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Das Grab der Königin

Das Grab der Königin

Titel: Das Grab der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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John, wenn die uns nicht warnen will.«
    »Das Gefühl habe ich auch.«
    Sie stand da und rührte sich nicht. Grau das Gewand, grau das Gesicht, grau die Hände und rot die Blüte der Rose, deren Stiel aus ihren zusammengelegten Handflächen wuchs.
    Für uns war es ein geisterhaftes, unheimliches Bild, das nicht in diese Landschaft hineinpaßte. Ihre Gesichtszüge zeichnete das helle Licht sehr deutlich nach. Es schien in jede Rinne und Falte eindringen zu wollen und auch dorthin, wo bei einem Menschen normalerweise die Augen sitzen. Da aber schien es nur in die leeren Höhlen.
    »Du kennst sie besser, John«, sagte Suko leise. »Steig aus und frage, was sie will.«
    »Das werde ich auch.«
    »Gib acht«, meldete sich Jenna vom Rücksitz her. »Das kann auch eine Falle sein.«
    »Klar.«
    Die Kälte der Wüste umfing mich. Es war totenstill, denn Suko hatte auch den Motor ausgestellt. Langsam nur senkte sich der Staub. Herrlich spannte sich der Himmel über dem Land.
    Außerhalb des Lichtscheins, war es so finster, daß ich nichts erkennen konnte. Wenn Feinde in der Nähe lauerten, besaßen sie ein gutes Versteck.
    Meine Tritte knirschten, als ich auf die Frau zuging. Auch jetzt stand sie unbeweglich auf der Stelle. Ich wußte nicht, welche der sechs uns hier besucht hatte, für mich sahen sie alle gleich aus. Schräg vor ihr blieb ich stehen. Ihr Kommen mußte einen Grund haben. Ich schaffte es zunächst nicht, sie danach zu fragen, da etwas anderes passierte.
    Es begann mit der Rose.
    Schon einmal hatte ich erlebt, wie aus dieser herrlichen Blüte graue Asche geworden war. Dieser Vorgang lief auch hier ab. Die feinen, hauchdünnen Blätter begannen zu zittern, als wären sie von einem Windhauch bewegt worden. Gleichzeitig - das sah ich deutlich im Lichtschein — wechselte die Rose ihre Farbe. Das dunkle Rot verschwand. Aus irgendeiner nicht erfaßbaren Tiefe schob sich etwas anderes hervor. Ein faulig aussehendes Grau, das schon sehr bald die echte Farbe überdeckte. Als es die Ränder der Blütenblätter erreicht hatte, fielen sie in sich zusammen und rieselten als feiner Staub durch das Licht der Scheinwerfer dem Boden entgegen.
    Auch Jenna hielt nichts mehr im Wagen. Sie drückte die Tür auf und stieg aus. Ich lauschte ihren Schritten nach, konzentrierte mich aber auf die geisterhafte Frau.
    Von der Rose war so gut wie nichts mehr zurückgeblieben. Nur noch der Stiel schaute aus ihrer Hand.
    Dann weinte sie.
    Die tiefen dunklen Augenhöhlen füllten sich mit ebenfalls dunkel aussehendem Tränenwasser, das von den Öffnungen nicht mehr gehalten werden konnte und an den eingefallenen und durch Falten und Kerben gezeichneten Wangen der geheimnisvollen Gestalt nach unten lief.
    Sie weinte.
    »Da muß etwas passiert sein«, wisperte Jenna hinter mir. »Mein Gott, wahrscheinlich haben sie es geschafft. Morgana wird…«
    »Ich werde sie fragen,« sagte ich und blickte die geisterhafte Person an.
    »Weshalb bist du gekommen? Was willst du von uns? Möchtest du uns warnen? Oder hat Morgana Layton es geschafft?«
    Sie bewegte ihren Mund. Die Antwort drang uns leise wie ein Windhauch entgegen. »Sie hat das Grab gefunden. Wir konnten es nicht mehr schützen, glaubt mir.«
    »Und die anderen Wächterinnen?«
    Die geisterhafte Frau öffnete ihre Hände. Der Rosenstiel fiel zu Boden und wurde dort ebenfalls zu Asche. »Reicht euch das als Antwort?«
    »Tot?« ächzte ich.
    »Ja…«
    Mir rann es kalt über den Rücken. Jenna gab einen erstickt klingenden Laut der Enttäuschung von sich. Damit hatten wir nicht gerechnet. Alles wies darauf hin, daß Morgana es vor uns geschafft hatte, das Grab der Königin zu finden.
    »Wir müssen trotzdem weiter, so schwer es uns auch fallen wird. Vielleicht ist noch nicht alles verloren…, wir…«
    »Psst!« Obwohl Jenna gesprochen hatte, war mir etwas aufgefallen. Ein fremdes Geräusch.
    Kein Heulen eines Wolfes, aber ein leises Klopfen auf dem Boden, als würde jemand in einem bestimmten Rhythmus aufspringen und sich wieder abstoßen.
    Auch die Geisterfrau hatte das Geräusch gehört. Sie drehte sich nach links, von dort waren die Laute aufgeklungen.
    Damit tat sie genau das Falsche.
    Ein zweiter Schatten erschien.
    Aus der Dunkelheit stieß er sich ab. Mit einem gewaltigen Sprung überwand er die Distanz und sprang auf die Erscheinung zu. Die Grabwächterin riß noch ihren Arm zurück — zu spät. Der Wolf hatte bereits zugeschnappt und seine beiden Gebißhälften um ihre Kehle

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