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Das Gottesmahl

Das Gottesmahl

Titel: Das Gottesmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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gesehen?«
    »Nee.«
    »Toller Streifen. Russell bekam ’n Oscar.«
    »Die Rechnungen begleiche ich«, versprach Oliver, tippte
behutsam gegen Flumes linken Armstumpf. »Egal was diese
›wunderbaren Armprothesen‹ kosten, ich bezahle die
Rechnungen.«
    »Ich will keine >wunderbaren Armprothesen<«,
maulte Flume halblaut. »Und Russell mußte seinen Oscar
später verscherbeln.«
    »Stimmt«, seufzte Pembroke.
    »Ich will echte Arme.«
    »He, alter Spezi, denk mal dran, was für ’ne teuflisch heiße Schlacht um Guadalcanal wir
demnächst veranstalten.«
    »Ich mag keine Schlacht um Guadacanal mehr sehen.«
    »Nicht?« vergewisserte sich Pembroke.
    »Keine Schlacht um Guadacanal, keine Ardennenschlacht, nicht
mal ’n D-Day.«
    »Ach so. Naja, irgendwo kann ich’s verstehen.«
    »Ich will Arme.«
    »Klar doch.«
    »Dauernd versuche ich die Hände zu bewegen.«
    »Natürlich.«
    »Aber es geht nicht.«
    »Ich weiß, Albert.«
    »Ich möchte auf dem Klavier spielen.«
    »Sicher.«
    »In der Nase bohren.«
    »Freilich.«
    Zeit zum Gehen, sagte sich der Vorsitzende der Philosophischen
Liga für moderne Aufklärung e. V., während Albert
Flume sein Bedürfnis zum Ausdruck brachte, mit den Fingern zu
schnippen und Däumchen zu drehen. Zeit zum Treffen mit
Cassandra, dachte sich Oliver, während der armlose
Militärdrama-Veranstalter das Verlangen äußerte, eine
Armbanduhr anzuziehen, Briefe zu schreiben, mit einem Jo-Jo zu
spielen, für Dynamo Hudson die Fahne zu schwingen und zu
wichsen. Zeit zum Weiterführen des Lebens, von dem Oliver ahnte,
daß es erdrückend öde und absolut langweilig werden
würde.
     
    Eine volle Bettschüssel, merkte Thomas Ockham nach und nach,
war eine hoffnungslos beschissene Sache. Keine noch so phantasievolle
Beschönigung konnte daran etwas ändern. Jedesmal wenn er
eine durchs Krankenrevier der Maracaibo trug, versuchte er
sich einzureden, sie sei ein Meßkelch, ein Ziborium oder gar
der Heilige Gral; doch sobald er den Abort betrat, hatte er wieder
ein Blechgefäß voller Kot in den Händen. Infolge
dessen fühlte sich der Geistliche nachgerade
überschwenglich erleichtert, als Tullio di Luca eine
Krisensitzung anberaumte, um das weitere Schicksal des Corpus Dei zu diskutieren, ließ gerne von dem unschönen
Liebesdienst ab und strebte zum Lift.
    Die Offiziere und Offizierinnen der Valparaíso – van Horne, Rafferty, Haycox, O’Connor und Bliss –
hatten sich schon in der Offiziersmesse versammelt, als Thomas
eintraf, saßen in einer Reihe auf der anderen Seite des Tischs.
Rafferty zündete sich eine Marlboro an, O’Connor steckte
sich ein Hustenbonbon in den Mund.
    Konzentrische dunkle Kreise umringten die Augen des Kapitäns,
als wären sie ins Wasser geworfene Kieselsteine. Allmählich
fand sich auch die Schiffsführung der Maracaibo ein,
allen voran di Luca, danach Erster Offizier Orso Peche, Erster
Maschinist Vince Mangione, Funkoffizier Gonzalo Cornejo und Dr.
Guiseppe Carminati, der Arzt des Vatikans; einer wirkte
mißmutiger und heimwehkranker als der andere. Mick Katsakos
stand unterdessen auf der Brücke, mutmaßte Thomas, und
hielt den Golf-Tanker in sicherem Abstand von der sinkenden Valparaíso.
    »Während meiner leider nur kurzen Bekanntschaft mit
Ihrem Vater habe ich seine Seemannstugenden und seinen Mut zu
bewundern gelernt«, salbaderte di Luca, nahm am Kopfende des
Tischs Platz. »Ihre Trauer muß überwältigend
sein.«
    »Bis jetzt noch nicht«, brummte van Horne. »Ich
halte Sie auf dem laufenden.«
    Vor Unbehagen über die Direktheit des Kapitäns zog
Thomas die Schultern hoch. Er setzte sich neben Lianne Bliss und warf
durchs benachbarte Bullauge einen Blick ins Freie. Wie eine Insel
lugten nach wie vor Aufbauten der Valparaíso aus der
unruhigen Norwegischen See, als wäre sie der Rasputin unter den
Supertankern: Kugeln, Gift, Keule, und noch immer klammerte er sich
ans Leben.
    Weshalb war Gott gestorben?
    Warum?
    »Der Vatikan macht Ihnen einen Vorschlag«, sagte di Luca
zu van Horne. »Wir wissen nicht genau, wieso Sie in der
vergangenen Woche abfällig geworden sind, aber der Heilige Vater
ist ein herzensguter Mann und verzeiht Ihnen die Insubordination,
wenn Sie das Kommando über die Maracaibo antreten und
künftig tun, was Rom wünscht.«
    »Die Entwicklung ist Ihnen voraus, Eminenz«, antwortete
der Kapitän. »Mir ist das Kommando schon von meinem Vater
anvertraut worden, kurz bevor er starb.«
    »Dazu hatte er gar kein Recht.«
    »Ich kann Ihnen

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