Das Gottschalk-Komplott
Flamen, indem er argwöhnisch dreinblickte. „Kannst du denn gar nichts dagegen unternehmen, sie wegen Vertragsbruch verklagen, oder so?“
„Man bietet eine Entschädigung“, sagte Prior, ehe Flamen zu antworten vermochte. „Celia, halt dich bitte raus, G’spusi, ja? Wir haben Schwierigkeiten.“
„Ja. Ja, natürlich.“ Das schöne Gesicht zu einer mitfühlend betrübten Miene verzogen, entfernte sie sich aus dem Aufnahmebereich der Kamera.
„So, wo waren wir?“ meinte Prior merklich verärgert. „Ach ja! Matthew, ich wollte wissen, hast du irgend etwas in die Wege geleitet, was die Gottschalks auf die Palme gebracht haben kann, und wenn ja, hast du …“
Ein Ausruf Diablos unterbrach ihn; der Nieb war aufgesprungen und deutete auf Madison.
„Was ist denn auf einmal mit ihm los?“ rief er.
Alle Köpfe drehten sich; Madison war auf seinem Stuhl zusammengesunken, und sein zuvor so ernstes Gesicht besaß nun einen Ausdruck idiotischer Laschheit, mit so schlaffen Lippen, daß bereits Speichel auf dem Kinn glitzerte. Im nächsten Moment nahm er mit der rechten Hand seine Linke auf und untersuchte sie auf sonderbare Art und Weise, als zähle er die Finger. Als Conroy ihn ansprach, bestand seine einzige Reaktion aus einem faden, dümmlichen Lächeln.
„Dr. Reedeth“, sagte Diablo nervös, „ich glaube, Sie kümmern sich mal lieber um ihn.“
Vorsichtig trat der Psychologe näher, musterte den Nieb vom Kopf bis zu den Füßen. „Madison?“ fragte er, wiederholte den Namen strenger. „Madison?!“
Umständlich erhob sich der Nieb, als fiele ihm die Beherrschung seiner Gliedmaßen schwer, und nahm eine karikaturhafte Onkel-Tom-Haltung ein. „Hier, Feldwebel, Sir“, greinte er. „Ich fühl’ mich nicht gut, Sir, ehrlich. Bitte schicken Sie mich nich’ zurück in Verwahrung.“
Während Reedeth und die anderen wie versteinert herumstanden, nahm sich Flamen unverzüglich Conroy vor. „Na also! Ich bin nur ein Laie, gewiß, aber das klingt doch nicht, als käme es aus dem Mund eines geistig gesunden Menschen! Waren’s nicht Sie, der gesagt hat, er wolle sich mit dieser Story befassen, bis er sich gezwungen sieht, sie in Zweifel zu ziehen?“
Conroy wirkte völlig verdutzt, stand mit leicht offenem Mund da. Er wollte etwas äußern, aber es gelang ihm nicht.
Zum erstenmal, seit er und Conroy sich am Vormittag auf dem Flugplatz getroffen hatten, Herr der Lage, richtete sich Flamen voller Triumph zur ganzen Körpergröße auf. „Ich habe jetzt die Nase gestrichen voll“, verkündete er. „Hinaus, alles raus! Kehren Sie zurück nach Kanada, Professor – gehen Sie. Offensichtlich bedarf ich Ihrer Dienste nicht mehr, denn es gibt nicht länger eine Matthew-Flamen-Show, in der wir Mogshack aufs Korn nehmen könnten – nicht daß wir dazu gekommen wären, uns ernsthaft mit diesem Projekt zu beschäftigen. Das gilt auch für Sie, Diablo … leider müssen Sie sich anderswo nach einer Möglichkeit umsehen, wie der Kontrakt Washington/Blackbury in Ihrem Fall eingehalten werden kann. Und Sie, Doktor, verschwinden wieder in Ihre Klinik, und nehmen Sie den mit.“ Mit einer ruckartigen Kopfbewegung wies er auf Madison, der noch immer seine Finger befummelte und ihre Anzahl anscheinend irgendwie komisch fand, denn alle paar Sekunden schlotterte er von unterdrücktem Gekicher. „Und Sie auch, Miss Clay! Entgegen allem, was der Hohlkopf da denken mag, hege ich nicht im entferntesten die Absicht, mich freiwillig zu Ihrem Mack zu machen. Vorwärts!“
Stumm gehorchten sie alle wie Maschinen; Diablo und Reedeth ergriffen jeder eine Hand Madisons, und er ließ sich von ihnen gefügig hinausführen; als letzte folgte Lya. Im selben Moment, als der Doktor die Tür von draußen schloß, platzte vom KommNetz-Bildschirm Prior von neuem aufgeregt los. „Matthew, in Gottes Namen, was ist denn dort eigentlich vorgegangen?“
„Soweit ich’s selber verstehen kann, eine Art von ansteckendem Irrsinn“, brummte Flamen. „Beinahe bin ich mit hineingezogen worden. Durch Conroy. So, nun komm, laß mich die ganze Geschichte von diesem Gottschalks-Ding hören.“
„Ich habe dir alles genauso erzählt“, entgegnete Prior gedämpft, „wie ich’s von Voigt weiß.“
„Aber können wir denn keinerlei Gegenmaßnahmen mehr einleiten? Vielleicht eine einstweilige Verfügung? Wie wäre es mit …“ Flamen verstummte, als er sich zu seiner eigenen Verblüffung daran erinnerte, daß in der Tat genau jene Themen, von
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