Das Grab der Legionen
diese Pest loswerden?"
Eladu - sonst immer der Schlaueste von allen - wußte auch keine Antwort darauf. Bedauernd hob er die Schultern und sah dabei sein Gegenüber forschend an. Fast war er sich dessen sicher - Senkin gehörte nicht in den Kreis derer, denen er nachjagte. Irgendwo saßen sie und schürten das Feuer? um Numantia zu zerstören. Wie sie finden? Wie sie unschädlich machen? Das Gericht des Ältestenrates lief langsamer als eine Schnecke, der Verrat dagegen hatte die Flügel eines Falken. Außerdem kannte er die Feinde seiner Vaterstadt noch nicht einmal. In Malega weilten sie offenbar nicht.
„In diesem Jahr haben sie drei Städte im Jalu-Tal erobert. Geradewegs vor deiner Nase bauen die Legionäre eine Festung - ich meine Minendo. Schlecht steht's um uns. Schritt für Schritt dringen sie vor. Cäcilius Metellus Macedonicus ist ein gescheiter Mann und äußerst vorsichtig."
„Ein hassenswerter Feind!"
„Gewiß", gab Eladu zu. „Aber auch von Feinden kann man lernen. Seine Legionen sind außerstande zu siegen. Er weiß es und läßt Festungen bauen. Ich wünschte, wir hätten so gute Ideen."
„Du redest fast wie Keri."
„Freut mich, wenn andere ebenso denken. Aber nun will ich weiter. Heute möchte ich gern daheim schlafen. Auf die Dauer ist es nervenaufreibend, jedes Wort dreimal bedenken zu müssen. Die Römer horchen sehr genau hin, wenn mau von ihren Legionen spricht." Senkin erkannte Späherleistungen neidlos an. Und niemand war hierbei besser als Eladu.
„Willst du nicht warten? Vielleicht kommt Keri heute oder morgen zurück."
„Und falls er erst in zehn Tagen da ist? Litennon erwartet mich. Aber ich besuche euch bald wieder."
Eladu drückte seinem Schecken die Fersen in die Seiten. Bald schon verbargen Büsche und Bäume den ungeübten Reiter. Gedankenvoll blickte Senkin ihm nach, dann wandte er sich um und kehrte in die Burg zurück. Plötzlich fühlte er sich um vieles älter.
Auf eine Wegstunde hatte er seinen Gast begleitet; nicht zuletzt, um nachzuschauen, ob Keris Streifschar vielleicht doch schon zurückkehrte. Aber von den jungen Burschen war keine Spur zu finden. Umsonst verhehlte sich der Ältere, daß Sorge in ihm nistete. Krieg war ein schlimmes Ding. Nicht immer siegten die flinken Iberer, manchmal zielten die Römer besser... Übel wäre das, denn die Tochter und dieser junge Kriegerführer sollten einmal ein Paar werden.
„Gut, daß Keri wenigstens nicht wie Eladu ist. Nicht auszuhalten wäre das! Freilich schlägt auch Rega aus der Art. Zurückhaltung, Schüchternheit - kein bißchen. Die heutige Zeit ist arg, und die jungen Leute sind's nicht minder."
Gemächlich ritt er und blickte in die Runde. Unübersehbar ging der Sommer zur Neige. Bald würde es öfter regnen, als allen lieb war. Zwar befand sich die Ernte unter Dach und Fach, aber stets aufs Neue nahmen die Felder Schaden. Reißende Bäche spülten den ohnehin mageren Boden fort.
Senkin trieb sein Pferd an. Jede Hand wurde in der Burg gebraucht, während die jungen Männer gegen die römischen Legionen streiften.
IV
In Malega
„Aber Rega, ich höre wohl schlecht! Was ist in dich gefahren? Eine Frau - und beim Verhör zugegen sein? Kommt nicht in Frage!"
Der Vater rang die Hände und klagte, welch gestrafter Mann er mit solch einer Tochter sei. Von wem sie das bloß habe?
„Er wird ja nicht gleich über uns herfallen", sagte Rega lächelnd. „Bitte! Ich möchte allzugern einen richtigen Römer aus der Nähe sehen."
„Hatten wir bisher so selten Gefangene da?"
„Keinen Offizier. Areito sagte, es wäre ein Centurio."
„Stimmt. Keri war darauf aus, einen Anführer zu fangen."
Das Mädchen krauste die Stirn. Die Erwähnung des jungen Kriegers reizte sie. Wann würde der Vater begreifen, daß sie Keri nicht mehr mochte? Doch was plante er? Neugierig geworden, nahm sich Rega vor, nun erst recht am Verhör des Römers teilzunehmen.
„Du wirst nichts verstehen", meinte Senkin. „Oder kannst du etwa Latein? Na also!"
„Er spricht Iberisch, ich habe es selbst gehört!" rief sie triumphierend.
Ihr Vater schüttelte den Kopf. Gewitzt ist sie, bei Netos! Stolz sein müßte ich darauf, solch eine Tochter zu haben. Wäre sie ein Junge...
„Es geht trotzdem nicht! Rega, sei vernünftig. Sieh mal, wahrscheinlich müssen wir ihn schlagen, damit er alles gesteht. Wie sähe das aus, wenn du zuschaust! Versteh doch, das ist kein Anblick für dich."
„Sobald es soweit ist, kann ich ja immer noch
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