Das Gottesmahl
ausgesprochene
Vorliebe für den schlichten Ersatz-Hamburger, während
Rafferty die Ersatz-Fischfrikadelle (deren
Meeresfrüchtegeschmack dem Brustwarzenhofgewebe entstammte)
für unübertrefflich hielt, und Chickering mochte das mit
Käse (dessen Kulturen waren aus göttlichem Lymphdrüsen
gezüchtet worden) überbackene Ersatz-Hacksteak am liebsten;
nur das panierte Ersatz-Hähnchenklein à la McNuggets
schmeckte niemandem so recht.
Anthony ließ sich nicht beirren. »Er aber nahm die
fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach
den Segen und reichte sie den Jüngern zum Austeilen an
sie…« Er warf das Brötchen über Bord. »Und
alle aßen und wurden satt…«
In hohem Bogen flog das Fischfrikadellenbrötchen zwischen die
Meuterer. Vollmatrose Weisinger streckte die Arme und fing es.
Ungläubig entfaltete er das Wachspapier und betrachtete die
milde Gabe. Er betastete das Brötchen und roch an der
Frikadelle. In parallelen Rinnsalen liefen ihm Tränen der
Dankbarkeit über die Wangen. Er zerknüllte das Papier zu
einer Kugel, warf sie beiseite, hob das Brötchen an den Mund und
strich mit den Lippen über die krosse, saftige
Köstlichkeit.
»Essen Sie«, befahl Anthony.
Weisinger drückte einen Zeigefinger unter die Nase, hakte den
anderen Zeigefinger an die unteren Schneidezähne und stemmte
sich den Mund auf; dann schob er eine Ecke der Fischfrikadelle hinein
und biß ein großes Stück ab. Er schluckte. Schlang.
Sofort befiel ihn ein krampfhaftes Zittern. Ein Würgen, das
klang, als ob ein Schiffsrumpf über Grund schrammte, drang aus
seiner Kehle. Sekunden später erbrach er den Bissen, bekleckerte
sich den Schoß mit einem Gemisch aus bernsteingelbem Fett und
meergrüner Galle.
»Kauen Sie gefälligst!« brüllte Anthony ihm
zu. »Sie sitzen nicht in ’ner Hafenkaschemme und fressen
Heringsstipp. Kauen Sie!«
Weisinger versuchte es mit einem bescheideneren Bröckchen ein
zweites Mal. Bedächtig langsam mahlten seine Kiefer.
»Schmeckt gut!« japste der Vollmatrose. »Mann,
das schmeckt ja dermaßen gut…«
»Natürlich schmeckt es gut«, schnauzte Anthony.
»Alles Gute kommt von Gott«, rief Schwester Miriam.
Anthony entnahm der Alu-Kiste ein mit Käse überbackenes
Hacksteak. »Wer ist euer Kapitän?« schrie er in den
Wind.
»Sie sind es«, krächzte Dolores Haycox.
»Sie sind’s«, bekräftigte Charlie
Horrocks.
»Sie«, pflichteten Ralph Mungo, Bud Ramsey, James
Schreiender Falke, Stubby Barnes, Juanita Torres, Isabel Bostwick,
An-mei Jong und ein Dutzend weiterer Besatzungsmitglieder ihnen
unverzüglich bei.
Anthony ließ den Arm mit dem Hacksteak-Brötchen
über die Reling baumeln. »Wer ist das Brot des
Lebens?«
»Sie sind das Brot des Lebens«, gellten die Stimmen
mehrerer Meuterer im Chor.
Er winkte mit dem eingepackten Brötchen. »Wer kann euch
die gegen dieses Schiff begangenen Sünden vergeben?«
»Sie!«
Schwester Miriam vollführte einen Seitwärtssprung,
entwand Anthony das Hacksteakbrötchen und warf es in die Luft.
Haycox stürmte los wie ein Rugbyspieler und raffte das
Päckchen an sich, riß augenblicklich das Wachspapier
ab.
»Dazu hatten Sie kein Recht«, herrschte Anthony die
Nonne an. »Sie sind nur Passagierin, Herrgott noch
mal.«
»Ich bin nur Passagierin«, stimmte sie zu.
»Herrgott noch mal«, wiederholte sie, verzog dabei die
Unterlippe.
Ockham wühlte in der Kiste, holte vier Hamburger und vier
Kästchen Hähnchenklein à la McNugget heraus.
»Jeder von Ihnen erhält zwei«, teilte er den Meuterern
mit, schleuderte die abgepackte Nahrung über die Reling.
»Essen Sie langsam!«
»Ganz langsam«, mahnte Miriam, indem sie sechs
Fischfrikadellenbrötchen hinabwarf.
Es hagelte Gottesgaben vom Himmel. Zur Hälfte wurden sie aus
der Luft gegrapscht, die andere Hälfte plumpste in den Sand.
Nicht allein die Geordnetheit, die die Meuterer beim Aufsammeln der
hingefallenen Portionen an den Tag legten, beeindruckte Anthony,
sondern auch der Umstand, daß niemand mehr als den gerechten
Anteil an sich brachte.
»Jetzt haben sie vor mir Furcht«, stellte er fest.
»Sind Sie darauf stolz?« fragte Ockham.
»Ja. Nein. Ich will mein Schiff zurück,
Thomas.«
»Und wie ist es, wenn man gefürchtet wird? Steigt’s
Ihnen zu Kopf?«
»Aber sicher.«
»Und was folgt nun nach?«
»Also, ich will ehrlich sein. Natürlich empfinde ich die
Versuchung, mir die Füße küssen zu lassen. Ich bin
der Verlockung ausgesetzt, mich zu ihrem Gott
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