Das Grab der Legionen
„Ich werde dich heute Abend besuchen, wenn es dir nichts ausmacht", sagte er dann. „Mein Advokat kommt mit, dann wird der Vertrag aufgesetzt. Bei solchen Dingen soll man keine Zeit verlieren. Wenn erst andere Kaufleute davon erfahren und sich auf den Weg nach Massilia begeben, verringert sich der Gewinn." Er verabschiedete sich und verschwand in einem Gebäude, in dem verschiedene Waren für die Legionen lagerten.
Mit schlecht verhehlter Besorgnis blickte Sibalus ihm nach. Sicher war seine Befürchtung ungerechtfertigt; aber ihm war, als ziehe sich eine Schlinge um ihn zusammen. Weshalb verhielt sich Cassianus ihm gegenüber so freundlich? Sah er ihn für einen vom Glück begünstigten Mann an, oder wußte er etwas und wollte vor dem Zugriff der Statthalterschaft einen Teil des Vermögens ergattern? Sein Verhalten war recht eigentümlich.
Mit gemischten Gefühlen begab sich Sibalus nach Hause.
„Der Herr Cajus Menetius ist zu Besuch gekommen", sagte der Türsteher. „Er wünscht dich dringend zu sprechen und wartet im Atrium."
Ist auch das ein Zufall? dachte Sibalus erschrocken. Oder wäre es gut, das schnellste Pferd zu satteln und davonzureiten, was die Kräfte hergeben? Freilich hätte mein Freund gewiß entsprechende Maßnahmen getroffen, falls er mir mißtraut..., und ich geriete dann ins sichere Verderben. Besser dürfte sein, sich harmlos zu stellen.
„Mein guter Cajus!" Er begrüßte den Wartenden und lächelte erfreut. „Was kann ich für dich tun? Machst du mir die Freude, ein paar Becher Wein mit mir zu leeren?"
Das Gesicht des Exilgriechen strahlte vor Wohlwollen, aber das beruhigte den Hausherrn gar nicht. Er kannte die schauspielerischen Fähigkeiten des anderen allzu gut.
„Ich habe nichts gegen guten Wein - und kommt er von Rhodos, ist er besonders zu empfehlen", setzte er mit einem Seitenblick hinzu. „Ach, ihr Iberer versteht nichts vom Weinanbau! Da unten im Süden sind die Sorten wenigstens noch erträglich, gegen das Getränk meiner Heimat aber... Reden wir von etwas anderem!"
Sibalus klatschte in die Hände und gab dem herbeieilenden Sklaven die entsprechenden Anweisungen.
„Ja, ich wollte dir ein Geschäft vorschlagen", begann der Besucher freundlich.
„Bitte, ich höre dir zu. Aber meine Möglichkeiten sind begrenzt, meine Gelder nicht so umfangreich, daß..."
„Es geht weniger um Silber, es geht um ein Leben - um das eines gewissen Litennon."
Der Iberer hatte sich ausgezeichnet in der Gewalt. „Was habe ich mit Litennons Leben zu tun? Du meinst doch den Heerführer der aufrührerischen Numantiner?"
„Ich meine ihn." Der Grieche füllte sich den Becher mit dem Getränk, das der Bediente soeben hereingetragen hatte. „Ah, du hast dich wirklich bemüht, großartig! Ja, Hellas' Weine... Aber wir wollen beim Thema bleiben. - Was hast du mit Litennon zu tun? Eine gute Frage, nicht wahr? Mir liegen zweifelsfreie Beweise vor, daß du Waffen nach Numantia geliefert hast. Du weißt, was das bedeutet."
Sibalus sah die Gefahr mit jedem Wort näher rücken. Er dachte an jenen Iberer, der im Winter gepfählt worden war, und ihn schauderte. Nur mit Mühe konnte er es verbergen. Cajus' prüfende Blicke ruhten auf ihm.
„Fürs erste wäre denkbar, daß deine Beobachter etwas verwechselt haben. Du weißt, wir haben auf gemeinsame Rechnung einige Fahrten ins iberische Land unternommen, um unterderhand Informationen zu sammeln."
Der Grieche zuckte die Schultern. „Bekannt. Ich bin kein Trottel. Keine Fuhre von uns lief nach Numantia selbst. - Es wurden zwei Wagenladungen gute Eisenschwerter geliefert. Kein minderwertiger Plunder, ausgezeichnete Klingen. Mein Gewährsmann in der Stadt hat sie selbst gesehen und gezählt."
Also waren noch andere außer Sagil von Rom gekauft, dachte Sibalus. Verdammt!
„Ich erwarte deine Antwort!" sagte Menetius kalt. „Hilfestellung für die Rebellen ist ein Staatsverbrechen, wenn es nicht im Einverständnis mit dem Senat zu höheren Zwecken geschieht. Dir droht der Tod!"
Sibalus wußte das selbst. Seit langem hatte er nach einer Ausflucht gesucht, die nun sein Leben retten sollte. Ein anderer Weg bot sich nicht; Menetius beobachtete jede seiner Gesten und würde nicht zusehen, wie er eine Waffe gegen ihn erhob. Auch mochten seine Männer in der Nähe warten. Die Wachen auf den Mauern waren todsicher bereits verstärkt worden - nie käme er durch ein Tor.
„Gut, ich gebe es zu, Cajus. Du hast recht."
„Ach?"
„Ich wollte schweigen.
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