Das Gottschalk-Komplott
durchführen, diese bereits ausgeprägten Verhaltensmuster zu einer Stärke zu steigern, die unter der informierten Bevölkerung den Besitz einer Waffenträger-Einheit des Systems C überaus erstrebenswert machte – jedoch mit dem Resultat, daß bereits die Möglichkeit, ein anderes Individuum könne ein Exemplar dieser buchstäblich unzerstörbaren Einheit erwerben, vollkommen genügte, um einen Angriff auf selbiges Individuum zu provozieren, bevor es eine erwerben konnte.“
„O Gott“, sagte Diablo. Seine Stirn war in verkrampften Falten gefurcht. „Du meinst … etwa so … sobald sich herumspricht, daß die Gottschalks diese Waffen einer benachbarten Niebs-Enklave billig überlassen, gehen die örtlichen Blanks hin und massakrieren die Niebs, ehe sie in Gebrauch nehmen können, was sie erhalten haben?“
„Das ist ein passendes Beispiel. Die Zerstörung von Blackbury, Chikago, Detroit, Blackmanchester und einer Anzahl kleinerer durch Negro-Bevölkerung kontrollierter Städte anfangs der zwanziger Jahre ist auf dieser Grundlage erklärlich. Um zweittausenddreißig dehnte sich das beschriebene Phänomen allerdings auch auf den individuellen Bereich aus.“
„Wie das?“ wollte Flamen wissen. Die Diskussion zog den Medienkiebiz offenkundig gegen seinen Willen in ihren Bann; seine Stimme klang harsch und nach innerer Auflehnung.
„Das Wissen ums Vorhandensein einer Person in unmittelbarer Nachbarschaft, die wohlhabend genug war, um eine Einheit des Systems C erwerben zu können, bot oft das Motiv zur Ermordung derselben Person. In gewissen Gebieten, vor allem in Kalifornien und im Bundesland New York, kam es zu einer Häufigkeit von mehr als siebzig Prozent.“
„Du willst sagen, siebzig Prozent jener Wohlhabenden, die gewaltsam den Tod fanden, sind umgebracht worden, weil ihre Nachbarn befürchteten, sie könnten sich solche Waffen kaufen?“
„Nein. Siebzig Prozent der Personen, die wohlhabend genug waren, um sich die genannte Bewaffnung zu leisten, sind getötet worden, ehe sie sie tatsächlich erwerben konnten.“
Ein totales, entsetzliches Schweigen entstand, in dem das schwache, leise Summen der Computer ringsum lautstark wie Friedhofsglocken wirkte.
„Wie … teuer?“ Die Wörter kamen gequetscht aus Flamen, wie Saft aus einer Apfelsine.
„Anfänglich einhunderttausend Dollar. Die Inflation führte zu einem Preisanstieg, und Typ V hatte schließlich einen Preis von einhundertfünfundfünfzigtausend Dollar.“
Erneut folgte Schweigen. Wieder war es Lyla, die es brach, obwohl sie sich zu sprechen scheute, bis feststand, daß sonst niemand erhöhten Wert darauf legte, das Wort zu ergreifen.
„Aber ich verstehe nicht, was nun von uns erwartet wird, daß wir’s tun“, sagte sie. „Vorher zu wissen, daß sich Schreckliches anbahnt, macht es noch schlimmer. Ich meine, offensichtlich ist so was ja nicht abwegig. Überall baut sich jeder Barrikaden … man bedenke nur, wie’s uns, Madison und mir, ergangen ist, als wir unterwegs waren, um irgendwo etwas zu essen …“ Ihre Stimme sank herab, und sie verstummte mitten im Satz.
„Ich sehe mehrere Möglichkeiten, mit denen es sich zu versuchen lohnt“, sagte Conroy. „Zum Beispiel könnte die Flamen-Show am Montag präzise Einzelheiten dieser Waffen vom System C der Öffentlichkeit bekanntgeben, bis hin zum Marktpreis, und wenn ich überhaupt eine Vorstellung davon habe, wie das Denken der Gottschalks vor sich geht, dürften verdammt viele von Anthonys Anhängern die Seite wechseln, einfach aufgrund der Erwägung, daß er, wenn er nicht mal ein Geheimnis hüten kann, nicht der zum Chef geeignete Mann ist. Was halten Sie davon, Flamen?“
Der Medienkiebiz wollte gerade eine Antwort erteilen, die – seiner Miene zufolge – offen geringschätzig ausfallen sollte, da summte plötzlich der KommNetz-Apparat. „Priorität“, sagte eine Stimme, „Kennwort ‚Große Lippe’. Er muß ganz einfach dort sein …“
„Verflixt noch mal, was ist denn das?“ Flamen fuhr zur Kamera herum. „Wer um alles in der Welt kann denn an einem Wochenende versuchen, mich hier zu erreichen?“
Auf dem Bildschirm nahm Priors Gesicht Gestalt an, seine Miene widerspiegelte Erleichterung. „Dem Himmel sei Dank, daß ich dich endlich gefunden habe, Matthew!“ platzte er augenblicklich heraus. „Überall habe ich dich gesucht – zu Hause, in der Ginsberg-Klinik, im Hotel, wo du Conroy einquartiert hast …“ Sein Blick huschte an Flamen vorbei und
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