Das Grab der Königin
gedrückt…
***
Der Wind peitschte gegen Morgana Laytons Gesicht und verschluckte ihr triumphierend ausgestoßenes Lachen.
Sie hatte gewonnen, sie befand sich im Besitz des Dunklen Grals, mit dem sie die Königin in die Knie zwingen konnte. Ihr Wissen würde bald auf eine andere Person übergegangen sein.
Morgana war die neue Herrin der Wölfe. So gebärdete sich die Frau auch. Ihre menschliche Gestalt hatte sie beibehalten, aber sie ging nicht zu Fuß. Sie hockte auf den Rücken zweier Wölfe und krallte sich nur mit einer Hand im Fell des Nackens fest. In der anderen hielt sie das wertvolle Gefäß mit der Kugel.
Ihr gehörte jetzt der Gral, und die beiden Wölfe würden sie so rasch wie möglich ans Ziel bringen. Das Grab der Königin sollte ihr gehören, ihr allein.
Und so jagte sie weiter durch die Wüstennacht, deren Kälte sie nicht spürte, denn in ihrem Innern tobten die Hitzewellen der Freude. Fenris, der Götterwolf und Mentor im Hintergrund, hatte ihr die Kraft gegeben, damit die Wölfe vor ihr kuschten.
Morgana kam sich vor, als würde sie fliegen. Sie und ihre beiden Reitwölfe hatten die Spitze übernommen, das übrige Rudel folgte dich hinter ihnen.
So jagten sie über das unebene Gelände, nichts konnte sie aufhalten. War ein Hindernis zu groß, jagten sie einfach daran vorbei. Andere wurden kurzerhand übersprungen.
»Ich komme!« schrie sie. »Königin, ich komme!«
Und sie erreichten die ausgegrabenen Reste der alten Königsstadt Marib noch vor dem Tageswechsel. Erst zwischen den Mauern der alten Ruinen stieg Morgana Layton ab.
Das Rudel stoppte. Nur allmählich senkte sich der aufgewirbelte Staub. Mit ihm stieg auch Morgana Layton von den Rücken ihrer ungewöhnlichen Reittiere.
Sie ging einige Schritte zur Seite. Ihre Stiefel schleiften durch den feinen Sand. Die lederne Jacke hatte sie weit aufgeknöpft, drehte sich so, daß ihr das Mofidlicht genau gegen den Körper schien, und genoß diesen fahlen Glanz.
Sehr langsam durchschritt sie die Ruinen. Manche Mauerreste ragten noch wie Wohnhäuser neben ihr auf. Andere wiederum waren viel kleiner. Man konnte aus ihrer Formation herauslesen, wie die Bauten früher errichtet worden waren.
Morgana hatte den Kopf etwas vorgestreckt. Es sah so aus, als wollte sie mit ihrer Nase etwas wittern. Auch die Augen hatten einen anderen Glanz bekommen. In ihnen lag jetzt ein kalter, ein funkelnder Schein, wie von einem Juwel abgegeben, in dem ein böses Feuer steckte. Grüngrau waren die Augen, die jedes Detail wahrnahmen.
Die Meute der Wölfe hielt sich hinter ihr auf. Sie bewegten sich auf leisen Pfoten. Nur ab und zu erklang ein Tappen, wenn sie die Füße in den Staub stachen.
Ihre Mäuler standen offen. Die Zungen hingen hervor wie zuckende Lappen. Hecheln durchdrang die Finsternis, hin und wieder unterbrochen von einem scharfen Bellen.
Morgana wußte nicht genau, wo sich das Grab befand. Sie verließ sich da auf ihren Instinkt und auf den Dunklen Gral, den sie dem Geisterjäger gestohlen hatte.
Aus dem Boden wuchsen zwei Mauerreste hoch, die Ähnlichkeit mit einem alten Tor aufwiesen. Morgana wußte, daß sie sich hier in einem Tempel befand. Wenn sie durch das Tor schritt, gelangte sie möglicherweise in das Zentrum des Tempels und vielleicht auch zu dieser alten Grabstätte, die sie finden mußte.
Sie ging durch.
Dahinter schaute sie auf einen freigelegten Platz, der allerdings sand-und staubbedeckt war. Im Mondlicht schimmerten die Sandkristalle wie winzige Diamanten.
Der Platz lag unter dem eigentlichen Niveau des Tempels. Er war rechteckig angelegt worden und an den vier Seiten umrahmt von Treppen, auf deren Stufen der Wind den alten Wüstensand geschleudert hatte, so daß sie nur schwerlich zu erkennen waren. Morgana blieb stehen. Wieder gab sie sich so, als würde sie schnüffeln und wittern. Sie hatte einfach das Gefühl, fast schon an der richtigen Stelle zu stehen.
Nur noch wenige Schritte…
Vielleicht die Treppen hinab?
Sie drehte sich um.
Die Wölfe standen hinter und neben ihr. Auch ihre Augen leuchteten kalt und grausam.
Um Morganas Lippen spielte ein Lächeln. Sie genoß noch das Licht des Mondes. Er streifte ihren Körper und ließ ein Kribbeln auf der Haut zurück.
Im Mondlicht baden. Dieses Sprichwort traf auf die Führerin der Wölfe zu.
Sie begab sich auf den Weg in die liefe. Dieses Rechteck am Ende der vier Treppen übte eine ungemein starke Faszination auf sie aus. Das Gefühl sagte ihr, dicht am Ziel zu
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