen einem ein, und die Uniform große Klasse, steht ihm, ‘n
niedlicher Matrose, richtig prima und okay. »Wie wär’s mit ‘nem Gläschen
Bernkasteler? Sagen Sie nicht nein, Sie dürfen nicht nein sagen, drüben am
Tisch haben Sie auch was getrunken, haben wir genau beobachtet.«
    »Das war Kartoffelwasser,
gnädiges Fräulein, gegen Kartoffelwasser im Dienst hat der Käpt’n nichts, aber
gegen Wein bestimmt.« Ganz Respektsperson ist er plötzlich und macht enorm auf
dienstlich. Er schaut auf seine Armbanduhr und empfiehlt sich.
    Der Erste steigt die Treppe
empor, die vom Hauptdeck zum Promenadendeck führt. Auf dem Promenadendeck liegt
der Swimmingpool der 1. Klasse. Er bleibt einen Moment stehen und schaut dem
Herrn Hügeli zu (Beatus Hügeli aus Zürich) der vom Brett springt, was jedesmal
eine ungeheure Flutwelle erzeugt. Vom Gymnastikraum her ertönt eintöniges »Und-eins-und-zwei-und-eins-und-zwei«,
untermalt vom dumpfen Pochen eines Tamburins. Um den Achtermast spurtet eine
Gruppe kurzbehoster 1.-Klasse-Passagiere. Sie laufen den Seitengang entlang und
verschwinden trappelnd und keuchend wie eine Herde junger Büffel in Richtung
Vorschiff. Der Greifer spielt mit zwei ziemlich vollschlanken Teenagern eine
Partie Shuffleboard, wobei er peinlich darauf achtet seinen Bauch einzuziehen.
    »Cirrostratus«, denkt der Erste
und wirft einen stirnrunzelnden Blick zum Himmel. Die weißen, schleierartigen
Federwolken bedecken den Himmel im Westen. Sie sehen aus, als habe ein Maler
sie mit einem ganz feinen Pinsel auf die blaue Himmelsleinwand getupft. Hübsch
anzusehen, dabei nichts anderes als Vorboten schlechten Wetters. Steuerbords
kommt ein gegenlaufender Tanker auf, der zur Begrüßung seine Sirene aufheulen
läßt. Am Cap Finisterre, an der Nordwestspitze der spanischen Küste, ist der
Leuchtturm auszumachen.
    Alle zehn Schritte muß der
Erste stehenbleiben, weil man ihn etwas fragt. Es sind immer dieselben Fragen,
und er beantwortet sie mit der milden Nachsicht eines Psychiaters, dem längst
klargeworden ist, daß seine Patienten alle ein bißchen meschugge sind.
    »Kann das Schiff auch
untergehen, Monsieur Cantal?«
    »Warum läuft immer dieser
Wasserstrahl aus der Schiffswand, Monsieur Cantal?«
    »Gibt es hier Haifische,
Monsieur Cantal?«
    »Ist der Kapitän verheiratet,
Monsieur Cantal?«
    »Und wenn mal die Ankerkette
reißt, Monsieur Cantal?«
    Der Erste antwortet und
antwortet und tut das so routiniert, interessiert, daß jeder Passagier denkt:
Nur meine Frage ist wirklich wichtig. Und merkt gar nicht, daß der Monsieur
Cantal mit den Augen immer ganz woanders ist. Mit

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