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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dem ersten Floß losgefahren waren, noch ein ganzes Stück vom Ufer entfernt, als Walther und die anderen ihre Flöße von der Sandbank abstießen.
    Lucien schwamm auf eine Planke gestützt neben Walthers Floß, sah aber immer, wenn ihn eine Welle hochhob, zu den vier anderen hinüber. Nach einer Weile lachte er grimmig auf. »Wie es aussieht, sind die Kerle in eine Querströmung geraten, die sie längs der Küste treiben lässt. Wir müssen zusehen, dass wir nicht ebenfalls hineingeraten!«
    »Eine Querströmung? Was bedeutet das?« Walther hatte sich schon gewundert, warum sich das andere Floß mittlerweile vom Land weg bewegte.
    »Ich schätze, wir sind in einer Art Lagune, und deren Wasser läuft irgendwo weiter vorne durch eine Lücke zwischen den Sandbänken ab. Wenn die Kerle Pech haben, werden sie aufs offene Meer hinausgetrieben.«
    Walther sah Lucien besorgt an. »Wie verhindern wir, dass es uns ebenso ergeht?«
    »Wir müssen auf die Oberfläche das Wassers achten, dann sehen wir es.« Lucien bäumte sich auf, um zu schauen, doch da packte Walther ihn und zog ihn auf das Floß.
    »Du bist hier mehr von Wert als im Wasser. Wenn das Floß uns nicht alle trägt, dann schwimme ich.«
    »Noch trägt es uns!«, erklärte Gisela ängstlich, konnte aber ihren Blick nicht von den Balken und Brettern lösen, die sich unter ihnen bewegten, als wollten sie jeden Moment auseinanderfallen.
    »Das tut es«, sagte Lucien grinsend und spähte nach vorne. »Wir müssen nach Backbord ausweichen!« Er gab den beiden anderen Flößen ein entsprechendes Zeichen und forderte alle auf, sich ins Zeug zu legen. »Nehmt Bretter, den Kolben dieser Donnerbüchse oder was euch sonst in die Hände gerät, und paddelt um euer Leben! Wir müssen an der Flussmündung da vorne vorbei, denn von dort kommt die starke Strömung. Wenn die die Flöße erfasst, sind wir verloren.«
    In den nächsten Minuten tat jeder an Bord der vier Flöße, was er konnte, um die plumpen Konstruktionen in eine andere Richtung zu drängen. Wer sonst nichts hatte, nahm die Hände. Selbst die Kinder halfen mit, denn jedem war klar, dass die Strömung sie auf das offene Meer hinaus und damit in den Tod ziehen konnte.
    Walther kniete auf dem Boden und benutzte den Kolben seiner Doppelbüchse als Paddel. Die Waffe war schwer, und mehr als einmal wünschte er sich, sie einfach loslassen zu können. Doch er biss die Zähne zusammen und machte weiter.
    Auf einmal klang Giselas Stimme triumphierend neben ihm auf. »Wir schaffen es!«
    Unwillkürlich blickte er auf und sah die Flussmündung links vor ihnen. Schmutzig braunes Wasser, auf dem Gestrüpp und tote Tiere trieben, ergoss sich in die Lagune und zeugte davon, dass das Unwetter auch an Land gewütet hatte. Für die Menschen auf den Flößen war dies ein Vorteil, denn sie konnten erkennen, wo die gefährliche Strömung verlief.
    Sie hatten das Ufer fast erreicht, als der Sog der Flussmündung sie doch noch erfasste. Ein Blick ins Wasser bewies Walther, dass der Grund an dieser Stelle nur noch drei oder vier Fuß tief war. Mit einem Satz sprang er vom Floß, spürte festen Boden unter den Füßen und stemmte sich gegen den Druck des Wassers.
    Kaum hatte Gertrude dies gesehen, schrie sie so laut, dass alles es hören konnten: »Runter von den Flößen! Nehmt die Frauen und Kinder bei der Hand und versucht ans Ufer zu gelangen!« Sie schwang die Beine über den Rand und ließ sich herab. Da sie fast einen Kopf kleiner war als Walther, reichte ihr das Wasser bis zum Hals. Dennoch nahm sie eines der Kinder auf den Arm und strebte dem festen Land zu.
    Gisela folgte ihr und zog eine ältere Frau mit sich. Nun wagte Thierrys Schwester den Sprung und rettete sich mit ihrem jüngeren Bruder an Land. Da gab es auch für die anderen kein Halten mehr. Wer noch dazu in der Lage war, half anderen, bis die Flöße leer waren.
    Als Letzter hob Walther Arlette Laballe herab und stieß das Floß in die Strömung zurück. Es drehte sich ein paarmal um die eigene Achse und wurde rasch davongetragen. Die Strömung erfasste auch die anderen Flöße und trieb sie Richtung offenes Meer. Walther sah ihnen kurz nach, stapfte auf das Ufer zu und half Arlette an Land. Dann sah er sich um.
    Bis auf die Männer, die das erste Floß genommen hatten, schienen es alle geschafft zu haben. Doch was war mit Laballe und Thierry?
    So schnell er konnte, rannte er einen Hügel empor und spähte auf die Lagune hinaus. Einen Kopf entdeckte er bald. Das musste

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