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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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ließe.
Sie denkt an Himbeerbonbons (gefüllt), an Krokantsplitter (mit Glasur) und an
Fridolins Katzenzungen (aus reiner Alpenvollmilch). Heiliger Strohsack, war das
gestern abend ein Genuß gewesen: Auf dem Lokusdeckel im Baderaum hatte sie
gehockt und abwechselnd eine Katzenzunge, ein Stückchen Krokant und einen
Bonbon gefuttert.
    »Dann sind es eben die Drüsen.«
Frau Radke gibt noch nicht auf.
    »Die Drü-hü-sen.« Die Stimme
des Doktors bekommt vor blankem Zorn einen ganz hohen Klang. »Ich esse nur wie
ein Vögelchen, es müssen meine Drüsen sein. Oh, wie ich das kenne, wie oft ich
das schon hören mußte. Und es war nie was anderes als eine Ausrede, eine
Ausrede für Mangel an Energie, für Mangel an...«
    »Dann stimmt zwar die Waage,
aber Ihre Diät nicht.«
    Der Doktor wird erst blaß, dann
wird er rot und wieder blaß. Noch nie hatte es in seiner 25jährigen
Berufspraxis jemand gewagt, seine 750-Kalorien-Wunderkur anzuzweifeln.
    »Ich will Ihnen mal etwas
sagen«, sagt er, »...«
    Stutterbold wartet nicht ab,
was er sagen will. Er drängt sich durch die Menge, die sich begierig um Frau
Radke und den Doktor schart, und eilt in seine Kabine.
    »Miß Radke hat zugenommen«,
sagt er zu Mrs. Brown, »wie finden Sie das?« Er siezt die Mopsdame, genauso wie
er Mr. Miller siezt. Stutterbold ist ein höflicher Mensch.
    Mrs. Brown findet gar nichts,
sondern beschnuppert seine Hosenbeine, die soviel herrliche Düfte mitgebracht
haben, daß man sich gar nicht sattschnuppern kann.
    Er öffnet den Schrank, nimmt
einen Rotstift und notiert auf dem Millimeterpapier unterhalb des Fotos mit dem
großen »B«: »Istgewicht 3.8. (Reisebeginn): 74,300 Kilogramm, Gewicht 6.8.:
71,050 Kilogramm.
    »Tendenz fallend«, sagt er zu
Mr. Miller. Aber auch der ist uninteressiert, weil es viel interessanter ist,
Herrchens neue Lackstiefel kaputtzunagen, ohne daß Herrchen das merkt.
    »Istgewicht 3.8. (Reisebeginn):
73,587 Kilogramm. Gewicht 6.8.: 74,200 Kilogramm«, schreibt er auf das
Millimeterpapier mit dem großen »E«.
    »Das Fräulein Beatrix führt
also«, sagt er und wandert durch die Kabine, »führt mit exakt 3150 Gramm, das
sind gut 3 Kilo, und das ist eine ganze Menge. Wir sollten hinabsteigen. Hinab
in die 2. Klasse. Dort ist das Fräulein Beatrix. Das wird vielleicht mal euer
Frauchen, und deshalb müssen wir uns um das Fräulein kümmern.«
    Er nimmt die silberdurchwirkte
Doppelleine und hakt die Karabinerhaken in die Halsbänder, die so kostbar sind,
daß niemand sie für echt hält. Stutterbold richtet sich wieder und kratzt sich
nachdenklich am Hinterkopf. Der schwierigste Teil des ganzen Unternehmens,
soviel war klar, stand nun bevor.
    »Auf in den Kampf, Toree— heee—
hee— he— ro«, summt er. Wie immer, wenn er vor etwas Bange hat. Er geht mit den
Möpsen den teppichbelegten Kabinengang entlang. Als er auf das Bootsdeck
hinaustritt, reißt ihm der Wind die Tür aus der Hand und schmettert sie
krachend ins Schloß.
    In den Kabeln des Vormastes
jault, heult und jammert es. Die Wellen tragen weiße Schaumkronen und berennen
ärgerlich die Bordwand. Stutterbold versucht, breitbeinig zu gehen, weil er gelesen
hat, daß alle Seeleute bei Seegang breitbeinig gehen Es hilft aber nichts, er
schwankt wie ein Betrunkener und muß sich an der Reling festhalten. Als er sich
hinüberbeugt, sieht er unten auf dem Hauptdeck das Fräulein Beatrix.
    Das Fräulein unterhält sich mit
einem der Offiziere. Sie lacht. Es muß ein verdammt fröhliches Lachen sein, so
leuchtet ihr Gesicht dabei. Der Offizier hält etwas in der Hand, was wie eine
Schwimmweste ausschaut. Anscheinend erklärt er ihr den Gebrauch von
Seenotrettungsmitteln, fetzt legt er den Arm um ihre Schultern und fummelt an
irgendwelchen Bändern herum.
    »Hör auf zu fummeln«, denkt
Stutterbold, »kein Mensch fummelt so lange, außerdem, die Rettungsübung, die
war doch längst, warum also...«
    Er kneift die Augen zusammen
und erkennt den Offizier. Er ist der 1. Offizier. Dieser Schönling ist das, den
hat er von Anfang an nicht leiden können, nun hat er auch noch die Hand an
ihrer Hüfte...
    Mit einem Mal bekommt
Stutterbold ganz weiche Knie. Und daran ist nicht der Seegang schuld. Daran ist
eine Geistererscheinung schuld: Das Fräulein Beatrix trägt ein weißes
Hochzeitskleid, sie hat ihren Arm in den Arm eines Mannes eingehakt. »Treulich
geführt...« tönt der Hochzeitsmarsch, sie schreiten auf einen Altar zu, auf dem
Altar erscheinen in

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