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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gedacht, daß mich dieser Ausflug so schlaucht. Ich bin ehrlich genug, das zuzugeben.«
    »Das brauchen Sie gar nicht. Man sieht es Ihnen an. Sie legen sich sofort hin.«
    »Wie Sie befehlen, Frau Chefin.«
    »Was muß eigentlich passieren, damit Sie Ihr loses Mundwerk halten?«
    »Mich totschlagen.« Dr. Starke schwankte und mußte sich an Anneliese festhalten. Sie faßte ihn unter die Achsel und stützte ihn. »Pardon, mir ist ein bißchen schwindlig.«
    »Ich bringe Sie in Ihre Kabine.«
    Dr. Herbergh hatte gerade den zweiten Armbruch geröntgt, als Anneliese ins Hospital kam. Pitz kümmerte sich um die Erschöpften, die noch auf Deck lagen, fühlte ihnen den Puls, ließ Hung übersetzen, daß sie gleich ein schönes Lager mit Decken und frischer Kleidung bekämen und auch ein warmes Essen. Vu Van Chin und seine Helferinnen hatten sofort bei Alarm einen Kessel mit einer dicken Nudelsuppe aufgesetzt. Fünf Frauen mit einem Bambusgestell, in das man zehn Eßschüsseln stecken und sie dann auf den Schultern wegtragen konnte, warteten vor der Küche.
    »Wilhelm ist total erschöpft«, sagte Anneliese. »Er hat ab und zu Absencen.«
    »Ich hatte ihn gewarnt!« Dr. Herbergh wartete, bis Julia den dritten Knochenbruch auf dem Röntgentisch zurechtgelegt hatte. Der Boden war mit großen Wasserlachen bedeckt, die Flüchtlinge trieften von Nässe. Auch die übergeworfenen Decken saugten das Wasser so schnell nicht auf. »Von heute an bleibt er stur im Bett!«
    Dr. Starke war da anderer Ansicht. Herbergh und Anneliese kümmerten sich gerade um den Mann mit den inneren Verletzungen, als er im weißen Arztkittel, in den OP kam.
    »Da komme ich ja genau richtig!« sagte er in seiner jungenhaften Art. »Unsere innere Blutung. Das ist mein Gebiet, Herr Kollege.«
    »Sind Sie noch zu retten?!« rief Dr. Herbergh erbost. »Sie wissen doch, wie es um Sie steht!«
    »Ärzte sind immer die problematischsten Patienten, Fred. Und Kollegenschelte prallt bei ihnen ab, sie wissen immer alles besser.« Dr. Starke beugte sich über den Verletzten. Ein Blutfaden sickerte aus seinem linken Mundwinkel. Seine Haut war gräulich und schlaff. Als Starke das untere Lid herunterzog sah er, daß es farblos war, nicht mehr durchblutet. »Ich kann Sie in dieser Situation doch nicht allein lassen, Fred. Ist der Kranke schon geröntgt?«
    »Nein.«
    Beim Abtasten des mageren, ausgehungerten Körpers stöhnte der Vietnamese auf, als Dr. Starke auf die Milz drückte. »Das habe ich mir gedacht«, sagte er dabei, »Milzruptur. Machen wir eine Abdomenübersicht.« Er warf einen Blick auf Dr. Herbergh, der das Röntgengerät über den Kranken schob. »Dann sind Sie dran, Fred.«
    »Ich habe keine große Wahl, Wilhelm. Wir sind keine Uniklinik. Mir bleibt nur die Splenektomie.«
    »Das ist ja schon etwas.« Dr. Starke trat mit den anderen etwas zurück, der Röntgenapparat surrte und knackte. Mit der belichteten Platte lief Julia in die Dunkelkammer. »Wann operieren wir?«
    »Sofort.«
    »Ob der Bursche bei seinem Zustand die Narkose übersteht?«
    »Wir müssen das Risiko eingehen. Die Bauchhöhle wird voller Blut sein.«
    Nach fünf Minuten wußten sie es. Julia kam mit der Röntgenaufnahme zurück. Der Milzriß war deutlich zu sehen. »Rufen Sie Johann herein«, sagte Herbergh zu Julia. »Wir operieren sofort!«
    »Sie wagen verdammt viel, Fred.« Dr. Starke zog seinen weißen Kittel aus und ging zum Waschbecken, um Hände und Unterarme einzuseifen und zu sterilisieren. In einem besonderen Schrank hingen die grünen OP-Kittel. »Eine Milzexstirpation unter diesen Umständen, das wird Schlagzeilen machen.«
    »Nichts wird es.« Dr. Herbergh stellte sich neben ihn an den zweiten Waschtisch. »Ich werde das nicht hinausposaunen, und Sie auch nicht. Unsere Väter haben da an der Front schon anderes geleistet. Und jetzt sind wir an der Front.«
    Hung und Xuong verteilten die total Erschöpften auf die drei Lager unter Deck. Von allen Seiten wurde ihnen von ihren Landsleuten geholfen, man rieb sie trocken, gab ihnen die erste Zigarette, und dann erschienen die Frauen von der Küche und brachten die dampfende, dicke, köstliche Nudelsuppe – die erste warme Mahlzeit seit fünf Tagen. Die meisten waren so geschwächt, daß sie nur mühsam das Essen löffeln konnten, und nach ein paar Bissen streckten sie sich und schliefen sofort ein.
    »Jetzt sind wir über vierhundert Heimatlose«, sagte Xuong nachdenklich zu Hung. In der Portiersloge tranken sie grünen

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