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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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genossen, wenn die Mächtigen einen Dämpfer bekamen. Ibrahim war so erfreut, dass er eine weitere Anekdote zum Besten gab. «Sie kennen doch die Pompejussäule?»
    «Natürlich. Ich kann sie von meiner Baustelle aus sehen.»
    «Wussten Sie, dass sie nichts mit Pompejus zu tun hat? Sie wurde zu Ehren des Imperators Diocletianus errichtet, nachdem er ein Expeditionsheer geführt hatte, um hier einen Aufstand niederzuschlagen. Er war so wütend auf die Alexandriner, dass er schwor, sich so lange an ihnen zu rächen, bis sein Pferd knietief in Blut versinken würde. Raten Sie, was dann geschah.»
    «Keine Ahnung.»
    «Sein Pferd stolperte und schürfte sich die Knie auf, sodass sie blutverschmiert waren. Diocletianus sah das als Zeichen und verschonte die Stadt. Zum Gedenken daran wurde die Säule errichtet. Aber wissen Sie, was die Alexandriner getan haben?»
    «Nein.»
    «Sie errichteten ebenfalls eine Statue. Allerdings nicht von Diocletianus, sondern von seinem Pferd.»
    Mohammed brach in schallendes Gelächter aus und schlug sich auf die Schenkel. «Von seinem Pferd! Das gefällt mir.»
    Sie näherten sich dem Stadtzentrum. «Wo geht es lang?», fragte Ibrahim.
    «Links», antwortete Mohammed. «Und dann wieder links.» Sie hielten, um eine Straßenbahn vorbeifahren zu lassen. «Und wo befand sich Alexanders Grabmal wirklich?», fragte er.
    «Das weiß niemand genau. Das antike Alexandria wurde von furchtbaren Bränden, Aufständen, Kriegen und Erdbeben heimgesucht. Es gab auch einen katastrophalen Tsunami. Zuerst sog er das Wasser aus den Hafenbecken, sodass die Einwohner ausschwärmten, um die Fische und Wertsachen, die dort lagen, aufzusammeln. Dann kam die Welle. Sie hatten keine Chance.»
    Mohammed schüttelte verwundert den Kopf. «Davon habe ich nie etwas gehört.»
    «Das weiß auch kaum jemand. Jedenfalls wurde die Stadt zerstört, und die ganzen großartigen Stätten gingen verloren, sogar Alexanders Mausoleum. Seitdem hat man es nicht gefunden, obwohl wir es gesucht haben, glauben Sie mir.» Zahllose Archäologen haben es versucht, auch Heinrich Schliemann, nachdem er schon in Troja und Mykene erfolgreich gewesen war. Aber alle sind leer ausgegangen.
    «Sie müssen doch irgendeine Ahnung haben.»
    «Unsere Quellen stimmen darin überein, dass es nordöstlich der antiken Kreuzwege gewesen sein muss», erwiderte Ibrahim. «Das Problem ist nur, dass wir nicht genau wissen, wo diese waren. Überall stehen neue Gebäude. Vor zweihundert Jahren wäre es möglich gewesen. Vor tausend Jahren erst recht. Aber heute …»
    Mohammed schaute verstohlen zu Ibrahim. «Man sagt, Alexander wäre unter der Moschee des Propheten Daniel bestattet. Angeblich liegt er in einem goldenen Sarg.»
    «Das stimmt leider nicht.»
    «Und warum sagt man das dann?»
    Ibrahim schwieg eine Weile und sammelte seine Gedanken. «Wissen Sie, dass Alexander im Koran genannt wird?», fragte er. «Ja, als Prophet Zulkarnein, der mit den zwei Hörnern. Leo, der Afrikaner, ein arabischer Autor des sechzehnten Jahrhunderts, schrieb von frommen Moslems, die zu seinem Grabmal gepilgert sind; und er meinte, es läge unweit der Kirche des Heiligen Markus, genau wie die Moschee des Propheten Daniel. Und arabische Legenden erwähnen einen Propheten Daniel, der ganz Asien erobert und Alexandria gegründet hat und hier in einem goldenen Sarg bestattet worden ist. Dabei kann es sich doch nur um Alexander handeln, oder? Man kann also verstehen, warum die Leute die Moschee mit Alexanders Grabmal verwechseln. Und dann hat ein Grieche behauptet, er hätte auf einem Thron in den Verliesen der Moschee eine Leiche mit einem Diadem gesehen. Die Vorstellung ist sehr verführerisch. Es gibt nur ein Problem.»
    «Welches?»
    «Die Vorstellung ist völlig falsch.»
    Mohammed lachte. «Sind Sie sicher?»
    «Ich habe die Verliese selbst durchsucht», sagte Ibrahim nickend. «Glauben Sie mir, sie sind römisch und nicht ptolemäisch. Sie sind fünfhundert oder sechshundert Jahre zu jung. Aber die Vorstellung hat sich gehalten, nicht zuletzt, weil auf unseren besten Stadtplänen des antiken Alexandria das Mausoleum ganz in der Nähe der Moschee eingezeichnet ist.»
    «Na also!»
    «Die Karte wurde für Napoleon   III. gezeichnet», sagte Ibrahim. «Er brauchte Informationen über das antike Alexandria für seine Julius-Cäsar-Biographie und hat deshalb seinen Freund Khedive Ismael gefragt. Da es zu der Zeit keinen verlässlichen Stadtplan gab, beauftragte Khedive

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