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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bereit zu sterben, es gab keine Hoffnung mehr für uns, da kamen die Deutschen und retteten uns. Sie haben uns ein neues Leben gegeben. Ihnen verdanken wir alles, alles, was unsere Zukunft ist.«
    »Und aus Dank wirst du seine Hure?!«
    »Ich liebe Toam. Er ist mein Mann.«
    Le senkte den Kopf und warf blitzende Blicke auf Kim. Um seinen Mund lief ein Zucken. »Du bist jung und schön«, sagte er dumpf. »Ich werde traurig sein, eine so junge und schöne Witwe zu sehen.«
    Mit einem Schwung drehte er sich um und lief, die Schwankungen des Schiffes geschickt ausgleichend, über Deck und aus Kims Augen.
    Sie stemmte den Kessel mit Hühnerklein wieder vom Boden hoch, drückte ihn an ihre Brust und schleppte ihn zu den mit Flüssiggas beheizten Herdplatten. Ich muß Toam warnen, dachte sie dabei. Les Reden ist kein Geschwätz, er meint es ernst. Was hat er zu verlieren? Er wird Toam töten, und keiner wird es sehen. Und wer glaubt mir? Le wird mich auslachen und ausrufen: »Sie hat vor Kummer den Verstand verloren!« Und auch das wird man ihm glauben. Wie große Kinder sind sie doch, die Weißen. Sie wissen nicht, wie geschickt wir sind, im Lügen, im Betrügen, im Leugnen, im Beteuern – und im Töten. Die Weißen glauben alles, wenn man geschickt auf sie einredet, wenn man sie in den Worten ertränkt. Wenn sie dem geheimnisvollen Zauber verfallen, den wir ihnen vorspielen. Das völlig Fremde an uns, die Wunderwelt Asiens betäuben sie.
    Es wird keiner da sein, der Le bestraft.
    Nur ich!
    Sie ging zurück zu den Holztischen und reihte sich wieder bei den Frauen ein, die mit schnellem Griff und schnellem Messer Huhn nach Huhn zerteilten.
    Kurz vor der Mittagszeit streckte Büchler auf der Nock den linken Arm weit aus und preßte das Fernglas an die Augen.
    »Ein Boot!« rief er. »Leute, ich sehe ein Boot! Da, da kommt es wieder hoch. Du lieber Gott, die haben tatsächlich den Sturm überlebt.«
    Neben ihm erschien jetzt Larsson und setzte sein großes Fernglas an. »Tatsächlich! Es ist ein Flüchtlingsboot. Sie haben sogar noch einen Mast, und daran flattert Wäsche.«
    Er ging ins Ruderhaus und drückte auf den Hebel. Das Nebelhorn dröhnte über das Schiff. Siebenmal kurz, einmal lang. Alarm. Dr. Starke, der gerade mit Anneliese bei dem operierten Furunkelkranken den Verband wechselte, ließ die Binde fallen.
    »Darauf habe ich gewartet!« rief er. »Mir liegt die Langeweile wie ein Stein im Bauch. Solange ich noch um Sie kämpfen konnte, Anneliese …«
    »Ein völlig sinnloser Heroismus, Wilhelm.« Sie hielt Starke am Ärmelkittel fest, als er weglaufen wollte. »Sie bleiben hier.«
    »Ich habe meinen Einsatz, Schatz!«
    »Sie steigen nicht in das Schlauchboot. In sechs Tagen ist Ihre schwere Commotio noch nicht so ausgeheilt, daß Sie bei dieser groben See herumgeschleudert werden können.«
    »Oh? Sie haben Angst um mich, schöne Kollegin?«
    »Nein. Anordnung vom Chef.«
    »Und ich gab mich eine Minute der Hoffnung hin, daß Ihr Herz für mich zuckt. Wer soll denn im Schlauchboot mitfahren?«
    »Ich.«
    »Auch eine Anordnung vom Chef? Dem werd' ich was erzählen! Sie steigen bei diesem Seegang nicht ins Boot, Anneliese, und wenn ich Sie mit Gewalt anbinden müßte! Der liebende Chef schickt Sie bei diesem Wetter raus! Der Mann hat ja ein Gemüt wie ein Nilpferd! Anneliese, wenn Sie an Deck erscheinen, gibt es einen Skandal, das schwöre ich Ihnen!«
    Dr. Starke rannte hinaus und warf die Tür zu. In seiner Kabine zog er sein Ölzeug über, die Schwimmweste und die hohen Gummistiefel. Die Einsatztasche, die immer neben dem Nachttisch griffbereit stand, hängte er über die Schulter.
    Dr. Herbergh war nun auch auf der Nock erschienen und beobachtete durch sein Fernglas das kleine Boot. Mit voller Kraft lief die Liberty auf die Flüchtlinge zu.
    »Wieder eines der flachen Flußboote«, sagte er. »Wie verzweifelt müssen diese Menschen sein, um sich damit aufs Meer zu wagen. Wie weit sind wir von der Küste entfernt?«
    »Knapp 110 Seemeilen bis zum Mekong-Delta«, antwortete Larsson.
    »Dann sind wir mitten in Trucs Operationsgebiet.«
    »Keine Ahnung.« Nach Abflauen des Sturmes war Larsson wieder in seine verschlossene Art zurückgefallen. »Bin froh, wenn ich ihn nicht mehr sehe.«
    Sie kamen schnell näher. Das Flüchtlingsboot war überfüllt. Kopf an Kopf standen die Elendsgestalten an der Bordwand, ein paar Männer schöpften Wasser aus dem Schiffchen, das keine Lenzpumpe hatte, eine verzweifelte Arbeit,

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