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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Sprachexpertin zu verwöhnen. In ihrem Fall jedoch war das etwas anderes. Sie war als leitende Repräsentantin der Makedonischen Archäologischen Stiftung hier und schuldete es dem Ansehen dieser Institution, einigermaßen stilvoll zu reisen.
    Den frühen Abend verbrachte Elena damit, ihren Schreibkram nachzuholen. Unglaublich, wie bürokratisch die Leitung einer Ausgrabung in Ägypten sein konnte. Gerade als sie der Arbeit überdrüssig zu werden begann, klopfte es an der Tür. «Herein», rief sie. Die Tür ging auf und wurde geschlossen. Elena addierte eine letzte Zahlenreihe und drehte sich dann auf ihrem Stuhl herum. Mit einem verstörenden Herzklopfen sah sie den Franzosen aus der Nekropole in Jeans und Lederjacke in ihrem Zimmer stehen. «Was zum Teufel machen Sie denn hier?», wollte sie wissen.
    Augustin ging zum Fenster, als wäre er hier zu Hause. Er zog den Vorhang zurück, um hinaus auf den Hafen zu schauen. «Sehr hübsch», meinte er nickend. «Bei mir sehe ich nur die Wäsche anderer Leute.»
    «Ich habe Sie etwas gefragt.»
    Er drehte sich um und lehnte sich gegen die Klimaanlage. «Ich habe ständig an Sie gedacht», sagte er.
    «Wie bitte?»
    «Ja. Genauso wie Sie ständig an mich gedacht haben.»
    «Ich kann Ihnen versichern», entgegnete sie, «ich habe keinen Augenblick an Sie gedacht.»
    «Ist das wahr?», fragte er spöttisch.
    «Ja», sagte Elena. «Das ist wahr.» Aber ihre Stimme bebte ein wenig, und Augustins unverschämtes Lächeln wurde noch breiter. Elena schaute ihn finster an. Sie war eine attraktive, erfolgreiche und wohlhabende Frau, die daran gewöhnt war, von Frauenhelden wie ihm umschwärmt zu werden. Normalerweise wurde sie spielend mit ihnen fertig, indem sie einen verächtlichen Flammenwerferblick aufsetzte, der die Interessen dieser Typen derart wirkungsvoll auslöschte, dass sie wie ein Häufchen Asche vor ihr zusammensackten. Doch als sie diesen Blick nun Augustin zuwarf, sackte er nicht zusammen. Er nahm ihn einfach mit seinem anstößigen Grinsen auf und starrte sie weiter an. «Bitte gehen Sie», sagte sie. «Ich habe zu tun.»
    Aber er ging nicht. Mit dem Rücken zum Fenster stand er einfach da. «Ich habe einen Tisch reserviert», sagte er. «Ich möchte Sie nicht drängen, aber …»
    «Wenn Sie nicht gehen», erwiderte sie kalt, «rufe ich den Sicherheitsdienst.»
    Augustin nickte. «Sie müssen natürlich tun, was Sie für richtig halten.»
    Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube zog sie das Telefon zu sich heran. Es war ein altes Modell mit Wählscheibe. Als sie die erste Ziffer wählte, rechnete sie damit, dass er kalte Füße bekommen würde. Aber er rührte sich nicht. Er stand einfach mit dem gleichen, verflucht eingebildeten Lächeln da. Die Wählscheibe flutschte mit einem dumpfen, metallischen Schnurren in die Ausgangsposition zurück. Sie wählte die zweite Ziffer. Der Hörer fühlte sich kühl an ihrer Wange an. Sie steckte ihren Finger in das Loch, um die dritte Ziffer zu wählen, doch in diesem Moment schien ihren Arm die Kraft zu verlassen, als litte sie plötzlich unter Muskelschwund.
    Er kam zu ihr, nahm ihr den Hörer ab und legte ihn zurück auf die Gabel. «Sie werden sich frisch machen wollen», sagte er. «Ich warte unten.»

IV
    «Wir haben ihn gefunden», sagte Nessim.
    Am anderen Ende der Leitung war es eine Weile still. Nach so vielen Enttäuschungen schien Hassan skeptisch zu sein. «Bist du sicher?»
    «Hosni hat ihn gesichtet», sagte Nessim. «Er ist in der Wohnung eines Freundes untergekommen. Ich bin sofort hingefahren, als ich den Anruf erhielt. Vor fünfzehn Minuten kam er raus, völlig unbekümmert. Offenbar denkt er, wir suchen ihn nicht mehr. Aber er ist es, definitiv.»
    «Wo ist er jetzt?»
    «Er fährt mit einem Taxi Richtung Ramla.»
    «Folgst du ihm?»
    «Natürlich. Soll ich ihn hochnehmen?»
    Wieder diese Stille. Dann: «Hör zu, du machst Folgendes.»

V
    Die Herzlichkeit, mit der Gaille ihn an diesem Abend begrüßte, überraschte und erfreute Knox. «Perfektes Timing», sagte sie begeistert. «Ibrahim hat mich gebeten, morgen die Wandmalereien in der Vorkammer zu erklären. Ich brauche ein Opfer, um noch ein bisschen zu üben.» Sie ignorierte den giftigen Blick des Portiers und führte Knox in ihr Zimmer. Durch die offene Balkontür drang Straßenlärm herein. Schwatzende und lachende Jugendliche in Vorfreude auf den Abend, in der Ferne eine Straßenbahn, die über die Schienen klapperte, als würde sie Töpfe und

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